Jetstreams, auch Strahlströme genannt, sind schmale, bandartige Starkwindfelder in einer Höhe von rund acht bis 15 Kilometern. Dort liegt die Tropopause, wo die unterste Schicht der Atmosphäre, die Troposphäre, in die darüber liegende Stratosphäre übergeht. Jetstreams sind meist 50 bis 100 Kilometer breit und ein bis zwei Kilometer dick.
Wegen der Erdrotation wehen Jetstreams immer von Westen nach Osten. In weiten Wellen mäandern sie um die Erde. Jetstreams reichen aber nicht immer komplett rund um den Globus. Sie können abreißen, sich in zwei oder mehr Teile aufspalten, zu einem Strom vereinigen oder in verschiedene Richtungen strömen, auch entgegengesetzt zur Richtung des übrigen Jetstreams.
Vier große Jetstreams wehen auf der Erde
Auf der Erde gibt es vier große Jetstreams: Zwischen dem 40. und dem 60. Breitengrad strömen auf der Nord- und der Südhalbkugel die Polarfrontjetstreams. In Europa entspricht das etwa einem Band zwischen Madrid und Oslo. Näher am Äquator, zwischen dem 20. und 30. Breitengrad, wehen die schwächeren Subtropenjetstreams.
Jetstreams entstehen wie andere Winde auch, nämlich durch Druckunterschiede in der Atmosphäre. Um diese auszugleichen, strömen Luftmassen von dort, wo hoher Druck herrscht, dorthin, wo der Druck niedrig ist. Druckunterschiede entstehen unter anderem durch Temperaturunterschiede, zum Beispiel zwischen den kalten Polregionen und den warmen Regionen am Äquator. In den Tropen und Subtropen heizt die Sonne die Luft an der Erdoberfläche auf. Diese steigt nach oben und in den oberen Schichten der Troposphäre steigt deshalb der Druck. Zum Ausgleich entsteht Wind in Richtung der Polregionen, wo die Luft kühl und der Druck niedrig ist.
Weil sich die Erde dreht, wehen die Jetstreams jedoch nicht direkt Richtung Nord- oder Südpol, sondern werden von der Corioliskraft nach Osten abgelenkt. So entstehen starke Westwind-Ströme. Im Winter, wenn die Temperaturunterschiede zwischen Polregionen und den Regionen näher am Äquator größer sind als im Sommer, können Jetstreams eine Geschwindigkeit von über 500 Kilometern pro Stunde erreichen. In größeren Höhen kann der Wind mit größerer Geschwindigkeit als in Bodennähe wehen, weil die Luftteilchen oberhalb einer Höhe von rund zwei Kilometern nicht mehr nicht mehr durch Reibung gebremst werden.
Im Video: Was ist die Coriolis-Kraft?
Das Wetter in Europa beeinflusst in erster Linie der nördliche Polarfrontjetstream. Auf ihn wirken nicht nur der Druckunterschied zwischen Subtropen und Polarregion ein sowie die Corioliskraft. Auch weitere Faktoren bestimmen seine Richtung. Zum Beispiel erwärmt sich die Luft über den Kontinenten stärker als über den Ozeanen. Gebirgsketten wie die Rocky Mountains können ebenfalls die Richtung des Polarfrontjetstreams verändern.
Deshalb ist er kein kontinuierliches Windband, das einmal rund um die Erde geht, sondern schlägt in weiten Wellen nach Norden und Süden aus. Diese heißen "Rossby-Wellen", benannt nach dem schwedischen Meteorologen Carl-Gustaf Rossby. Im Sommer, wenn der Temperaturunterschied geringer und der Jetstream daher schwächer ist, sind die Ausschläge der Rossby-Wellen größer.
Jetstream kann Hitzewellen und Überschwemmungen auslösen
Die Rossby-Wellen können großen Einfluss auf das Wetter haben: Unter den Wellenbergen bilden sich Hochdruckgebiete mit trockenem, warmem Wetter. In den Wellentälern entstehen dagegen Tiefdruckgebiete mit Niederschlägen. Hoch- und Tiefdruckgebiete wandern mit dem Jetstream um die Erde. Wenn der Jetstream allerdings schwach ist, bewegen sich die Rossby-Wellen langsamer.
Manchmal verharren sie auch längere Zeit an einem Ort. Dann kann eine Omega-Wetterlage entstehen: Der Jetstream fließt um ein Hochdruckgebiet herum, das sich nicht vom Fleck bewegt. Das kann über Tage und Wochen für Hitze und Dürre sorgen, während es im nächsten Wellental stark regnet. Ein Beispiel ist der Sommer 2010, als es in Russland wochenlang heiß und trocken war und es zu heftigen Waldbränden kam, während in Pakistan große Teile des Landes überflutet wurden. In Deutschland sorgten Omega-Wetterlagen 2018 und 2020 für Hitzewellen.
Wegen des vom Menschen verursachten Klimawandels erwärmen sich die Antarktis, vor allem aber die Arktis schneller als die übrige Welt. Seit das Eis dort aufgrund der höheren Temperaturen schmilzt, schrumpft die Eisfläche und reflektiert weniger Sonnenlicht zurück ins All. Landflächen und Meer sind dunkler, schlucken mehr Sonnenlicht und wärmen sich stärker auf.
Durch diese Entwicklung schrumpft auch der Temperaturunterschied zwischen den Polen und den Regionen, die näher am Äquator liegen. Wissenschaftler vermuten, dass damit auch der Druckunterschied geringer wird. Das würde den Jetstream schwächen, verlangsamen und stärker nach Norden und Süden ausschlagen lassen. Die Wirkung der "Arktischen Verstärkung" auf den Jetstream ist allerdings schwer nachzuweisen, denn Jetstreams sind von Natur aus sehr variabel. Sehr gut nachweisen lässt sich aber die Wirkung der Erderwärmung auf die Wetterlagen, die der Jetstream maßgeblich beeinflusst. Die Hoch- und Tiefdruckgebiete führen häufiger zu Extremwetterlagen, besonders, wenn sie wegen einer Omega-Wetterlage länger an einem Ort verweilen.
Schneller fliegen mit dem Jetstream
Jetstreams beeinflussen nicht nur das Wetter, sondern auch den Flugverkehr. Sie wehen in einer Höhe von rund zehn Kilometern – da, wo auch Verkehrsflugzeuge unterwegs sind. Deren Pilotinnen und Piloten nutzen Jetstreams als Rückenwind, um Zeit und Treibstoff zu sparen. Dafür nehmen sie auch einen anderen Weg als die eigentlich kürzeste Strecke in Kauf. Auf einem Flug von Nordamerika nach Europa verläuft die Route daher oft weit im Norden.
Stärke und Richtung der Jetstreams können sich allerdings schnell ändern. Deshalb sind oft kurzfristige Kursänderungen notwendig. Ein weniger angenehmer Effekt der Jetstreams entsteht an deren Rändern. Dort bilden sich Wirbel, die Reisende ziemlich durchschütteln können, wenn ihr Flugzeug durch sie hindurchfliegt. Auch auf diese hat der Klimawandel möglicherweise Einfluss: Forscher vermuten, dass er diese Turbulenzen verstärkt.
Im Video: Unwetter, Hitze, Starkregen - an welchen Extremen der Klimawandel schuld ist
Dieser Artikel ist erstmals am 09.08.23 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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