Im Jahr 2023 nahmen sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes durch einen Suizid 10.300 Menschen das Leben. Die Zahl ist damit ungefähr dreimal so hoch wie die der Verkehrstoten. Gleichzeitig kommen auf einen Suizid statistisch gesehen 10 – 20 Suizidversuche, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS).
Warnsignal vor Suizidversuch ist häufig
Im Bezirkskrankenhaus Kempten werteten Ärzte und Wissenschaftler im Jahr 2018 mehr als 600 Akten über Suizide aus. Bei knapp der Hälfte der untersuchten Fälle gab es zuvor Warnsignale. Nach Sichtung der Daten kam das Forscherteam zu dem Ergebnis, dass das Umfeld von Suizidgefährdeten trotz Suizidankündigungen häufig nicht rechtzeitig eingriff. "Wir müssen suizidgefährdete Menschen besser verstehen", sagte Peter Brieger, der die Analyse der Akten veranlasste.
Das Suizid-Risiko ist bei vielen psychischen Krankheiten erhöht, besonders bei Psychosen, Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und Depressionen. Aber nicht jeder, der Suizidgedanken äußert, ist automatisch psychisch krank. So können auch Partnerschaftskonflikte, Schulden, Arbeitslosigkeit, chronische Erkrankungen und Schmerzen oder Trennungen zu Suizidversuchen führen.
Grafiken: Statistiken zu Suiziden
Soll man Gefährdete auf Suizidgedanken ansprechen?
Das Thema Suizid ist häufig tabuisiert und viele fürchten im Umgang mit Gefährdeten etwas falsch zu machen. Wichtig ist, den Kontakt zu suchen: "Ein ruhiges, sachliches und direktes Gespräch kann den Gefährdeten bereits entlasten, weil er mit jemandem über die quälenden Suizidgedanken reden kann", so Prof. Dr. Christian Haring, unter anderem Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP) in Wien auf der Webseite Neurologen und Psychiater im Netz. Wer Suizidgedanken hat, möchte nicht zwangsläufig sterben, sondern oft einer Situation entkommen, die nicht mehr auszuhalten erscheint.
Wie erkennt man, dass jemand Suizid begehen will?
Die Warnsignale sind nicht immer als solche zu erkennen. Laut DGS zeigen Studien, dass Menschen viel häufiger als üblich einen Arzt aufgesucht haben, bevor sie sich selbst töteten, die Suizidgefährdung aber nicht erkannt wurde. Deutlichere Anzeichen für eine Selbstmordgefährdung sind:
- Massiver Rückzug aus sozialen Beziehungen und der Umwelt
- Androhung oder Ankündigung sich selbst zu töten
- Gefühl der Wertlosigkeit
- Starke Hoffnungslosigkeit die Zukunft betreffend
- Aggressives Verhalten
- Phase der "Ruhe" nach Anzeichen für einen Suizid
Wie sollten Angehörige und Freunde mit Suizidgefährdeten umgehen?
Das Wichtigste: Man kann nur suizidgefährdeten Menschen helfen, die bereit sind, sich auf eine Behandlung einzulassen. Ein erster Schritt kann sein, die Zuversicht zu vermitteln, dass es Hilfe gibt, auch wenn Betroffene anfangs abwehrend reagieren. Empfohlen wird zudem, dass man mit Suizidgefährdeten redet, ihnen zuhört und nachfragt. Wenn nötig, sollte man professionelle Hilfe für Angehörige in Anspruch nehmen.
Einem Suizidgefährdeten kann man auch damit helfen, dass man professionelle Hilfsangeboten heraussucht und die Person zu entsprechenden Ärzten und Einrichtungen begleitet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt zudem auf Suizidprävention. Wesentlich sei es, junge Menschen gegen Stress zu stärken und suizidgefährdete Personen rechtzeitig zu identifizieren und langfristig zu betreuen.
Suizid: Hier kann man sich beraten lassen
Haben Sie Suizidgedanken oder haben Sie diese bei einem Bekannten festgestellt? Anonyme Beratung bietet die Telefonseelsorge rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222. Online: https://www.telefonseelsorge.de/ (Chatberatung und Mailberatung)
Im Video: TelefonSeelsorge: Was passiert, wenn ich anrufe?
Weitere Hilfsangebote:
- Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) - Hilfsangebote: https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/adressen/
- Der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V. - Übersicht über psychiatrische Hilfen: https://www.psychiatrie.de/beratung.html
- Deutsche Depressionshilfe: Info-Telefon Depression: 0800 / 33 44 533
- Deutsche Depressionshilfe - Wo finde ich Hilfe?: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe
- Deutsche Depressionshilfe - Was Angehörige und Freunde tun können: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/rat-fuer-angehoerige
- Welttag der Suizidprävention: http://welttag-suizidpraevention.de/
Hilfe für Kinder und Jugendliche
- Die Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche: montags bis samstags von 14.00 bis 20.00 Uhr unter 116 111 bietet der Service eine kostenlose telefonische Beratung.
- Caritas-Jugendhilfe: Kinder- und Jugendtelefon: Tel: 0800 / 111 0 333. Mo. - Fr. 15.00 - 19.00 Uhr kostenlose, anonyme Beratung. Mail-Beratung für Jugendliche der Caritas (U25): https://www.u25-deutschland.de/
Im Audio: Assistierter Suizid: Die Hintergründe von Selbsttötungen
Dieser Artikel ist erstmals am 9. September 2019 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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