Droht uns aufgrund des Klimawandels die langweilig schmeckende Einheitsbrühe beim Kaffee? Tatsächlich könnte der Klimawandel die Anbauflächen für hochwertige Kaffeesorten in Äthiopien bedrohen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Forschern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK, die in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen ist. Andererseits zeigt die Studie auch, dass die potenziellen Anbauflächen für Kaffee in Äthiopien insgesamt sogar zunehmen könnten – wenn auch für weniger anspruchsvolle und damit eher weniger wohlschmeckende Sorten.
Äthiopien produziert in Afrika am meisten Kaffee
Obwohl das afrikanische Land Äthiopien gerne als das Herkunftsland des Kaffees bezeichnet wird, wird der meiste Kaffee weltweit inzwischen von anderen Ländern produziert: Brasilien, Vietnam, Indonesien und Kolumbien führen die Ranglisten an.
Danach aber folgt Äthiopien. Auf dem afrikanischen Kontinent ist das Land mit seinen über 110 Millionen Einwohnern der größte Kaffeeproduzent. Fast der ganze Kaffee wird von rund fünf Millionen Kleinbauern produziert. Rund 400.000 Tonnen Kaffee jährlich kommen so zusammen, über eine Milliarde US-Dollar beträgt der geschätzte Exportwert. Insgesamt machen Kaffee-Exporte ein Drittel aller Agrarexporte Äthiopiens aus. Die Menschen Äthiopiens trinken ihren Kaffee auch selbst: Innerhalb von Afrika hat Äthiopien den größten Binnenmarkt für Kaffee.
Beeinflusst der Klimawandel die Kaffeeproduktion?
Ob der Klimawandel mit seinen mannigfaltigen Auswirkungen auf Klima und Wetter selbst Effekte auf die Kaffeeproduktion hat, interessiert nicht nur Kaffeekonsumenten, sondern auch Forscher. Allerdings ist es schwer, pauschale Aussagen zu treffen. So könnten steigende Temperaturen gerade in Brasilien dazu führen, dass der Kaffeeanbau dort in höhere und damit kühlere Lagen weichen muss. Das hilft aber nur, wenn man überhaupt noch die Anbaugebiete verlagern kann. Erhöhte Niederschläge sind prinzipiell erst einmal förderlich für die Kaffeeproduktion, aber auch nicht immer für alle Sorten. Vielleicht müsste Kaffee dann künftig in anderen Regionen der Welt angebaut werden – dann aber hoffentlich nicht auf Kosten der Regenwälder, die es dort derzeit noch gibt.
Die Zukunft des Kaffees unter dem Einfluss von Klimafaktoren
Für das Land Äthiopien und seine künftige Kaffeeproduktion ergibt sich nun ein differenzierteres Bild, wie die Potsdamer Forscher in ihrer Studie beschreiben. Sie haben insgesamt in fünf modellierten Szenarien durchgespielt, wie sich verschiedene Klimafaktoren auf den Anbau von Kaffee in der Zukunft auswirken werden. Ein Beispiel: Steigen die Temperaturen, reift die Kaffeekirsche schneller, als sich die eigentliche Kaffeebohne in ihrem Inneren entwickeln kann. Das führt zu leichteren Kaffeekirschen und damit qualitativ schlechterem Kaffee. Aber neben der mittleren Temperatur spielen auch die jährliche Niederschlagsmenge und saisonale Effekte eine Rolle.
Fünf spezielle Kaffeesorten vom Klimawandel bedroht
Dabei konzentrierten sich die Forscher, ob und inwiefern diese Klimafaktoren in Zukunft verschiedene Spezialitäten-Kaffees beeinflussen könnten, die in Äthiopien angebaut werden: der Yirgacheffe zum Beispiel, der im Südwesten von Äthiopien auf über 1.700 Höhenmetern über dem Meeresspiegel angebaut und von Hand gepflügt wird. Des Weiteren untersuchten sie Sidamo-Kaffee, Harar/Mocca-Kaffee, Nekemte-Kaffee und Limu-Kaffee.
Schrumpfende Anbauflächen für Kaffee-Spezialitäten
Zunächst fanden die Forscher heraus, dass die für die Kaffeeproduktion in Äthiopien geeigneten Flächen bis in die 2090er-Jahre hinein tatsächlich erst einmal zunehmen könnten. Das könnte man eigentlich als gute Nachricht werten. Tatsächlich lautet das Ergebnis aber: Es wird mehr Quantität statt Qualität geben, sprich mehr Anbauflächen für Kaffeesorten durchschnittlicher Qualität. Denn die Anbauflächen für vier der fünf untersuchten hochwertigen Kaffeesorten - Yirgacheffe, Sidamo, Harar/Mocca und Limu - werden laut Computersimulationen schrumpfen. Die Anbauflächen für Yirgacheffe-Kaffee könnten bis in die 2090er-Jahre sogar mehr als vierzig Prozent abnehmen.
„Normaler“ Kaffee – Quantität statt Qualität dank Klimawandel?
Umgekehrt verheißen die wachsenden Anbauflächen nicht unbedingt etwas Gutes, da sich auf ihnen kaum jene Spezialitäten-Kaffees anbauen lassen, die oft für ihre fruchtigen, weichen und würzigen Noten bekannt sind. Denn die „durchschnittlichen“ Kaffees, die unter diesen Bedingungen gedeihen könnten, schmecken eben auch „durchschnittlich“.
Das macht vielleicht nichts, wenn dem Konsumenten der Geschmack des Kaffees nicht so wichtig ist, sondern nur seine Wirkung. Allerdings wäre es auch für die äthiopischen Kleinbauern nicht gut, wenn sie von ihren hochpreisigen Spezialitäten-Kaffees auf durchschnittliche Qualität umsteigen müssten, die sie zu niedrigeren Preisen verkaufen müssten. Denn diese weniger schmackhaften und eher bitteren Kaffeesorten werden schon zur Genüge auf der ganzen Welt angebaut, teilweise in industriellen Produktionssystemen. Damit könnten die äthiopischen Kleinbauern kaum mehr konkurrieren.
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