Rund 270.000 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr einen Schlaganfall, davon rund 70.000 bereits zum wiederholten Mal. Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und die häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter.
Der "Tag gegen den Schlaganfall" in Deutschland findet immer am 10. Mai statt, der "Welt-Schlaganfalltag" jährlich am 29. Oktober. Beide Tage wollen auf das Schicksal der Schlaganfallpatienten aufmerksam machen. Über die Ursachen eines Schlaganfalls, die sichtbaren und unsichtbaren Folgen, wie man sich am besten vor einem Hirninfarkt schützt und wie spezielle Rettungsfahrzeuge Schlaganfall-Patienten helfen:
Was passiert eigentlich bei einem Schlaganfall?
Den Schlaganfall gibt es in zwei verschiedenen Formen:
- Ein Blutgerinnsel verschließt ein gehirnversorgendes Gefäß und führt zu einer Durchblutungsstörung. Das passiert in 80 Prozent aller Fälle.
- Ein Blutgefäß im Gehirn reißt plötzlich und es kommt zu einer Blutansammlung im Gehirn. 20 Prozent aller Schlaganfälle sind solche Hirnblutungen.
In beiden Fällen werden Teile des Gehirns plötzlich nicht mehr durchblutet. Die Nervenzellen des Gehirns werden an der betroffenen Stelle nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und sterben ab. Je länger diese Durchblutungsstörung andauert, desto mehr Nervengewebe wird unwiederbringlich zerstört. Deshalb ist es wichtig, dass bei einem Schlaganfall möglichst schnell intensiv-medizinisch eingegriffen wird, um ein Gerinnsel wieder aufzulösen oder Blutungen zu stoppen.
Wie sich ein Schlaganfall zeigt: Warnsignale
Die klassischen Symptome für einen Schlaganfall sind:
- kurzfristige halbseitige Lähmung
- kurzzeitige halbseitige Gefühlsstörung
- Doppelbilder
- akuter Schwindel
- akute Kopfschmerzen
- kurzzeitige Sehstörungen
Richtiges Handeln bei einem Schlaganfall - mit dem FAST-Test
Je schneller ein Patient versorgt wird, desto geringer sind die Folgen. Deshalb ist richtiges Handeln bei einem Schlaganfall besonders wichtig. Dabei hilft der sogenannte FAST-Test. F-A-S-T steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).
Face - Feststellung einer Gesichtslähmung: Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht einseitig verzogen, dann deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
Arms - Feststellung einer Bewegungsstörung: Bitten Sie die Person, die Arme nach vorn zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden; sie sinken oder drehen sich.
Speech - Feststellung einer Sprachstörung: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
Time - der Zeitfaktor: Wählen Sie unverzüglich den Notruf 112. Weisen Sie auf die vorliegenden Schlaganfall-Symptome hin und äußern Sie deutlich, dass Sie den Verdacht haben, dass ein Schlaganfall vorliegt. Denn nur im Krankenhaus kann die Ursache des Schlaganfalls ermittelt und die richtige Therapie eingeleitet werden.
Was Sie bei einem Schlaganfall noch beachten sollten:
- Geben Sie dem Betroffenen nichts zu essen oder zu trinken, da der Schluckreflex gestört sein kann und Erstickungsgefahr droht.
- Öffnen Sie einengende Kleidungsstücke.
- Achten Sie auf freie Atemwege, entfernen Sie notfalls Zahnprothesen.
- Teilen Sie dem Notarzt die Symptome und den Zeitpunkt des Auftretens mit. (Quelle: Kaufmännische Krankenkasse KKH)
Wie spezielle Rettungsfahrzeuge Schlaganfall-Patienten helfen
Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute, darin sind sich Experten einig. Sogenannte Mobile Stroke Units (MSU), speziell ausgerüstete Rettungsfahrzeuge, können deshalb für Schlaganfall-Patienten eine wertvolle Hilfe sein. Im Gegensatz zu herkömmlichen Rettungswagen befindet sich dort an Bord ein Computertomograph, mit dem ein CT durchgeführt werden kann. Durch das CT kann die Ursache des Schlaganfalls bereits im Wagen ermittelt und eine sogenannte Lyse-Therapie gegen Durchblutungsstörungen im Gehirn begonnen werden. Normalerweise ist das erst im Krankenhaus möglich.
