Damit unsere Flüsse widerstandsfähiger werden, bräuchte es eine Rückkehr zu natürlichen Bedingungen.
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Viele Flüssen wurden von den Menschen begradigt

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Tempolimit für Flüsse? Langsamer wäre gesünder

Tempolimit für Flüsse? Langsamer wäre gesünder

Hitze und Schmutz setzen den Flüssen stark zu. Ihr natürliches Gleichgewicht ist gestört. Das liegt laut Umweltbundesamt aber nicht nur an den Wetterextremen: Seit Jahren fließt das Wasser immer schneller - und das ist ein Problem.

Wie können wir unsere Flüsse retten? In der Oder kam es kürzlich zu einem massiven Fischsterben, dessen Ursache noch ungeklärt ist. Der Rhein hat wegen andauernder Hitze und fehlenden Regens die niedrigsten Pegelstände, die je gemessen wurden. Bei Starkregen kommt es hingegen zu teils gefährlichen Überschwemmungen. Laut Umweltbundesamt sind über 90 Prozent der Flüsse in einem "nicht guten" Zustand.

  • Zum Artikel: "Hitze und Niedrigwasser: Bayerns Fische im Stress"

Umweltbundesamt: "Autobahnartige" Flüsse renaturieren

Damit unsere Flüsse widerstandsfähiger werden, bräuchte es eine Rückkehr zu natürlichen Bedingungen. "Wir haben über sehr viele Jahre hinweg unsere Gewässer begradigt und das hat dazu geführt, dass unsere Flüsse autobahn- oder landstraßenartig durch die Lande ziehen", sagt Jeanette Völker, Leiterin für Binnengewässer am Umweltbundesamt. "Wir müssen diese Flüsse wieder renaturieren und ihnen mehr Platz geben", fordert sie im BR Podcast "Dreimal besser".

Wo immer möglich, müssten Uferbefestigungen entfernt und der Lauf wieder zurück in seine ursprünglich geschwungene Form gebracht werden. Damit käme es streckenweise zu langsameren Fließgeschwindigkeiten - ein entscheidender Faktor für die Gesundheit der Flüsse. Weniger Tempo würde zu neuer Kraft führen, erklärt Jeanette Völker. Dann könnten sich durch die Verlagerung von Steinen und Sedimenten unterschiedliche Lebensräume bilden. Nährstoffe würden teilweise langsamer transportiert und das Wasser könnte seine Selbstreinigungskraft besser nutzen.

  • Zum Artikel: "Alarmierend niedrige Pegel: Mehr Schatten könnte Flüssen helfen"

Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Nutzung und Natur schaffen

Der Rhein war früher beispielsweise ein riesiges Geflecht aus kleineren und größeren Seitenarmen. Im 19. Jahrhundert brauchte ein Tropfen Wasser von Köln bis zur Nordsee theoretisch 36 Tage, heute benötigt er nur noch sechs Tage. Die wirtschaftliche Nutzung, Besiedelung und Schifffahrt führten nach und nach zur Begradigung. "Wir brauchen das Wasser auch für diese unterschiedlichen Nutzungen", betont Jeanette Völker vom Umweltbundesamt. Trotzdem müssten wichtige Stellen - auch an großen Flüssen - renaturiert werden.

Eine große Bedeutung misst sie dabei den Auen zu. Bei Hochwasser könnten die Flüsse in diesen Raum ausschwemmen und so größere Schäden verhindert werden. Viele Tiere und Pflanzen, die in der Aue leben, sind außerdem von denjenigen im Wasser direkt abhängig. Wird dieser Zugang zur Nahrungsquelle jedoch künstlich unterbrochen, schränkt das die Funktionalität des Gewässers ein. Entsprechende Maßnahmen seien bereits auf den Weg gebracht worden, bräuchten aber Zeit, sagt Völker. Alle sechs Jahre wertet das Umweltbundesamt den Zustand der Gewässer aus - Ende September 2022 ist es wieder soweit.

Muscheln als lebendiger Wasserfilter

Einen weiteren Ansatz zur Verbesserung der Wasserqualität verfolgt Jürgen Geist, Professor für Aquatische Systembiologie an der TU München. Er erforscht den Einfluss von Muscheln als lebendige Filter. "Alle Partikel, die sich in der Schwebe im Wasser halten - anorganische Teilchen, wie Tonteilchen, Algen, aber auch Mikroplastik-Partikel - können von Muscheln herausgefiltert werden", sagt er. "Damit erbringen sie eine wichtige Ökosystem-Dienstleistung."

Vom kleinen Gartenteich bis hin zu großen Gewässern wie Flüssen könne mit Muscheln bereits nach kurzer Zeit deutlich klareres Wasser nachgewiesen werden. Der Einsatz sei zum Beispiel in Nachklärbecken von intensiven Aquakulturen sinnvoll - immer dort, wo besonders viele Schwebstoffe ins Wasser geleitet werden. Bei akuten Schadstoffwellen wie dem derzeitigen Fischsterben an der Oder wären jedoch auch die Muscheln überfordert, meint Prof. Jürgen Geist in der aktuellen Podcastfolge von "Dreimal besser".

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