Ein Arzt impft eine Patientin gegen Grippe.
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Die Grippesaison steht vor der Tür - und mit ihr die Sorge, dass sie dieses Jahr deutlich heftiger ausfallen könnte.

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Welchen Einfluss hat Corona auf die diesjährige Grippewelle?

Welchen Einfluss hat Corona auf die diesjährige Grippewelle?

Vergangenes Jahr fiel die Grippewelle wegen der Corona-Schutzmaßnahmen aus. Kommt sie dieses Jahr dafür besonders heftig? Einige Experten befürchten das - obwohl zahlreiche Grippevarianten sogar verschwunden scheinen. Wie gut wirkt da der Impfstoff?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die Grippe oder Influenza kann - im Gegensatz zu einem grippalen Infekt, der mit Schnupfen, Halsschmerzen und Husten einhergeht - einen schlimmen Verlauf nehmen und zum Tod führen. Besonders in der Saison 2017/2018 wütete sie stark in Deutschland - mit schätzungsweise mehr als 25.000 Toten.

Vergangenes Jahr ist sie nahezu ausgefallen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wies bei der Bundespressekonferenz am Mittwoch darauf hin, dass es solch ein Jahr seit Aufzeichnung der Daten noch nie in Deutschland gegeben hat. "Schuld" daran haben der Lockdown im Herbst und Winter 2020 und 2021, die Abstands- und Hygienemaßnahmen, Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht. Denn sie sorgen nicht nur dafür, dass sich das Coronavirus schlecht ausbreiten kann, sondern auch Grippeviren. Dennoch fürchten einige Experten, dass die Grippewelle dieses Jahr schlimmer ausfallen könnte. Woran liegt das?

Die Grippewelle beginnt

Die Influenzaviren zirkulieren ab etwa Anfang Oktober, die Saison geht bis in den Mai des Folgejahres hinein. Daher wird im Oktober mit den Grippeschutz-Impfungen begonnen, um zum Höhepunkt der Welle - etwa im Januar - optimal geschützt zu sein. Dieses Jahr stehen dafür 27 Millionen Dosen bereit - so viele wie noch nie. Letztes Jahr wurden bereits 22 Millionen Dosen verimpft. Laut Aussage von Spahn waren das wesentlich mehr als sonst, wo etwa 15 bis 17 Millionen Dosen verabreicht wurden.

Auch Grippeinfizierte können eine sehr starke Belastung des Gesundheitssystems mit sich bringen, denn "man kann nie vorhersagen, wie eine Grippewelle abläuft", so Spahn. Zusätzlich gehen viele Experten davon aus, dass die Corona-Infektionszahlen im Herbst und Winter steigen werden. Beide Gruppen auf den Intensivstationen könnten zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen, weshalb auch Lothar Wieler, Präsident vom Robert Koch-Institut (RKI), die Grippeschutz-Impfung dieses Jahr für noch wertvoller einschätzt und alle Risikogruppen dazu auffordert, sich impfen zu lassen.

Wer sollte sich gegen die Grippe impfen lassen?

Empfohlen wird die Grippeschutz-Impfung von der Ständigen Impfkommission am RKI (Stiko) allen Älteren über 60 Jahren sowie Personen mit chronischer Erkrankung oder einem geschwächten Immunsystem - egal, welchen Alters. Auch Schwangeren wird zur Impfung geraten und solchen, die in Berufen mit hohem Publikumsverkehr oder dort arbeiten, wo viele Risikopatienten sich anstecken könnten - wie in Altenheimen, Arztpraxen oder Kliniken.

Menschen über 60 Jahre bekommen dieses Jahr einen Hochdosis-Impfstoff. Der sorgt dafür, dass das Immunsystem besser anspricht, das bei vielen Älteren nicht mehr so gut reagiert, wie man teilweise auch bei der Corona-Impfung beobachten kann. Laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wäre in diesen Risikogruppen eine Impfquote von 70 Prozent gut. Davon ist Deutschland mit etwa 30 bis 40 Prozent allerdings weit entfernt.

Wie gut wirkt der Grippe-Impfstoff?

Wie gut ein Impfstoff wirkt, kann erst nach der Saison berechnet werden, so RKI-Chef Wieler bei der Bundespressekonferenz. Die Wirksamkeit hängt von vielen Faktoren ab und kann von Jahr zu Jahr variieren. Das liegt vor allem daran, dass man bei der Herstellung des Impfstoffs nicht zu 100 Prozent weiß, welche Viruslinien letztendlich wirklich vorherrschend sein werden oder ob das Virus nicht in dieser Zeit noch mal mutiert ist.

Bei jungen Erwachsenen konnte laut RKI eine Schutzwirkung von bis zu 80 Prozent erreicht werden. Bei Älteren fällt die Wirkung wegen einer reduzierten Immunantwort meist niedriger aus oder aber, wenn der Impfstoff nicht zu den saisonal zirkulierenden Viren passt. Dann kann die Wirksamkeit auf bis zu 40 Prozent sinken.

Dieses Jahr kommt erneut ein Vierfachimpfstoff gegen die Grippe zum Einsatz. Das bedeutet, dass er gegen vier verschiedene Virusvarianten wirkt. Davon schützen je zwei vor Varianten der Influenza A-Viruslinie und zwei vor Varianten von Influenza B. Die Impfstoffe selbst gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, sowohl als Tot- als auch als Lebendimpfstoff.

