Seit Herbst letzten Jahres brennen verheerende Feuer in Australien.
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Seit Herbst letzten Jahres brennen verheerende Feuer in Australien.

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#Faktenfuchs: Klimawandel entscheidend für Feuer in Australien

#Faktenfuchs: Klimawandel entscheidend für Feuer in Australien

Sind Brandstifter schuld an den Feuern? Gab es solche Brände nicht schon immer? Und haben Aktivisten sinnvolle Schutzmaßnahmen verhindert? Über die Feuer in Australien kursieren Falschmeldungen und Vermutungen. Der #Faktenfuchs hat sie gecheckt.

Seit vergangenem September brennt Australien: Eine Fläche so groß wie Bayern und Baden-Württemberg steht in Flammen. 28 Menschen starben, rund 3.500 Häuser sind abgebrannt und Schätzungen zufolge sind etwa eine Milliarde Tiere den Flammen zum Opfer gefallen. Vielerorts wurde der Ausnahmezustand verhängt.

  • Dieser Artikel stammt aus 2020. Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier

Wie so häufig in Katastrophen-Situationen sind gesicherte Informationen rar: Im Netz, aber auch in einigen Medien tobt eine Debatte darüber, was die Ursache der Brände seien. Darunter ist viel Wahres, aber auch allerlei Behauptungen und Gerüchte. Was an einigen der häufigsten Aussagen dran ist, hat der #Faktenfuchs recherchiert.

Behauptung 1: Buschfeuer in Australien hat es doch schon immer gegeben!

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Ein BR24-Nutzerkommentar

Das ist richtig. Brände, auch große Brände, gehören zu Australiens Ökosystem. Die verheerendsten Feuer der australischen Geschichte sind sogar mit eigenen Namen in die Geschichte Australiens eingegangen: Da ist der "Red Tuesday" von 1898, der "Ash Wednesday" von 1983, die "Black Christmas" von 2001 und der "Black Saturday" von 2009.

Auch richtig ist aber: Der Klimawandel hat die Bedingungen in Australien so verändert, dass Buschfeuer sehr viel wahrscheinlich geworden sind. Es gibt jetzt häufiger heiße, trockene Tage, die das Feuerrisiko erhöhen. Und: Die Buschfeuersaison (in der Brände besonders wahrscheinlich sind) hat sich so verlängert, dass die Feuerschutzbehörden weniger Zeit haben, um Vorsorgemaßnahme wie das kontrollierte Abbrennen von Unterholz zu ergreifen.

Wettertechnisch war das vergangene Jahr in Australien besonders schlimm. Laut der australischen Wetterbehörde, des "Bureau of Meteorology", war 2019 das heißeste und trockenste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1900 fiel so wenig Regen

Die Jahresmitteltemperatur in Australien lag im vergangenen Jahr 1,52 Grad über dem vieljährigen Durchschnitt. Und nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1900 fiel so wenig Regen – die Niederschlagsmenge lag etwa 40 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Der Chef der Abteilung für Klimabeobachtung in der australischen Wetterbehörde, Karl Braganza, sieht darin einen der Hauptgründe für die anhaltenden Buschfeuer.

Auch das Climate Council, ein unabhängiger Thinktank, der sich ausschließlich aus öffentlichen Spenden finanziert, schreibt in einem aktuellen Bericht unmissverständlich: "Das ist nicht normal. (…) Der Klimawandel hat die katastrophalen Buschfeuer-Bedingungen verschlimmert."

Wie genau sich die Niederschlagsmengen in Australien in den Jahren 2017-2019 verändert haben, zeigt auch diese Karte der australischen Wetterbehörde sehr anschaulich:

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Die Grafik zeigt, wo es in Australien zuletzt mehr geregnet hat als üblich (blau) und wo weniger (rot).

