Welchen Anteil hat der Klimawandel an der neuerlichen Hitzewelle in Nordamerika? Die WWA, eine internationale Wissenschaftskooperation, die den möglichen Einfluss des Klimawandels auf Extremwetter-Ereignisse analysiert, kam dabei zu dem Ergebnis: Die Rekord-Hitzewelle der vergangenen Woche in Teilen der USA und Kanadas wäre ohne den Einfluss des vom Menschen verursachten Klimawandels praktisch unmöglich gewesen. Laut Studie machte der Klimawandel die Hitzewelle mindestens 150 Mal wahrscheinlicher.
Klima und Wetter bedingen sich zwar gegenseitig, aber sie sind nicht dasselbe. Den kurzfristigen Zustand der Atmosphäre beschreibt das Wetter. Das Klima wird berechnet aus den täglichen Wetterdaten, die zunächst über das Jahr und dann über einen Zeitraum von 30 Jahren gemittelt werden.
WWA-Studie: Forschungsteam vergleicht Daten mit vorindustrieller Zeit
Die Erforschung des Zusammenhangs zwischen dem menschengemachten Klimawandel und Extremwetter-Ereignissen wie dem in Nordamerika wird als Attributionsforschung bezeichnet: Das Team der WWA errechnete in einem ersten Schritt die Wahrscheinlichkeit einer solchen Hitzewelle für die vorindustrielle Zeit – also, bevor mit der Industrialisierung ein wesentlicher Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre einherging.
In einem zweiten Schritt wurde das Ergebnis verglichen mit der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses bei heutigen Klimabedingungen. Dabei wurden die erhöhten Durchschnittstemperaturen aufgrund der globalen Erwärmung miteinbezogen.
Trockenheit und Klimawandel in Kombination
Die Extrem-Temperaturen, die bei der nordamerikanischen Hitzewelle gemessen wurden, sind trotz des Klimawandels sogar für die heutige Klimasituation sehr ungewöhnlich; die Forscher sprechen von einem Ereignis, das statistisch gesehen etwa einmal in 1.000 Jahren vorkommt.
Eine mögliche Erklärung dafür lautet: Bereits bestehende Trockenheit und besondere atmosphärische Zirkulations-Bedingungen, die als "Hitzedom" bezeichnet werden, führten in Kombination mit dem Klimawandel zu den auffallend hohen Temperaturen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Spitzen-Temperaturen ohne den Einfluss des Klimawandels wohl circa zwei Grad unter den gemessenen gelegen wären.
Eine weitere Erklärung ist, dass das Klimasystem bereits eine kritische Schwelle überschritten hat. Nicht-lineare Wechselwirkungen im Klima könnten die Wahrscheinlichkeit solcher Extremwetter-Ereignisse schlagartig deutlich erhöht haben – weit über die bisher beobachtete allmähliche Zunahme solcher Vorkommnisse hinaus. Und das würde bedeuten, dass solche Hitzewellen bereits wahrscheinlicher sind, als es die gängigen Modelle vorhersagen. Das müsse laut WWA noch genauer erforscht werden.
Klima-Experte der Uni Potsdam bestätigt WWA-Ergebnisse
Für diesen Punkt gebe es klare Hinweise, sagt Stefan Rahmstorf, Klimaforscher und Professor für Physik der Ozeane an der Uni Potsdam, der die Studienergebnisse insgesamt als schlüssig bezeichnet. Auch er sieht eine mögliche Schwierigkeit bei den Modellen: Studien hätten gezeigt, dass der sommerliche Jetstream, der die Nordhalbkugel umrundet, unter bestimmten Bedingungen beginnt, große Wellen zu entwickeln, die von Norden nach Süden schwingen.
Laut Rahmstorf werden solche Jetstream-Muster als Folge der besonders starken Erwärmung der Arktis häufiger. Und dies kann Extremwetter-Lagen verursachen. Als eine der komplexeren Effekte des Klimawandels werde dieser Aspekt von Klimamodellen nicht gut erfasst, so der Wissenschaftler.
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