Kleiner Tümpel, Sandhaufen, Blumenwiese, Brachfläche und Totholz
Bildrechte: Sebastian Hopfenmüller
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Mikrohabitat-Insel im Herbst mit Blumenwiese, die im Sommer geblüht hat

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Wenn kein Puzzleteil fehlt: Artenvielfalt durch Mikrohabitate

Wenn kein Puzzleteil fehlt: Artenvielfalt durch Mikrohabitate

Eine Blumenwiese reicht nicht. Insekten brauchen ein All-Inclusive-Angebot zum Leben und Fortpflanzen. Also nicht nur was zu essen, sondern auch was zum Bauen, zum Schlafen und was zum Kindergroßziehen. Passt so ein Mikrohabitat auch in den Garten?

Über dieses Thema berichtet: BR-Heimatspiegel am .

Ein Sandhaufen, Totholz, eine Brachfläche, eine Blumenwiese und eine nasse Stelle – fertig ist das Mikrohabitat. Sind diese fünf Sachen auf kleinem Raum beieinander, kann man viel erreichen für die Artenvielfalt. Wenn an einem Ort alles vorhanden ist, was eine Tierart zum Überleben braucht, sprechen Biologen von einem "Habitat". Und ein "Mikrohabitat" ist einfach ein kleines Habitat. Die Günztal-Stiftung hat zum Beispiel zusammen mit der Gemeinde Ottobeuren inzwischen fünf Mikrohabitat-Inseln angelegt. Ein kleines Mikrohabitat klappt auch im eigenen Garten.

Was die Hahnenfuß-Scherenbiene alles braucht:

Die Hahnenfuß-Scherenbiene (externer Link) ist gerade eifrig an dem Sandhaufen zugange, der sich im Norden der Marktgemeinde Ottobeuren neben der Straße befindet. Doch der Sandhaufen mit den kleinen Steinchen allein – das genügt nicht. Denn bevor die Wildbiene ihre Brutzelle mit Sand und Steinchen verschließen kann, braucht sie eine Wiese mit Hahnenfuß und Totholz oder eine Brachfläche. Die knapp einen Zentimeter großen Tiere sind Ende April/Anfang Mai geschlüpft und nun dabei, Brutzellen für ihren Nachwuchs anzulegen. Zuerst suchen sie im Totholz oder in einem Pflanzenstängel eine Röhre mit dreieinhalb Millimeter Durchmesser. Das Loch hat vielleicht ein Käfer oder ein anderes Insekt letztes Jahr gebohrt und für sich genutzt, erklärt Sebastian Hopfenmüller, Biologe bei der Günztal-Stiftung. Danach fangen sie an, Pollen zu sammeln, "und tragen den ganzen Pollen in das Loch rein, ungefähr so viel, wie ein Nachkomme braucht“.

Für die Kinder: Hahnenfuß-Pollen oder nix

Damit die Larven nach dem Schlüpfen in der Brutzelle was zu fressen haben, sammelt die Hahnenfuß-Scherenbiene Pollen des Hahnenfuß. Darauf ist sie spezialisiert, sie nimmt keinen anderen Pollen. Ein finnischer Wildbienenforscher hat herausgefunden, dass weibliche Hahnenfuß-Scherenbienen bis zu 150 Meter weit fliegen. Die Männchen, die von Zeit zu Zeit in den Hahnenfußblüten übernachten, fliegen rund 80 Meter weit. Sie haben, wie alle Wildbienen, einen viel kleineren Radius als Honigbienen. Und deswegen ist es entscheidend, dass ganz in der Nähe vom Sandhaufen und der Bruthöhle auch noch genügend Hahnenfuß wächst. Wenn sie in der Röhre mehrere Brutzellen mit Eiern angelegt haben, kommt am Ende der Verschluss, der aus Sand und Steinchen besteht.

Die alten Hahnenfuß-Scherenbienen sterben danach, vielleicht werden sie davor von Spinnen oder Vögeln gefressen. Die neuen Hahnenfuß-Scherenbienen schlüpfen nächstes Jahr im Mai.

Mikrohabitate sind vor allem für die breite Masse ein Gewinn

Die Hahnenfuß-Scherenbiene gilt als nicht bedroht, sie kommt in Deutschland noch häufig vor. Genau wie die gelbbindige Furchenbiene, die ihr Nest in den Sandhaufen gebaut hat und viele andere Insekten, die hier leben. Solche Arten profitieren vor allem von Mikrohabitat-Inseln, sagt Biologe Sebastian Hopfenmüller. Wenn man Sandhaufen, Blumenwiese, Brache, Totholz und eine nasse Stelle an einem Ort hat, bringt das den ganz seltenen Arten in der Regel nicht viel, sondern vor allem der breiten Masse. "Das ist sozusagen für die Mittelschicht der Insekten sehr, sehr wichtig." Und die wird immer weniger - und damit auch die Futtergrundlage für Vögel und Eidechsen zum Beispiel. "Den Vögeln ist es egal, ob das eine seltene Art und eine häufige Art ist. Die brauchen halt was im Schnabel."

Gutes Beispiel: Ottobeuren hat fünf Mikrohabitat-Inseln angelegt

Die Marktgemeinde Ottobeuren im Unterallgäu hat zusammen mit der Günztal-Stiftung fünf Mikrohabitate angelegt. Die Gemeinderätin und Umweltreferentin Andrea Bitzer freut sich, dass die Gemeinde ortsnahe, offen zugängliche Flächen dafür bereitgestellt hat. So können die Ottobeurer gut sehen, wieviel Leben sich dort entwickelt. Die Flächen wurden bis dahin mehrmals im Jahr gemäht und sonst nicht genutzt. "Das war dann nicht so schwierig, die Flächen jetzt besser zu nutzen, weil sie eigentlich frei waren." Die Günztal-Stiftung will die Artenvielfalt im schwäbischen Günztal fördern und mit der Initiative "Ich tu' was" auch Privatpersonen anregen, was für die Natur zu tun.

Mikrohabitat im Hausgarten – wie kann das gehen?

Sandhaufen, nasse Stelle, Blühwiese, Brache und Totholz, alles zusammen in einem kleinen Hausgarten? Da müsste man sich mit den Nachbarn absprechen: Der eine macht einen Gartenteich, der andere lässt eine Fläche mit Brennnesseln und anderen Pflanzen über die Jahre stehen, der dritte sät eine Blumenwiese an, der vierte macht eine Totholzsammlung und der fünfte legt einen Sandhaufen an. Biologe Sebastian Hopfenmüller sagt, es geht auch allein: "Man kann das schon hoch und runterskalieren, also Totholz und das, was wir hier anlegen, das braucht nicht viel Platz." Einen einzelnen Totholzstamm, eine feuchte Mulde oder einen verlandeten Teich, "das haben viele schon im Garten." Außerdem eine kleine Sandfläche mit zwei, drei Quadratmetern, eine kleine Blumenwiese und eine Ecke mit einer Brachfläche.

Es geht sogar noch kleiner: Wenn der abgestorbene Stamm noch steht und man statt eines Sandhaufens einfach drei Pflastersteine entfernt und die Fläche mit Sand füllt. Das ist dann ein Mikro-Mikrohabitat.

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