Es gibt mittlerweile tausende Berichte von Menschen weltweit, die nur leicht oder mittelschwer an Covid-19 erkrankt sind, doch ihre Symptome sind auch Wochen und Monate nach dem Erstinfekt immer noch da. Dazu kommen eine Belastungsintoleranz und Fatigue, eine ausgeprägte Erschöpfung, die es vielen unmöglich macht, einen normalen Alltag zu leben, geschweige denn arbeiten zu gehen oder die Schule zu besuchen.
Long Covid ist noch kaum erforscht
Long Covid nennt man das Syndrom, das auch vielen Ärztinnen und Ärzten nur wenig bekannt ist, obwohl derartige Krankheitsverläufe bei vielen Infektionskrankheiten wie der Grippe oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber schon jahrzehntelang bekannt sind. Das Syndrom wird dabei als "Chronisches Fatigue Syndrom" oder ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) benannt.
Bei den Beschwerden von Long Covid handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um dasselbe Phänomen, sagte Prof. Carmen Scheibenbogen von der Charité Berlin in einer Veranstaltung des Science Media Center im Februar. ME/CFS ist demnach die schwerste und chronifizierte Form von Long Covid. Rund ein Prozent der Corona-Infizierten könnten ihrer Ansicht nach ME/CFS entwickeln, bei 10 Millionen Infizierten in Deutschland seit Beginn der Pandemie mache das rund 100.000 Betroffene aus.
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Auswirkung der Impfung ist unklar
Da das Syndrom wahrscheinlich eine Autoimmunerkrankung ist, stellt sich die Frage, was passiert, wenn sich Betroffene impfen lassen und ob das empfehlenswert ist. Momentan ist das noch nicht klar, sagt Carmen Scheibenbogen. Bei einem Teil der Betroffenen werden die Long Covid oder ME/CFS-Symptome nach der Impfung schlimmer, etwa bei der Hälfte verändert sich nichts und rund 30 Prozent berichten von einer Verbesserung ihrer Symptome. Eine noch unveröffentlichte Studie spricht von ähnlichen Zahlen, bei rund 30 Prozent der Teilnehmenden verschlimmerten sich dort die Long Covid- Symptome.
Woher die Unterschiede kommen, weiß noch keiner. Eine Empfehlung gegen die Impfung sind die Studienergebnisse aber auch nicht. Denn eine weitere Infektion mit dem Virus selbst könnte auch eine Verschlechterung der Long Covid-Symptome bringen, so Scheibenbogen.
Impfung scheint vor Long Covid-Ausbruch zu schützen
Immerhin könnte es sein, dass eine vorherige Impfung vor dem Long Covid-Syndrom oder ME/CFS schützen könnte. Eine Studie aus Israel (noch nicht von Fachkollegen begutachtet) zeigt, dass das Risiko für verschiedene Long Covid-Symptome bei doppelt geimpften Infizierten um rund 60 Prozent zurück ging. Kinder und Jugendliche können das Syndrom übrigens auch ausbilden, aber es scheint etwas seltener zu sein als bei Erwachsenen, wie eine neue Studie vermuten lässt.
Fazit
Da noch immer nicht klar ist, wie Long Covid und ME/CFS entstehen, ist es für Forschende schwierig, Betroffenen eine eindeutige Empfehlung für oder gegen die Impfung mit Long Covid-Symptomen zu geben. Ein Teil der Patientinnen und Patienten berichtet davon, dass das Syndrom nach einer oder mehreren Impfdosen völlig verschwunden ist, andere haben dagegen einen schweren Rückfall.
Die Hoffnung liegt in der Forschung, wie zum Beispiel in Erlangen, wo an der Augenklinik ein vielversprechendes Medikament getestet werden soll, das Autoantikörper angreift und so Long Covid und ME/CFS behandelbar machen könnte.
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