Behauptung 2: An den Bränden sind vor allem Brandstifter schuld

"An die 200 Brandstifter" seien in Australien am Werk gewesen, schreibt eine Nutzerin auf BR24-Facebook. Es ist eine Zahl, die man so oder so ähnlich in vielen Kommentaren liest – und die in einigen rechten Medien wie dem US-Medium "Breitbart" sowie auch in der britischen Boulevardzeitung "The Sun" genannt werden.

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Auch einige BR24-Nutzer argumentieren, dass die Feuer von Brandstiftern gelegt wurden.

Auch Donald Trump Junior, der Sohn des amerikanischen Präsidenten, verbreitete die Zahl auf Twitter weiter: "Mehr als 180 mutmaßliche Brandstifter" seien an den Feuern in Australien schuld.

Die Zahl geht offenbar zurück auf eine Polizeimeldung. Die Zahl von 183 Personen kommt darin tatsächlich vor – aber nicht so, wie Trump Junior und andere es darstellen.

Es gibt Brandstiftung – Hauptursache der Brände ist sie aber nicht

Tatsächlich gab es offenbar Fälle von Brandstiftung – sowohl vorsätzlich als auch aus Versehen. Hauptursache der Brände sind sie aber nicht, darin sind sich Wissenschaftler einig.

Stattdessen haben Medien, Politiker und Twitter-User die Zahlen der Polizei aus dem Kontext gerissen und aufgeblasen: Diese beziehen sich ohnehin nur auf einen Bundesstaat, nämlich New South Wales. Allerdings nahm die Polizei dort nicht etwa 183 mutmaßliche Brandstifter fest, sondern wurde insgesamt gegen 183 Menschen wegen Feuer-Vergehen aktiv – was auch bedeuten kann, dass ein Polizist oder eine Polizistin einfach eine Verwarnung aussprach.

Nur 24 der 183 Personen in New South Wales wurden verdächtigt, absichtlich ein Feuer gelegt zu haben (ob sie später auch für schuldig befunden wurden, sagt die Polizeistatistik nicht). 53 weiteren Verdächtigen warf die Polizei vor, gegen ein sogenanntes "absolutes Feuer-Verbot" (TOBAN) verstoßen zu haben. Ein solcher Verstoß kann auch darin bestehen, einen Grill benutzt oder Schweißarbeiten ausgeführt zu haben. Weitere 47 Personen hatten laut Polizei glühende Zigaretten oder Streichhölzer in die Landschaft geworfen. Ob sie damit überhaupt ein Feuer auslösten – darüber sagt die Polizeimeldung nichts aus.

Statt 183 "mutmaßlichen" Brandstiftern sind es also nur 24 – allerdings auch nur in New South Wales. Wie viele solcher Fälle in anderen von Buschbränden betroffenen Staaten angezeigt wurden, hat die Nachrichtenagentur AFP abgefragt. Die Ergebnisse:

Victoria: Eine Polizei-Sprecherin in Victoria teilte auf Anfrage mit: "Es gibt derzeit keine Informationen, die darauf hinweisen, dass die Feuer in Ost Gippsland und dem Nordosten durch Brandstiftung oder anderes auffälliges Verhalten gelegt wurden.“

Queensland: Die Polizei in Queensland teilte mit, dass seit dem 10. September 2019 etwa 114 Feuer absichtlich gelegt worden seien – von insgesamt 1.068 Bränden. Das sind knapp elf Prozent der Brände.

Die Zahlen für die anderen Bundesstaaten bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau: In Western Australia etwa wurden seit Ende November 2019 sieben Personen wegen Brandstiftung angezeigt. In South Australia sind es zehn Personen, diese Zahl schließt aber auch versehentlich ausgelöste Feuer ein. In Tasmania wurde eine Person angezeigt, weil sie an einem Tag, für den ein absolutes Feuerverbot verhängt worden war, ein Feuer entzündet hatte. In Australian Capital Territory wurde laut Polizeiangaben eine einzige Person dafür belangt, ein Grasfeuer gelegt zu haben.

