Sanddünen im Tadrart-Akkakus-Gebirge, einer Wüstenlandschaft in Libyen
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Einst grüne Oase: Archäologische Funde zeugen von feuchterem Klima in der Sahara.

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Klimawechsel in Afrika vertrieb Fische aus der Sahara

Klimawechsel in Afrika vertrieb Fische aus der Sahara

Heute ist die Sahara die größte Trockenwüste der Erde, doch sie war einmal grün und feucht - sogar so feucht, dass sich die Menschen dort vor rund 10.000 Jahren vorwiegend von Fischen ernährten. Das belegen nun analysierte archäologische Funde.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

In Tekakori, einem Felsvorsprung im Akkakus-Gebirge in Libyen, haben Forscher bei Ausgrabungen etwa 17.500 Tierknochen entdeckt, die Erstaunliches zutage brachten: Vor rund 10.000 Jahren haben sich die Menschen in diesem im nördlichen Teil der Sahara gelegenen Ort vorwiegend von Fisch ernährt. Nach den Analysen des Teams um Wim Van Neer, Archäozoologe am Königlichen Belgischen Institut für Naturwissenschaften in Brüssel, war Fisch für die Menschen dort bis vor 4.000 Jahren fester Bestandteil ihrer Ernährung - ein Indiz dafür, dass es zumindest in diesem Teil der Sahara für Wassertiere gute Lebensbedingungen gegeben haben muss.

Die Entwicklung des Essens in der Sahara: Vom Fisch zum Säugetier

Wo Menschen leben, hinterlassen sie Spuren. Menschen, die vor Jahrtausenden gelebt haben, hinterließen vor allem Essensreste. So war das auch bei den Menschen, die vor etwa 10.000 Jahren im Süden des heutigen Libyens, im Akkakus-Gebirge, lebten. Dort haben Archäologen mehrere Tausend Tierknochen entdeckt, die zwischen 4.650 und 10.200 Jahre alt sind. Dabei kam heraus, dass 80 Prozent der Knochen von Fischen stammten, sagt Wim Van Neer, als Archäozoologe Fachmann für die Identifizierung alter Tierknochen. Der Rest habe aus Säugetier- und ein paar Vogelknochen bestanden.

Fossilien in der Sahara: Je älter, desto mehr Fischknochen

Das heißt: Die Menschen dort haben also viel Fisch gegessen – und wenig Fleisch. Zumindest vor rund 10.000 Jahren haben die Menschen dort viel Fisch gegessen. Denn je jünger die Funde, desto weniger Fischreste waren darunter, stellten die Forscher fest. So bildeten die Fischreste anfangs, bei den ältesten Funden in den unteren Erdschichten, noch 90 Prozent der Funde, am Ende machten sie nur noch 40 Prozent der ausgegrabenen Knochen aus. „Die Leute haben immer noch gefischt, aber immer mehr auch gejagt und ab einem gewissen Zeitpunkt auch Nutztiere gehalten: Schafe, Ziegen, Rinder. Weil es immer trockener geworden ist“, erklärt Wim Van Neer.

Funde belegen: Teile der Sahara waren einst grüne Oase

In der Sahara gab es immer wieder Grünzeiten. Wann genau, darüber ist sich die Forschung nicht ganz einig. Die letzte aber fing eindeutig vor etwa 10.000 Jahren an, bis die Sahara vor rund 4.000 Jahren wieder austrocknete. In der Hochzeit haben Monsunregen immer wieder große Flüsse zum Sprudeln gebracht – und mit ihnen die Fische, die die Forscher jetzt - genauer gesagt bereits von 2003 bis 2006 - im Akkakus-Gebirge ausgegraben haben. Heute wird dort, im Süden Libyens, aufgrund des Bürgerkriegs nicht mehr nach Knochen gegraben.

Die komplexe Analyse von fossilen Fischknochen

Obwohl die Ausgrabungen der Knochen schon rund 15 Jahre zurückliegen, wurden die Ergebnisse erst Mitte Februar 2020 veröffentlicht. Warum so spät? Rund 17.500 zum Teil winzig kleine Knochen zu analysieren, ist eine Kunst. Wim Van Neer ist ein Meister darin, aber der Forscher musste sich das spezielle Wissen für die Analyse von Fischknochen erst erarbeiten:

„Das ist ein bisschen schwieriger als bei Säugetierknochen. Das Skelett ist komplexer. Vor allem ist es wichtig, dass man Referenzsammlungen hat, moderne Skelette. Die habe ich seit den 1980er-Jahren selber aufgebaut: Ich bin nach Ägypten gefahren, habe dort Fische gekauft, sie gekocht und die Skelette präpariert. Nur so konnte ich die Erfahrung sammeln.“ Wim Van Neer, Archäozoologe am Königlichen Belgischen Institut für Naturwissenschaften in Brüssel

Deutscher Wüstenforscher: "keine Rückschlüsse auf gesamte Sahara"

Stefan Kröpelin, deutscher Wüstenforscher, der an der Forschungsstelle Afrika des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln arbeitet, ist ein derart großer und datierbarer Fund in jahrzehntelanger Arbeit noch nicht gelungen. Der Wissenschaftler warnt davor, von einem herausragenden Platz Rückschlüsse auf die gesamte Sahara zu ziehen. Die gesamte Sahara sei je nach Definition acht bis zehn Millionen Quadratkilometer groß. Das sei größer als die USA, sagt Kröpelin. Doch der Fund hat ein weiteres Puzzlestück der Geschichte der größten Trockenwüste der Welt aufgedeckt.