Wie alt ein Baum tatsächlich ist, das kann man nur schätzen. Viele Gemeinden in Bayern haben "ihre" 1000-jährige Eiche oder Linde. Doch bei näherer Betrachtung erweist sich das biblische Alter meist als erdichtet. Außer bei ganz besonderen Exemplaren, sie sind wahre Überlebenskünstler, wie eine Eibe in Balderschwang. Sie ist vermutlich der älteste Baum in Bayern.
Baumgreis mit zwei Stämmen
In Balderschwang im Landkreis Oberallgäu steht auf 1.100 Meter Höhe nicht nur der älteste Baum Bayerns, sondern auch von ganz Deutschland. Die einzigartige Eibe überstand schon viele Unwetter, und selbst einen Blitzeinschlag hat der Baumgreis überlebt. Vermutet wird sogar, dass er schon zu Zeiten der Römer und Germanen gelebt hat.
"Er soll zwischen 2.000 und 4.000 Jahre alt sein. Ich denke, mindestens 3.000 ist er. Weil die Geschichte sagt, vor 2.000 Jahren um Jesu Geburt hat der Blitz in diese Eibe hineingeschlagen, die früher ein Stamm war, hat ihn geteilt, seitdem wächst der in zwei Stämmen." Konrad Kienle, Bürgermeister, Balderschwang
Die beiden Stämme der alten Eibe sind genetisch identisch, belegen wissenschaftliche Analysen. Sie könnten Triebe eines Hauptstammes sein oder tatsächlich die Folgen eines Blitzeinschlags, der einen Stamm von mindestens 7 Meter Umfang gespalten hat. Je nachdem ist die Eibe von Balderschwang dann 800 Jahre oder sogar 1.500 Jahre alt.
Bäume bestimmen anhand der Jahresringe
An einem abgesägten Baumstamm kann man helle und dunkle Schichten als Jahresringe ablesen und so das Alter bestimmen. Bei lebenden Bäumen hilft ein spezieller Bohrer, der aus dem Stamm Material entnimmt, anhand dessen die Jahresringe abgezählt werden können. Doch wie bestimmt man das Alter bei einem hohlen Baum?
Eiche mit hohlem Stamm
Eine der ältesten Eichen in Bayern steht in Oberfranken, in der Nähe von Bad Staffelstein. Sie ist innen hohl und daher ist eine Altersbestimmung mit Hilfe der Jahresringe nicht mehr möglich. Bei einem hohlen Baum kann man das Alter nur annähernd bestimmen. Dazu muss der Stammumfang auf einer Höhe von einem Meter gemessen werden und dann mit dem Altersfaktor für die Baumart multipliziert werden. Bei der oberfränkischen Stieleiche bedeutet das: Der Durchmesser von 6,30 Meter multipliziert mit 0,8 - der Altersfaktor für eine Eiche - ergibt ein Alter von 500 Jahren.
Bäume überleben mit nur einer Schicht
Die Stieleiche leidet an einer Pilzerkrankung, deshalb ist ein Teil ihrer Krone schon abgestorben. Der Grund für ihre Altersschwäche ist demnach nicht der hohle Stamm, denn selbst ein hohler Baum kann noch weiterwachsen. Lebenswichtig ist die Schicht, die direkt unter der Rinde liegt, das sogenannte Kambium, denn von dort werden Wasser und Nährstoffe aus dem Boden bis zu den Blättern geleitet.
Wurzeln füllen den Hohlraum
Bei der Wolframslinde, die in Ried in der Oberpfalz steht, ist ein anderes Phänomen bezeichnend: Ihre Baumkronen sind im Sommer grün, aber ihr Stamm ist eine Ruine. Linden besitzen eine Eigenart, die ihnen hilft sehr alt zu werden.
"Mit zunehmendem Alter werden Stämme hohl, den Hohlraum füllen Linden mit neuen Wurzeln. Aus dem Inneren des Stammes wachsen diese dann nach unten, die dann den hohlen Stamm wie eine Stahlbrücke verspannen und festigen." Jürgen Schuller, Biologe und Autor
Die Äste der Wolframslinde werden seit den 1970er Jahren zusätzlich mit Eisenstangen gestützt. Ihr Alter wird auf 1.000 Jahre geschätzt. Ihr Stammumfang ist ganze 12,50 Meter.
Bäume sind Überlebenskünstler
Ausgestattet mit Millionen von Zellen kann sich ein Baum ständig erneuern. Ein abgebrochener Ast wächst bei einem gesunden Baum immer wieder nach. Das innere Kernholz stirbt mit der Zeit ab, doch die äußerste Schicht der Rinde, die sogenannte Borke, kann immer wieder neue Zellen produzieren. Bäume sind wirklich wahre Überlebenskünstler. Ihre ganz besonderen Fähigkeiten sind noch lange nicht erforscht.
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