Die Zahlen der Polizei wurden offenbar gezielt übertrieben

Die falsche Zahl von 183 "mutmaßlichen Brandstiftern" wurde aber offenbar gezielt weiterverbreitet, unter anderem von auffälligen Troll- und Bot-Accounts auf Twitter. Das schreiben zwei Wissenschaftler der Queensland University of Technology in einem Gastbeitrag für The Conversation.

Die Accounts hätten versucht, den Tenor der öffentlichen Debatte zu verändern: Statt den Klimawandel als Ursache der Brände zu benennen, verbreiten die Accounts die Falschbehauptung, vor allem Brandstifter seien an den Bränden schuld. Wie so häufig läuft der Kampf auf Twitter auch über Hashtags – also darüber, unter welchem Stichwort ein Thema diskutiert wird.

Während Nutzer zu Beginn der Brände vor allem unter den Hashtags #AustraliaFire und #BushfireAustralia posteten, identifizierten die Forscher einen Tweet, der Nutzer dazu aufrief, den Hashtag #ArsonEmergency (zu Deutsch etwa: Brandstiftungsnotfall) zu verwenden und zu einem "Trending Topic" zu machen, einer Art Twitter-Bestseller. Der Tweet stammt von Ende November.

Accounts, die den Hashtag #ArsonEmergency nutzen, hätten sich sehr viel häufiger auffällig verhalten als jene, die den anderen genannten Hashtag benutzten. Mit anderen Worten: Hinter den untersuchten Accounts steckten wahrscheinlich keine echten Nutzer, sondern "Bots" oder "Troll-Accounts".

Bots posten dabei automatisiert problematische Inhalte wie Fake News. Troll-Accounts hingegen sind nicht automatisiert, nutzen einen falschen Namen und existieren nur, um andere Nutzer aufzuwiegeln, Falschinformationen zu verbreiten und konstruktive Debatten zu verhindern. Wer genau hinter der Kampagne steckt, können auch die Forscher nicht sagen, da sie nur das Verhalten der Accounts untersuchen konnten und nicht, wer sie angelegt hat.

Behauptung 3: Traditionelle Brandschutzmaßnahmen zur Verhinderung von Großbränden wurden von Klimaschützern blockiert.

Doch es geht nicht nur um Brandstiftung – es gibt auch noch andere Behauptungen darüber, wer oder was an den verheerenden Bränden in Australien schuld sein könnte. Eine davon ist, dass Umweltschützer sinnvolle Maßnahmen wie das Anlegen von Brandschneisen und das kontrollierte Abbrennen von Unterholz verhindert hätten.

Diese Behauptung verbreitete unter anderem der rechtspopulistische Ex-Vizeregierungschef von Australien, Barnaby Joyce. In Deutschland griff der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann die Behauptung auf:

Dieser Behauptung widerspricht der Direktor der ländlichen Feuerwehren in New South Wales, Shen Fitzsimmons. Dem australischen Fernsehsender ABC sagte er, dass die Feuerwehr sehr wohl kontrollierte Brandrodungen durchführe – oft sogar gegen den Widerstand der örtlichen Bevölkerung. "Greenies", also Umweltaktivisten oder Grünen-Politiker, seien jedenfalls nicht die Ursache dafür gewesen, dass Vorsorgemaßnahmen nicht durchgeführt werden konnten.

Was auch gegen einen Zusammenhang mit grüner Politik spricht: Die erklärten Willensbekundungen der australischen "Greens" selbst. Feuerschutzmaßnahmen seien seit jeher Teil ihres politischen Programms, erklärt die Partei auf ihrer Webseite. Als Beleg zitiert sie einen Facebook-Post aus dem Jahr 2013.

Feuerwehr-Direktor Shen Fitzsimmons sieht die Hauptschuld darin, dass Feuerschutzmaßnahmen nicht immer erfolgreich durchgeführt werden konnten: dem Klimawandel. Denn das Abbrennen sei nur möglich, wenn es nicht zu heiß und trocken ist – ansonsten könne ein kontrolliertes Feuer schnell zum Flächenbrand werden. Doch durch den Klimawandel würden diese Zeiten immer kürzer.

