Symbolbild, Tonne mit Aufschrift CO2
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Klimaschutz geht nicht ohne Verzicht. CO2-Emissionen aus Industrie und Verkehr tragen wesentlich zur Erderwärmung bei.

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Wie CO2-Staubsauger das Klima retten können

Die weltweiten CO2-Emissionen steigen. Ohne eine Reduzierung werden wir die globale Erwärmung bei 1,5 Grad nicht aufhalten. Technologien können helfen, den Ausstoß an Treibhausgasen zu verringern, zum Beispiel "CO2-Sauger".

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Der Zustand unserer Erde hat sich in den letzten 150 Jahren deutlich verschlechtert. Seit wir große Mengen Kohle und Gas verbrennen wird die Erdatmosphäre immer wärmer. Wenn wir mit unseren Ressourcen weiterhin so umgehen, dann wird sich die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 um mindestens 4 Grad erhöhen, betont der letzte Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC). Er forderte bereits im September 2019 dringend zum Handeln auf.

Wir kommen dem Worst-Case-Szenario immer näher

Temperaturen steigen, Gletscher verschwinden, der Meeresspiegel erhöht sich bei gleichzeitiger Versauerung der Meere, Permafrostböden tauen auf und Polkappen schmelzen ab. Das ist bereits Realität. Schuld daran sind die Treibhausemissionen. Was muss also geschehen, damit sich der CO2-Ausstoß verringert und das Ziel der 1,5 Grad Erderwärmung erreicht werden kann? Der Weltklimarat hat dafür einzelne Szenarien berechnet. Für alle gilt: Was in die Atmosphäre gelangt, muss auch wieder eingefangen werden. Wann wir damit beginnen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß verringern, notfalls auch mit Verzicht, trägt entscheidend zum Erreichen der Klimaziele bei.

Kann ein CO2-Staubsauger das Klima retten?

Nun soll eine Technologie helfen, die CO2-Emissionen der Atmosphäre zu entziehen: Eine sogenannte Direct Air Capture-Anlage, eine Saugmaschine der Schweizer Firma Climeworks. Riesige Ventilatoren saugen die Luft an und filtern das klimaschädliche CO2. Während der Filterung sammelt sich das CO2 an der Oberfläche eines Filters. Ist eine Sättigung erreicht, dann wird das CO2 bei einer Temperatur von etwa 100 Grad Celsius gelöst und als hochreines Gas freigesetzt und abgefüllt. Das CO2 kann dann weiter benutzt werden, zum Beispiel für synthetischen Treibstoff oder als Düngemittel.

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Die Filter-Anlage saugt das CO2 aus der Luft. Diese Dekarbonisierung soll den Anteil des Treibhausgases in der Atmosphäre reduzieren.

Erster Prototyp der Direct Air Capture-Anlagen

Das CO2-Absaugen ist ein platzsparendes Verfahren, doch es ist sehr teuer und benötigt selbst viel Energie für die chemische Reaktion der Filterung. Ein erster Prototyp dieser Direct Air Capture-Anlagen wird auf einer Müllverbrennungsanlage in der Schweiz getestet. Die ehemaligen Studenten der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, die Gründer des Start-Ups, wollen mit ihren Filteranlagen bis zum Jahr 2025 rund ein Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Luft filtern, folglich rund 300 Millionen Tonnen pro Jahr einsammeln. Damit sie diese Ziele erreichen, sind allerdings 250.000 CO2-Filteranlagen nötig.

Negative Emissionen für den Klimaschutz speichern

Doch wohin mit dem entnommenen CO2? Die Direct Air Capture-Anlage in der Schweiz wird durch die Abwärme der Müllverwertung betrieben. Was hier an CO2 gefiltert wird, gelangt in das benachbarte Gewächshaus oder wird gespeichert. Die Speicherung soll verhindern, dass das klimaschädliche Kohlendioxid zurück in die Atmosphäre gelangt. In Deutschland ist die CO2-Speicherung allerdings sehr umstritten und in einigen Bundesländern verboten.

Wie können die Treibhausgase eingefangen werden?

Gibt es Alternativen, um die Klimaziele zu erreichen? Wäre ein Klimaschutz-Wald die bessere Lösung des Problems? Prof. Julia Pongratz, Geologin an der Ludwig-Maximillians-Universität in München, sieht in der Aufforstung ein großes Potenzial zur CO2-Entnahme. 8 Millionen Quadratkilometer neuen Waldes (das entspricht 0,8 Milliarden Hektar) wären nach Berechnungen ihres Instituts in der Lage, Jahr für Jahr etwa 8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aufzunehmen und zu speichern. "Aufforstung ist keine neue Technologie und birgt keine unbekannten Risiken, sondern ist etwas, womit wir bereits viel Erfahrung haben", so die Geologin Pongratz. Doch der Wald benötigt viel Platz und würde landwirtschaftliche Flächen verdrängen, die aber notwendig sind, um die wachsende Bevölkerung zukünftig zu ernähren.

Biomasse anstatt Klimaschutz-Wald

Eine weitere Möglichkeit wäre Biomasse anzupflanzen und damit gleich Energie zu erzeugen. Doch Energiepflanzen, wie zum Beispiel Mais, speichert nicht so viel CO2 wie ein Wald. Damit 10 bis 20 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen ist deshalb problematisch. Dazu wären große Flächen an Monokulturen notwendig, die dazu noch viel Wasser benötigen.

Ozeane düngen, um CO2 zu entnehmen

CO2 ließe sich auch über die Eisendüngung bestimmter Gebiete des Ozeans aus der Atmosphäre entfernen. Mit dieser Methode stärkt man das Algenwachstum, um mehr CO2 aus der Atmosphäre zu binden. Doch bisherige Studien zeigen, dass die Methoden nicht effizient genug ist und eine Gefährdung der Arten nicht ausgeschlossen ist.

Kann es eine Lösung zur CO2-Reduzierung geben?

Keine Methode ist für sich alleine die einzig richtige, jede hat ihre Vor- und Nachteile und es fehlt an Erfahrung. Es ist bislang nicht eindeutig, wie gut sie auf Dauer die CO2-Emissionen ohne große Nebenwirkungen minimieren könne. Sich nur auf eine CO2-Entnahme zu verlassen, das wäre vermutlich der falsche Weg.

"Ein großes Risiko, das natürlich aber auch auf andere Entnahmetechniken zutrifft, ist, dass ganz generell der Eindruck entsteht: Wir können hier große Massen von CO2 aufsaugen. Das können wir irgendwann mal später machen, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, und das ist quasi eine Entschuldigung dafür, dass wir so weitermachen wie bisher." Sabine Fuss, Klimawissenschaftlerin, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Berlin

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