Rund 40 Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Menschen haben einer Studie der Universitätsklinik Mainz zufolge Long-Covid-artige Symptome. Das betreffe sowohl Menschen, die sich wissentlich infiziert haben als auch unwissentlich Infizierte, sagte Studienleiter Philipp Wild am Montag. Er stellte erste Ergebnisse zu Spätfolgen der Sars-Cov-2-Infektion vor.
Abgeschlagenheit, Geruchsstörung und Atemnot
Eine zentrale Erkenntnis: Etwa jeder dritte Infizierte gab an, seine ursprüngliche Leistungsfähigkeit von vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht zu haben. 29,8 Prozent der wissentlich Infizierten und 22,4 Prozent der unwissentlich Infizierten berichteten davon. Andere der zahlreichen Symptome "ohne klares klinisches Muster" seien Abgeschlagenheit, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Gedächtnisstörungen, Atemnot/Kurzatmigkeit und Schlafstörungen, Gelenkschmerzen und Stimmungsschwankungen.
Auch Nicht-Infizierte berichten von ähnlichen Symptomen
Allerdings berichteten auch rund 40 Prozent der gar nicht infizierten Menschen von einigen ähnlichen Symptomen während der Pandemie, wie Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen, die mindestens sechs Monate anhielten, sagte Wild.
"Es ist aber falsch zu sagen, das Krankheitsbild Long Covid gibt es nicht", betonte der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin. Diese Ergebnisse zeigten vielmehr, wie wenig spezifisch das Krankheitsbild sei und wie groß der Forschungsbedarf. Der Vorstandsvorsitzende der Unimedizin, Norbert Pfeiffer, sagte: "Das ist möglicherweise auch Ausdruck der Situation der Belastung."
Zusammenhang von Krankheitssymptomen und Long Covid
Einen Zusammenhang gibt es laut Studie zwischen Long Covid und der akuten Infizierung: Je mehr Symptome während der akuten Erkrankung auftreten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Long-Covid-Symptome folgen. Die meisten Beschwerden nehmen über die Zeit ab. "Viele der Beschwerden werden abklingen, aber es verbleibt eine Gruppe, die dauerhaft Beschwerden hat", sagte Wild.
Frauen laut Studie häufiger betroffen
Frauen sind den ersten Studienergebnissen zufolge nach einer Infektion häufiger von Long-Covid-artigen Symptomen betroffen als Männer (45,8 Prozent zu 34,6 Prozent). Das Alter der Infizierten spiele hingegen keine Rolle. Die Häufigkeit von Langzeitbeschwerden stehe im Zusammenhang mit der Zahl der Symptome während der Infektion. "Die Beschwerden nach einer Infektion nehmen mit zunehmender Zeitdauer ab", sagte Wild.
Studie umfasst mehrere medizinische Bereiche
Die Universitätsmedizin untersucht die Spätfolgen nach einer Infektion mit dem Coronavirus systematisch in einer multidisziplinären Studie – von Herz-Kreislauf über die Psyche bis zu den Zähnen. Dabei werde das Auftreten von klinischen Veränderungen untersucht, aber auch die Frage, welche Organe noch unbemerkt betroffen seien.
Grundlage ist die Gutenberg Covid-19 Studie mit rund 10.250 Menschen im Alter von 25 bis 88 Jahren, von denen knapp fünf Prozent zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 mit dem Coronavirus infiziert waren. 61,9 Prozent der Studienteilnehmer wussten bei Beginn der Untersuchungen von ihrer Infektion, 35,1 Prozent nicht. Mehr als 90 Prozent aller Infizierten hatten keine ärztliche Behandlung benötigt, 3,5 Prozent wurden ambulant behandelt, 5,8 weitere Prozent stationär.
Bei den wissentlich Infizierten blieb der Krankheitsverlauf bei 51,9 Prozent mild; 6,9 Prozent hatten keine Symptome. Bei den unwissentlich Infizierten verliefen 48,2 Prozent der Fälle mild. Jeder vierte wissentlich Infizierte und jeder fünfte unwissentlich Infizierte erlitt jedoch mäßige oder schwere Beeinträchtigungen.
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