Grafik mit einem Skelett und diversen Gegenständen wie Schuhe und Kaffeebecher in einem freigelegtem Grab
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Forensische Archäologie: Dem Verbrechen akribisch auf der Spur

Forensische Archäologie: Dem Verbrechen akribisch auf der Spur

Namenlose Tote, vergraben im Nirgendwo. Keiner weiß, wie lange sie schon da liegen oder wie sie gestorben sind. Mithilfe der forensischen Archäologie werden bei der Bergung auch kleinste Details dokumentiert, die zur Klärung beitragen können.

Über dieses Thema berichtet: nano am .

Der Klassiker in Fernsehkrimis: Ein Leichnam wird gefunden. Polizei und Spurensicherung sichern Spuren, um die Leiche identifizieren und den Mörder überführen zu können. Im Film ein leichtes Spiel - in der Realität nicht ganz so. Um alle Spuren sichern zu können, brauchen Polizisten das richtige Handwerkszeug und Erfahrung. Die forensische Archäologie ist ein Weg, auch kleinste Spuren und Indizien zu entdecken.

Was ist forensische Archäologie?

Viele verstehen unter Archäologie das Ausgraben von Altertümern. Ein Zweig des Fachs, die forensische Archäologie, beschäftigt sich aber auch mit der Gegenwart - zum Beispiel mit der Aufklärung von Verbrechen. Dabei wendet sie Methoden an, die ursprünglich für die Zwecke der archäologischen Forschung entwickelt wurden. Gemein ist beiden die sorgfältige Vorgehensweise bei der Ausgrabung und Sicherung von Spuren.

Forensische Archäologie als Teil der Polizeiarbeit

Die Entwicklung der forensischen Archäologie in den vergangenen zwanzig Jahren ist ein erheblicher Fortschritt, denn zuvor hatte die Polizei auf der Suche nach Beweisen Gräber oft eilig ausgehoben - viele Spuren so nicht gefunden oder zerstört. Inzwischen ist die forensische Archäologie ein etablierter Bereich der Polizeiarbeit.

Schulungen in "forensischer Archäologie" für die bayerische Polizei

Forensischen Archäologen müssen auch die richtigen Fragen stellen, um die besonderen Umstände eines Verbrechens zu klären: Wie gehe ich eine Ausgrabung an? Befindet sich Fremdmaterial in dem Grab? Wie ist die Identität dieser Person? Wie lange ist die Leiche schon begraben?

Es gibt viele Details, auf die bei der Lokalisierung von Grabstätten möglicher Mordopfer geachtet werden muss. Dazu brauchen Kriminaltechniker und -technikerinnen der Polizei Schulungen, wie sie am Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei angeboten werden.

Übung für die Polizei mit zwei vergrabenen Kunststoffskeletten

Für eine der dort durchgeführten Übungen werden ein halbes Jahr zuvor zwei Kunststoffskelette vergraben. Dazu werden mehr oder weniger auffällige Spuren gelegt: Zigarettenkippen, ein blutiges Messer, Schuhe oder Steine mit Lackspuren. Die Polizisten und Polizistinnen müssen während der Schulung graben, messen, zeichnen und sieben. Kein Detail soll ihnen entgehen. Ziel ist es, Indizien zu finden, die vor Gericht standhalten und den Täter überführen können.

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Eine Polizistin legt ein Kunststoffskelett in der Erde frei

Das archäologische Herangehen ist für einige noch etwas ungewohnt, aber es lohnt sich: Schnell stoßen die Kriminaltechniker und -technikerinnen auf Knochen, Reste von Fesseln, Schmuck und vieles mehr. Selbst einfache - aber eben ortsfremde - Steine werden als wichtig identifiziert, und sogar ein fast verrotteter Kaffeebecher taucht auf.

Forensische Archäologie: Einsatz in Kriegsgebieten

Die forensische Archäologie findet ihren Einsatz aber nicht nur bei der Aufklärung von Mordfällen, sondern auch in Kriegsgebieten. Aufgabe der forensischen Teams dort ist es, Massengräber aufzuspüren, die Toten darin zu bergen und zu identifizieren. Tote, deren Zahlen in die Tausende gehen. Keiner weiß, wo sie sind, keiner kennt ihre Namen. Angehörige können nicht trauern, weil sie nicht wissen: Lebt mein Freund, meine Verwandte noch?

Die forensische Archäologie sucht Antworten auf die Fragen: Wo liegen die Toten? Wie liegen sie dort? Wie sind sie gestorben? Waren sie gefesselt? Gibt es Munitionsreste oder dergleichen, die Hinweise auf die Täter geben? Jedes noch so unscheinbare Detail zählt.

Forensische Archäologie liefert wichtige Indizien für die Justiz

Was die forensischen Archäologen ausgraben, vermessen und dokumentieren, können wichtige Indizien sein, wenn es später darum geht, mögliche Kriegsverbrechen zu ahnden. Wie in einem Fall im ehemaligen Jugoslawien: Die Forensiker untersuchten dort einen muslimischen Friedhof. Denn es gab Hinweise, dass in den Gräbern Kriegsopfer versteckt waren. Die Archäologen konnten das schließlich auch nachweisen. Ein Indiz dafür war, dass bei den Bestattungen der Opfer im Kosovo Fehler gemacht wurden. Die Bestattungsrituale für Muslime - wie zum Beispiel die Ausrichtung des Kopfes Richtung Mekka - wurden nicht eingehalten. Die forensischen Archäologen konnten sehr präzise sagen, welche Einzelgräber dem normalen muslimischen Bestattungszeremoniell gefolgt waren und welche nicht.

Im Podcast: True Crime - Verstehen, wie Verbrecher ticken

Ein dunkel gekleideter Mann versucht eine Tür aufzubrechen-
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Verstehen, wie Verbrecher ticken

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