Und was hat all das mit der Erwärmung der Ozean zu tun?

In einem Artikel auf BR24 stand diese Woche der Satz: "Steigende Meerestemperaturen führten zu Wetterextremen wie Wirbelstürmen und heftigen Niederschlägen. Auch seien sie einer der Hauptgründe dafür, dass es zu verheerenden Waldbränden wie gerade in Australien sowie in Kalifornien und im Amazonas-Gebiet komme." Ein Satz, der auch bei BR24-Nutzern für Verwirrung sorgte:

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Ein Nutzer fragt auf BR24, wie der Anstieg der Ozeantemperaturen und die Buschbrände in Australien zusammenhängen.

Tatsächlich steht dieser Satz fast wortgleich in der zugrundeliegenden Studie. Wie genau der Anstieg der Meerestemperatur mit den Bränden zusammenhängt, erklären die Autoren jedoch nicht. Auch zwei Experten, die der Faktenfuchs um Stellungnahme gebeten hat, halten die Formulierung für ungenau – bestätigen aber, dass hier tatsächlich ein Zusammenhang besteht.

Mojib Latif, Leiter des Bereichs Maritime Meteorologie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, bestätigt, dass der Klimawandel "indirekt" Auswirkungen auf die Brände in Australien habe. Wenn sich etwa der westindische Ozean an der Ostküste Afrikas stark erwärme, zögen die Regenbiete weiter nach Westen. In Australien sorge dies für weniger Niederschlag und mehr Trockenheit – Bedingungen, die Feuer sehr viel wahrscheinlicher machen.

Zugleich bringe die Erwärmung der Ozeane aber auch die Wind- und Drucksysteme durcheinander. Die Folge: Subtropische Hochdruckgebiete verstärkten sich, was wiederum zu weniger Regen und mehr Trockenheit führte.

Wie genau das in Australien funktioniert, erklärt Ralf Schiebel, Klimaforscher am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz: Der Klimawandel verstärke das El-Nino-Phänomen, das gerade in Australien immer wieder für ungewöhnliche Trockenheit und Hitze sorge.

Die folgende Grafik zeigt, wie das Wetter rund um Australien in einem normalen Jahr funktioniert: Warmes Wasser über der Ostküste Australiens sorgt für mehr Wasser in der Atmosphäre (Verdunstung). Diese äußern sich in Niederschlag über Australien.

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Die Grafik zeigt die Wetterlage in Australien in einem normalen Jahr.

In einem El-Nino-Jahr erwärmt sich hingegen das Wasser im Westpazifik, also an der australischen Ostküste, wo jetzt gerade viele Brände wüten. Der entstehende warme Wasserberg rutscht nach Osten in Richtung Lateinamerika ab, vor allem an die Küste Perus – wo er meist zu Weihnachten für warmes Wasser und sterbende Fische sorgt. Die peruanischen Fischer haben ihn deshalb "El Nino" - das (Christ)kind – getauft. Der Wasserberg "entführt" auch die feuchten Luftmassen über dem Wasser nach Lateinamerika, wo es dann oft zu Starkregen und Überschwemmungen kommt. In Australien sorgt El Nino stattdessen für Trockenheit.

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Die Grafik zeigt die Wetterlage in Australien in einem El-Nino-Jahr.

Natürlich braucht jeder Brand einen Auslöser, da hat der BR24-Nutzer recht: Nach Aussagen von Feuerwehrleuten in Australien seien das derzeit oft Blitzeinschläge. Aber auch Funkenschlag von technischen Arbeiten, die Überhitzung von kaputten elektrischen Maschinen, der achtlose Umgang mit Feuer und, ja, Brandstiftung können eine Rolle spielen. Dass das Holz sich selbst entzündet – was je nach Holzart frühestens bei 280 Grad passiert – ist hingegen sehr unwahrscheinlich.

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