Bilder von ausgehungerten Eisbären, die nicht mehr nach Robben jagen können, weil das Meereis geschmolzen ist, sind beispielhaft dafür, wie der Klimawandel die Nahrungsnetze durcheinanderbringt. Ohne das Eis kommen die Bären nicht weit genug aufs offene Meer hinaus, obwohl sie gute Schwimmer sind.
Die Sorge ist groß, dass Eisbären sich darum nicht dem Klimawandel anpassen können, weil sie zu lang zu wenig zu fressen bekommen, sagt Fernando Ugarte vom staatlichen Umweltforschungsinstitut Grönlands im BR-Interview. "Wenn das Eis im Sommer schmilzt, gehen sie entweder zurück aufs Land und warten, bis es wieder Winter ist. Oder sie weichen weiter nach Norden aus, wo die See auch im Sommer zugefroren ist." Doch mit dem Klimawandel nimmt das Meereseis immer früher ab, auch im Norden.
Eisbären halten es lange ohne Nahrung aus
Zwar können Eisbären monatelang fasten, doch nicht ein halbes Jahr. Fernando Ugarte und sein Team vom Umweltforschungsinstitut in Grönland haben nun eine neue Eisbären-Untergruppe entdeckt, die mit schwindendem Meereis hervorragend auskommt. "Sie leben das ganze Jahr über in den Fjorden", und zwar an der Südost-Küste Grönlands. Nur vier Monate im Jahr haben sie die Möglichkeit, das Meereis zu nutzen. Im Fjord selbst fließen große Gletscher ins Meer hinein, das nutzen die Tiere im Sommer.
"Sie verbringen ihren Sommer damit, entlang der Gletscherränder Robben zu fangen", sagt Ugarte. Darüber hinaus könnten sich diese Eisbären sehr gut orientieren. Außerhalb der Fjorde herrsche eine starke Meeresströmung, die die Bären nach Süden abdrifte. Die Bären hätten aber gelernt, den Weg zurückzufinden, entweder schwimmen sie zurück oder gehen über Land.
Anpassungsfähige Eisbären
Das Gebiet, in dem die Eisbären leben, sei schon heute so, wie sich die Forschung das Nordpolarmeer in einigen Jahrzehnten vorstellt, also nicht dauerhaft zugefroren. Besteht also Hoffnung für die Eisbären? Benoît Sittler ist Professor für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg, war an der Studie nicht beteiligt und sagt im BR-Interview: "Das zeigt, dass Eisbären doch ziemlich anpassungsfähig sind."
Benoît Sittler warnt aber vor zu großen Hoffnungen darauf, dass diese Eisbären in Südostgrönland das Überleben der gesamten Art retten können. Das Gebiet, in dem diese Bären lebten, sei einerseits fern von der menschlichen Zivilisation. Andererseits gebe es dort vergleichsweise wenige Tiere, die auch noch ortstreu seien. Im Südosten Grönlands sei die Verbindung zu dem Vorfeld von Gletschern entscheidend. Hier "sammelt sich genügend Eis an", an dem sich dann Robben ansiedelten.
- Zur Webseite von ARD alpha - "Von Weltraum bis Klima - das Wissensangebot der ARD"
Die meisten Eisbären des Nordpolarmeers hätten durch den Klimawandel nicht die Möglichkeit, ein Rückzugsgebiet zu finden, "wo sie sich dann über Generationen weiter erhalten können", so der Forscher.
Südostgrönland wird sich auch verändern
Auch Fernando Ugarte glaubt nicht daran, dass die neue Untergruppe der Eisbären die Art langfristig retten kann. Es gebe zwar etwas mehr Hoffnung für diese spezielle Gruppe. Aber: "In der restlichen Antarktis sind die Eisbären dem Untergang geweiht. Ihr Lebensraum verschwindet. Das bedeutet, dass wir Ende dieses Jahrhunderts nur noch wenige Regionen haben werden, wo Eisbären überleben können."
Darüber hinaus werde auch das Gebiet in Südgrönland vom Klimawandel beeinflusst, sagt Benoît Sittler: "Wenn sich die Bedingungen rapide verschlechtern, dann wird es auf Dauer auch fraglich sein, ob sich diese eine Population erhalten kann." Wenn sich das Eis im Vorfeld der Gletscher nicht erhalten könne, weil das Meer wärmer wird, "dann ziehen die Robben auch weg". Ob die Eisbären-Gruppe in hundert Jahren noch in dieser Region überleben kann, sei damit fraglich.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!