Dass Schlaganfall-Patienten von den speziellen Rettungswagen profitieren, haben mehrere Studien belegt. So blieben laut einer Untersuchung eines Forscher-Teams um Heinrich Audebert, Neurologe an der Berliner Charité, 51 Prozent der Patienten, die in einer Mobile Stroke Unit ins Krankenhaus gebracht wurden, ohne bleibende Behinderung. Bei den Patienten mit Transport in einem herkömmlichen Rettungswagen waren es hingegen nur 42 Prozent, die ohne Handicap blieben. Von den in den speziellen Rettungswagen behandelten Patienten starben sieben Prozent, in den in herkömmlichen Rettungswagen versorgten Patienten waren es hingegen neun Prozent. Durch den Einsatz vor Ort könne circa eine halbe Stunde Zeit eingespart werden, wird der Neurologe Audebert in einer Veröffentlichung der Deutschen Presseagentur (dpa) zitiert.
Der Nachteil: Die Fahrt in den speziell ausgerüsteten Fahrzeugen ist teuer. Der Transport kostet mit rund 847 Euro mehr als doppelt so viel wie mit einem herkömmlichen Rettungswagen. Das liege laut Audebert nicht nur an den höheren Kosten für das speziell ausgerüstete Fahrzeug. Auch die höheren Personalkosten schlagen zu Buche. In der Mobilen Stroke Unit müssten drei anstatt nur zwei Fachkräfte für die Versorgung des Schlaganfall-Patienten mit an Bord sein. Derzeit sind nur drei solcher Fahrzeuge in Deutschland im Einsatz, alle in Berlin.
Sichtbare und unsichtbare Folgen eines Schlaganfalls
Je nachdem, wie schwer das Gehirn durch den Schlaganfall geschädigt wurde, kommt es zu mehr oder weniger gravierenden Folgen. Häufig kommt es bei entsprechender Hirnschädigung durch einen Schlaganfall zu Lähmungserscheinungen und Sprech- oder Sprachstörungen.
Die Mehrzahl aller Schlaganfallpatienten leidet aber an den unsichtbaren Folgen eines Schlaganfalls. Dabei handelt es sich um sogenannte neuropsychologische Funktionsstörungen, die vor allem zu Aufmerksamkeits- und Konzentrationsdefiziten führen. Die Betroffenen sind dadurch weniger belastbar und häufig überfordert. Das ist laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bei 80 Prozent der Schlaganfall-Patienten der Fall.
Lässt sich ein Schlaganfall vermeiden? Die Risikofaktoren
Laut der "Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe" sind mindestens 70 Prozent aller Schlaganfälle vermeidbar. Wer sein Schlaganfallrisiko so gering wie möglich halten will, sollte auf folgende Faktoren achten:
- Bluthochdruck, der wichtigste beeinflussbare Risikofaktor für einen Schlaganfall
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
- Herzrhythmusstörungen
- Rauchen
- erhöhte Blutfette (Fettstoffwechselstörungen)
- übermäßiger Alkoholkonsum
- starkes Übergewicht
- und Bewegungsmangel
- Auch das Alter spielt eine Rolle, obwohl sogar Kinder einen Schlaganfall erleiden können. Als Faustregel gilt: Ab dem 50. Lebensjahr verdoppelt sich das Schlaganfallrisiko mit jedem Lebensjahrzehnt.
Jeder einzelne Risikofaktor wirkt sich auf das Gesamtrisiko aus. Der negative Einfluss mehrerer Faktoren addiert und potenziert sich. Viele Risikofaktoren von Gefäßerkrankungen bedingen sich gegenseitig. In der Regel führen alle zu einer Arteriosklerose, also einer Verkalkung der Blutgefäße. Studien zufolge erhöhen auch die ethnische Zugehörigkeit und das Geschlecht das Schlaganfallrisiko. So erleiden zum Beispiel schwarze Amerikaner doppelt so häufig einen Schlaganfall wie weiße und Männer haben ein höheres Risiko als Frauen. (Quelle: Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe)
Schlaganfall - Testen Sie Ihr Risiko
Die "Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe" hat einen Test online gestellt, mit dem Sie Ihr persönliches Schlaganfallrisiko selbst überprüfen können.
Tage gegen den Schlaganfall
1999 rief die "Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe" erstmals den "Tag gegen den Schlaganfall" aus. Seither veranstalten Kliniken, Ärzte und Selbsthilfegruppen bundesweit rund um den 10. Mai Gesundheitsaktionen und Vorträge. Der "Welt-Schlaganfalltag" wurde 2006 ins Leben gerufen, um das öffentliche Bewusstsein für das Thema zu schärfen und über die Prävention von Schlaganfällen aufzuklären.
Im Video: Die psychischen Gründe für einen Schlaganfall
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
Dieser Artikel ist erstmals am 10. Mai 2019 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!