Es wirkt so einfach: Nahrungsergänzungsmittel entheben uns der Sorge, uns ausgewogen ernähren zu müssen. Ein paar Pillen hier, ein wenig Pulver dort – schon sind wir bestens versorgt mit Vitaminen und Mineralstoffen. Laut einer Statista-Umfrage von 2023 (externer Link) nehmen 75 Prozent aller Befragten Nahrungsergänzungsmittel ein – vor allem Vitamine, Mineralstoffe und Proteine. Doch halten sie ihr Versprechen – und wie sinnvoll sind Nahrungsergänzungsmittel?
Was sind Nahrungsergänzungsmittel?
Nahrungsergänzungsmittel sind Produkte, die Vitamine, Mineralien oder andere Nährstoffe enthalten. Sie unterliegen nicht dem Arzneimittelrecht, wie ihre Darreichungsform glauben machen könnte, sondern dem Lebensmittelrecht. Anders als Arzneimittel, die ein Zulassungsverfahren durchlaufen, unterliegen Nahrungsergänzungsmittel nur einer Registrierungspflicht beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel überflüssig?
Die meisten Menschen in Deutschland sind ausreichend mit allen notwendigen Vitaminen versorgt. Gesunde Menschen, die ausgewogen essen, können Nahrungsergänzungsmittel getrost im Regal stehen lassen, betont Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. Auch Professor Hans Hauner vom Institut für Ernährungsmedizin am Klinikum rechts der Isar in München betont: "Ein gesunder Mensch, der sich halbwegs vernünftig ernährt, braucht in aller Regel keine Nahrungsergänzungsmittel."
Das bestätigt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (externer Link) und ergänzt: "Auf der anderen Seite kann eine einseitige, unausgewogene Ernährungsweise nicht durch Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden."
Wer braucht Nahrungsergänzungsmittel?
Nahrungsergänzungsmittel können sinnvoll sein, wenn aufgrund von Erkrankungen, bestimmten Medikamenten oder einer speziellen Lebensweise Mangelerscheinungen auftreten. So haben beispielsweise Veganer oder Personen, die regelmäßig Säureblocker einnehmen, ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel.
Nahrungsergänzung: Der Bedarf ist individuell
Die optimale Nährstoffmenge für eine Einzelperson lässt sich nicht pauschal festlegen, da zahlreiche Faktoren wie Genetik, Umwelt und Lebensstil die Aufnahme, Speicherung und den Verbrauch beeinflussen. Manche Menschen erreichen die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen nicht, selbst bei ausgewogener Ernährung. In solchen Fällen können Nahrungsergänzungsmittel eine Möglichkeit sein, Nährstoffdefizite auszugleichen.
Nahrungsergänzungsmittel für bestimmte Gruppen
- Menschen mit Nährstoffmangel trotz ausgewogener Ernährung
- Kalzium für Personen, die keine Milchprodukte konsumieren
- Folsäure für Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch
- Vitamin D für Säuglinge im ersten Lebensjahr
- Ggf. Vitamin D für ältere Menschen, die nicht mehr oft das Haus verlassen
- Vitamin B12 für Veganer
Ärztlichen Rat einholen
Bei Verdacht auf einen Nährstoffmangel oder bei auftretenden Symptomen ist es ratsam, ärztlichen Rat einzuholen. Eine eigenständige Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln kann riskant sein, insbesondere wegen möglicher Wechselwirkungen mit bereits eingenommenen Medikamenten. Im Gespräch mit dem Arzt lassen sich die richtige Dosierung und Einnahmedauer von Nahrungsergänzungsmitteln individuell festlegen.
Vitamine: Gefahr von Überdosierung
Bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist Vorsicht geboten, da eine Überdosierung möglich ist. Wasserlösliche Vitamine wie C und B-Komplex werden bei Überschuss ausgeschieden. Fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) können sich jedoch im Körper anreichern und zu gesundheitlichen Problemen führen: Ein Überschuss an Vitamin D kann beispielsweise Osteoporose begünstigen, zu viel Vitamin E das Risiko für Herzkrankheiten erhöhen und eine übermäßige Zufuhr von Vitamin A Kopfschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit verursachen.
Eine US-Großstudie aus dem Jahr 2024 (externer Link) mit fast 400.000 Erwachsenen zeigte zudem, dass die regelmäßige Einnahme von Multivitaminpräparaten nicht zu einem längeren Leben führt. Überraschenderweise war das Sterberisiko bei Verwendern sogar minimal höher.
Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln wenig belegt
Ob Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich die Gesundheit positiv beeinflussen, ist in den meisten Fällen wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Häufig lässt sich nicht klar feststellen, ob eine Verbesserung des Gesundheitszustands tatsächlich auf die Präparate zurückzuführen ist. Ein Beispiel ist Magnesium, das als bewährtes Mittel gegen Muskelkrämpfe gilt. Studien konnten jedoch keine signifikante Wirksamkeit bei der Vorbeugung oder Behandlung von Muskelkrämpfen nachweisen – möglicherweise spielt hier der Placebo-Effekt eine Rolle.
Stiftung Warentest (externer Link - Bezahlinhalt) hat zum Beispiel Präparate gegen Gelenkschmerzen getestet. Ihr Fazit: "Die 18 Mittel im Test sind bestenfalls überflüssig. Manche bergen Risiken."
- Zum Hintergrund: Erkältungsmythen: Helfen Vitamin C, Zink, Nasendusche und Co.?
Im Video: Gesundheitsfalle Nahrungsergänzungsmittel
Gesundheitsfalle Nahrungsergänzungsmittel.
Dieser Artikel ist erstmals am 16.2.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Die Top-Themen aus Europa - hier klicken!
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!