Eis an der Gletscherlagune am Joekulsarlon / Diamond Beach in Island
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Klimawandel: Schon zur Kleinen Eiszeit gab es Fake News

Klimawandel: Schon zur Kleinen Eiszeit gab es Fake News

Zu Beginn der Neuzeit wurden in Europa "Hexen" verbrannt, weil man sie für schlechtes Wetter verantwortlich machte. Tatsächliche Ursache war die Kleine Eiszeit: Ein Klimawandel in Europa, aus dem wir viel für heute lernen können.

Über dieses Thema berichtet: Radiofeature am .

Der Klimawandel bedroht unsere Lebensgrundlagen. Eine globale Erwärmung um zwei Grad - das wäre die ganz große Katastrophe, sagen Forscher.

Eine Änderung des Klimas hatte schon einmal katastrophale Folgen für die Menschen in Europa: Am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit bricht die Kleine Eiszeit über den Kontinent herein. Es wird zwei Grad kälter. Harte Winter und Missernten häufen sich.

Pastor Daniel Schaller aus Stendal notiert im Jahr 1595: "Das Feld und Acker ist des Fruchttragens auch müde geworden und gar ausgemergelt / wie darüber groß Winselns und Wehklagens / unter den Ackersleuten in Städten und Dörfern gehöret wird / und dannenher die große Teuerung und Hungersnot sich verursachet […]."

Die Suche nach Sündenböcken

Die Menschen damals sind gläubig. Sie suchen Antworten in der Bibel, beten, erhoffen sich Hilfe von Gott. Aber vergeblich. Das schlechte Wetter bleibt.

Je länger das Klima verrückt spielt, desto mehr Menschen interessieren sich für Magisches und Okkultes. Immer öfter macht man vermeintlich vom Teufel Besessene für Wetterkatastrophen verantwortlich.

Ein starker Hagel, eine verregnete Ernte – das reicht oft schon als Beweis, dass die Nachbarin mit dem Teufel im Bunde ist. Man legt den Beschuldigten Daumenschrauben an, spannt sie auf die Streckbank. So lange, bis sie alles zugeben: vom verhexten Wetter bis zur Unzucht mit dem Teufel. Hinterher werden die angeblichen Hexen geköpft, ertränkt oder verbrannt. Wissenschaftler stoßen in alten Dokumenten immer wieder auf Belege für solche Ereignisse.

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Vermeintliche "Hexen" mussten als Sündenböcke fürs schlechte Wetter herhalten

Der Klimawandel führt zu Revolutionen

Klimafolgenforscher gehen davon aus, dass die Kleine Eiszeit mit ihren Wetterextremen nicht nur unschuldigen Sündenböcken das Leben gekostet hat. Die zwei Grad weniger haben demnach Gesellschaften in Europa umgewälzt, sie haben zu Revolutionen geführt, Herrschaft und unsere Art zu wirtschaften verändert. Unsere moderne Welt sei so durch diesen vergangenen Klimawandel geformt.

Aus der Kleinen Eiszeit lernen

Heute wird es wärmer und nicht kälter wie vor mehreren hundert Jahren. Die Konsequenzen für viele Menschen könnten aber ähnlich gravierend sein. Wieder drohen Missernten und Hungersnöte. Und auch heute reagieren manche Menschen irrational. Sie suchen einfache Erklärungen für komplexe, schwer zu begreifende Veränderungen.

Der Autor Philipp Blom hat ein Buch ("Die Welt aus den Angeln") über die Kleine Eiszeit geschrieben. "Ich glaube, da kann man durchaus auch eine historische Parallele mit heute ziehen."

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Historiker Philipp Blom

Was im 17. Jahrhundert die Magier und Mystiker waren, die Hexenverbrennungen, das sind für ihn heute Verschwörungstheorien: "Verschwörungstheorien in den Sozialen Medien, die uns andere Lösungen anbieten für das, was gerade passiert. Und sagen: Es gibt keinen Klimawandel, oder: Bill Gates hat den Klimawandel erfunden."

Damals wie heute gilt: Irrationale Erklärungen helfen ebenso wenig mit Krisen umzugehen wie es hilft, die Veränderungen einfach zu ignorieren. Das können wir aus der Kleinen Eiszeit lernen. Und das gilt ganz grundsätzlich. Nicht nur für den Klimawandel, sondern zum Beispiel auch für den Umgang mit Covid-19.

Verhaltensweisen in Frage stellen

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Die Kleine Eiszeit brachte Missernten - und in der Folge Hungersnot

Die Kleine Eiszeit hielt bis ins 19. Jahrhundert an. Die Menschen fanden Wege, sich anzupassen. Möglich war das nur, weil sich die empirische Wissenschaft irgendwann durchsetze. Sie löste das starre Weltbild der Religion ab und fand immer wieder Antworten auf eine sich verändernde Welt.

Auch heute, im Angesicht des menschengemachten Klimawandels, müssen wir alte Verhaltensweisen in Frage stellen. Für Philipp Blom bedeutet das, "dass die Antworten, die wir noch am Ende des 20. Jahrhunderts für fast alle Krisen hatten – Wirtschaftswachstum, Liberalisierung etc. – dass die hier keine Antworten mehr bieten."

Im radioFeature "Als es zwei Grad kälter wurde - Was die Kleine Eiszeit über den Klimawandel heute verrät" von Marisa Gierlinger erfahren Sie noch mehr über die katastrophalen Auswirkungen des vergangenen Klimawandels und mögliche Lehren für heute.

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