"Alarmstufe Rot" heißt es gerade auf der italienischen Insel Sizilien. Denn dort hat sich eine neue und vor allem gefährliche invasive Insektenart breitgemacht, die Rote Feuerameise (Solenopsis invicta). Die genaue Fundstelle befindet sich in der Nähe der Stadt Syrakus, Siziliens viertgrößter Stadt. Die Wissenschaftler, die in der Fachzeitschrift "Current Biology" über die Entdeckung berichteten, zählten insgesamt 88 Nester auf einer Fläche von fünf Hektar, die zum Teil mehrere Tausend Ameisen beherbergten.
Rote Feuerameise: Kann erheblichen Schaden bewirken
Die aggressive Ameisenart ist berüchtigt für ihre schmerzhaften Bisse und ihre Fähigkeit, sich schnell in neuen Gebieten auszubreiten, wobei sie erhebliche Schäden an der einheimischen Flora und Fauna anrichten kann. Feuerameisen beißen ihre Opfer zunächst und injizieren dann ein Sekret in die Wunde, das brennende und juckende rote Pusteln verursacht. Für Menschen, insbesondere Allergiker, kann das lebensbedrohlich sein.
Invasive Ameisen kontrollieren: Die meisten Versuche scheitern
Die Autoren der Studie betonten die Dringlichkeit einer koordinierten Antwort auf die Bedrohung. Neuseeland, das Land, das es bisher als einziges geschafft hat, die Rote Feuerameise durch ein mehrjähriges Programm auszurotten, könnte hier als Modell für die Bewältigung der aktuellen Krise dienen.
Der Biologe und Ameisen-Experte Tomer J. Czaczkes von der Universität Regensburg weist jedoch darauf hin, wie schwierig es ist, invasive Ameisen unter Kontrolle zu halten: "Zwei Drittel der Versuche, sie zu kontrollieren, scheitern. Sie werden wahrscheinlich mit Ködern arbeiten müssen, die Gift abgeben. Das ist relativ effektiv." In Europa aber seien die meisten dieser Gifte, die wirklich effektiv gegen invasive Ameisen wirken, nicht erlaubt. Das mache die Bekämpfung nur noch schwieriger.
Die Rote Feuerameise stammt ursprünglich aus Südamerika. Seit den 1930er-Jahren hat sie sich rasant in den USA ausgebreitet, wodurch sich die Populationen einheimischer Ameisen reduzierten und erhebliche Ernteschäden entstanden. Die genaue Route, über die die Ameisen nach Sizilien gelangten, bleibt unklar, obwohl genetische Analysen auf einen Import aus den USA oder China hindeuten.
Durch Klimaerwärmung: Ansiedelung der Ameisenart in Teilen Europas möglich
Experten befürchten nun, dass der Klimawandel die Ansiedelung dieser Spezies in ganz Europa begünstigen könnte, wobei insbesondere Städte im Mittelmeerraum sowie Großhafenstädte wie Amsterdam und London schon jetzt als potenzielle Gefahrenherde identifiziert wurden.
Die Forschenden um Mattia Menchetti vom spanischen Institut für Entwicklungsbiologie errechneten mithilfe von Klimamodellen, dass sich die Voraussetzungen für die Rote Feuerameise in Deutschland aufgrund der Klimaerwärmung künftig verbessern dürften: Demzufolge seien unter den derzeitigen Umweltbedingungen gerade mal sieben Prozent des europäischen Kontinents für die Ameisenart geeignet. Bis zum Jahr 2050 werde diese Fläche auf in etwa 25 Prozent anwachsen. Dann könnten laut dem Modell auch große Teile Deutschlands, unter anderem der Nordwesten Bayerns, betroffen sein.
Tropische Feuerameise: Noch keine unmittelbare Bedrohung für Bayern
Ameisen-Spezialist Czaczkes sieht hier jedoch noch keine unmittelbare Bedrohung für Bayern: "Es ist eine tropische Ameise und unsere Winter sind immer noch kalt. Das kann diese Ameise höchstwahrscheinlich nicht überleben." Wie sich das aber mit der Klimaerwärmung in den nächsten Jahrzehnten entwickle, sei schwer vorherzusagen. Der Biologe plädiert dafür, dass dieser Themenkomplex auch in Europa in Zukunft eingehend beforscht werden müsse.
Bereits jetzt neun invasive Ameisenarten in Deutschland
Der Senckenberg-Wissenschaftler und Ameisenforscher Bernhard Seifert weist in diesem Kontext noch darauf hin, dass bereits jetzt neun invasive Ameisenarten in Deutschland heimisch seien. In Bayern stellen laut Seifert momentan insbesondere die Arten der Gattung Tapinoma, vor allem "Tapinoma magnum", auch die Kommunen vor große Probleme: Sie unterhöhlt zum Beispiel Pflastersteine auf Gehwegen. Die Bekämpfung dieser Ameisenart gestalte sich sehr schwierig.
Dabei handelt es sich um eine invasive Spezies, die ihren Ursprung im Mittelmeerraum hat. Mutmaßlich sei sie, so Seifert, unter anderem durch den Import von Olivenbäumen in die Region gelangt. Das unterstreicht einmal mehr die wichtige Rolle, die jeder Einzelne selbst bei der bewussten Auswahl seiner Gartenpflanzen für den Schutz der heimischen Flora und Fauna einnehmen kann.
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