Wie wird der Grippe-Impfstoff entwickelt?

Die Entwicklung und Bestimmung des Influenza-Impfstoffs sind sehr komplex, da sich das Virus ständig verändert und mutiert. Daher wird für jede Saison ein eigener Impfstoff hergestellt, dessen Zusammensetzung die WHO für die Nordhalbkugel im Februar bekannt gibt. So haben die Hersteller noch genügend Zeit bis zum Start der Saison im Herbst. Dabei werden das ganze Jahr über von Referenzlaboren Influenzaviren untersucht, die derzeit zirkulieren und die Ergebnisse an die WHO weitergetragen. So soll herausgefunden werden, welche Viruslinien in der kommenden Saison vorherrschend sein könnten.

Wie wirkt sich Corona auf die Grippewelle aus?

Dieses Jahr gab es bei der Entwicklung des Impfstoffs eine zusätzliche Schwierigkeit: die Corona-Pandemie. Denn durch Masken, Lockdowns und Kontaktbeschränkungen hatten es auch die Grippeviren schwer, sich auszubreiten. Dadurch fiel die Grippesaison nicht nur in Deutschland nahezu aus. Das ist an sich gut, stellt die Wissenschaftler allerdings vor das Problem, dass einige, bisher nur regional verteilte Viruslinien gar nicht im Impfstoff enthalten sein könnten.

Gerade auf der Nordhalbkugel werden die Viren im Herbst und Winter oft aus anderen Weltregionen eingeschleppt, in denen sie vorher zirkulierten. Das fiel durch die weltweiten Reisebeschränkungen weg. Hinzu kommt, dass durch weniger Infektionsfälle die Datenmenge rapide abnimmt, anhand derer die Entscheidung zur Impfstoffzusammensetzung fällt. Das meldete die WHO in ihrer Impfstoffempfehlung für 2021/22.

Welche Grippevarianten gibt es nicht mehr und warum?

Durch die Maßnahmen konnten sich einige Viruslinien nur regional ausbreiten - und verschwanden damit vielleicht, wie eine Forschungsgruppe um Vijaykrishna Dhanasekaran von der University of Hong Kong in einer Vorabveröffentlichung berichtet. Sie analysierten die globalen Überwachungsdaten der WHO und fanden heraus, dass sich viele Ansteckungsketten tot liefen, nicht weiter verbreiten konnten oder unter dem Radar liefen, weil die Fallzahlen so gering waren. So passierte das beispielsweise für den Subtyp H3N2 von Influenza A, bei dem drei der acht wichtigsten Varianten im Laufe der Pandemie verschwanden.

Warum befürchten Experten dieses Jahr eine schlimmere Grippewelle?

Das vermeintliche Verschwinden von einzelnen Varianten des Grippevirus kann jetzt gefährlich werden. Zum einen, weil durch Lockerungen und Öffnungen diese Viruslinien doch wieder eingeschleppt werden könnten, sie aber durch das scheinbare Verschwinden eventuell nicht vom Impfstoff abgedeckt werden. Das gilt beispielsweise für die Yamagata-Linie von Influenza B, die zwar im diesjährigen Impfstoff enthalten, möglicherweise aber bereits seit April 2020 ausgestorben ist, wie Dhanasekaran und sein Team annehmen. Im Überwachungssystem der WHO gab es so wenige Fälle mit dieser Variante, dass es sich hier womöglich um falsch-positive Fälle handeln könnte. Oder aber sie ist durch Lücken in der Überwachung geschlüpft und zirkulierte unbemerkt in manchen Regionen der Erde.

Zum anderen kann die Grippewelle schlimmer ausfallen, weil in der Bevölkerung der Immunschutz durch die ausgebliebene Grippesaison letztes Jahr nicht mehr so gut vorhanden ist. Waren Viren im Umlauf, haben die meisten davon durch die Schutzmaßnahmen nichts abbekommen. Ein Schutz durch eine frühere Infektion besteht dadurch nicht, die "Grundimmunität" der Bevölkerung sei aktuell schwächer als sonst, so Gesundheitsminister Spahn. Das ist auch ein Grund, warum gerade so viele Kinder krank sind.

Kann gegen Corona und die Grippe gleichzeitig geimpft werden?

Ja, eine gleichzeitige Impfung gegen Corona und Grippe kann an unterschiedlichen Körperstellen den Angaben der Stiko zufolge stattfinden. In Studien wurde untersucht, ob sich die Wirksamkeit der Impfstoffe gegenseitig beeinträchtigen könnte und ob schlimmere Impfreaktionen zu erwarten sind. Auf die Wirksamkeit haben die Impfstoffe, die völlig unterschiedliche Viren ansprechen, keine Auswirkungen und Impfreaktionen seien dann zwar häufiger, aber nur schwach ausgeprägt. Wichtig ist, dass es sich bei dem Grippeimpfstoff um einen Totimpfstoff handelt - was meistens der Fall ist - da es für die gleichzeitige Impfung mit Lebendimpfstoffen noch keine Studien gibt.

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