Sonnig, heiß und trocken: Deutschland hat 2022 ein "außergewöhnliches Wetterjahr" erlebt, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seiner Jahreswetterbilanz mitteilte.
Tatsächlich könnte 2022 das wärmste Jahr seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen gewesen sein: Die durchschnittliche Temperatur betrug 10,5 Grad Celsius. Im Vorjahr 2021 waren es 9,1 Grad Celsius im bundesdeutschen Mittel. Damit liegt 2022 zumindest mit dem bisherigen Rekordhalter 2018 gleichauf. Aber erst die Auswertung aller Wetterstationen Anfang Januar wird zeigen, ob es diesen Temperaturrekord knackt.
Neuer Jahresrekord von 2.025 Sonnenstunden
Einen anderen Rekord kann das Jahr 2022 aber jetzt schon unangefochten für sich beanspruchen: Noch nie hat in Deutschland seit Aufzeichnungsbeginn so viel die Sonne geschienen. Im bundesweiten Mittel tat sie das rund 2.025 Stunden lang. Das ist zumindest für Sonnenanbeter und Betreiber von Photovoltaik-Anlagen eine gute Nachricht. Die Anzahl der Sonnenstunden lag somit rund dreißig Prozent über dem Referenzwert der Periode 1961 bis 1990, der 1.544 Stunden beträgt.
Insgesamt war das Jahr 2022 zu trocken. Zwar waren die Monate Februar und September deutlich zu nass, dafür aber war der Sommer viel zu trocken. Das Jahr brachte Deutschland in der Gesamtbilanz etwa 15 Prozent zu wenig Niederschlag.
DWD Jahresbilanz 2022 – Wetter und Klima in Deutschland
Für Bayern gab es viel Sonnenschein und regionale Unterschiede
In Bayern war die durchschnittliche Temperatur mit 10,1 Grad Celsius zwar etwas niedriger als der bundesdeutsche Durchschnitt. Aber für den Freistaat war 2022 das wärmste Jahr seit Messbeginn, trotz der Tatsache, dass der deutschlandweit tiefste Jahreswert im Landkreis Bayreuth ermittelt wurde: Am 18.12. wurde in Heinersreuth-Vollhof eine Temperatur von minus 19,3 Grad Celsius gemessen. 2020 Stunden Sonnenschein gab es für Bayern in diesem Jahr sowie einen Flächenniederschlag von 778 Liter pro Quadratmeter.
Im Ländervergleich war Bayern somit ein relativ nasses Bundesland, aber es gibt deutliche Unterschiede: "Im Voralpenraum hat es mehr geregnet als normal", sagt Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes, im Interview mit dem BR. Babenhausen im Unterallgäu erreichte am 19. August mit 112,1 Liter pro Quadratmeter den bundesweit höchsten Tagesniederschlag. Franken hingegen litt unter einer starken Trockenheit, die eher dem entspricht, was vor allem der Osten Deutschlands erlebt, nämlich Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Sachsen-Anhalt war mit 446 Liter Niederschlag pro Quadratmeter das trockenste Bundesland in Deutschland in diesem Jahr.
Temperaturanstieg von 1,7 Grad Celsius: Es wird immer wärmer
Die Jahresbilanz des DWD hat ergeben: Deutschland hat sich gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um 1,7 Grad Celsius erwärmt. "Das ist schon gewaltig"“, sagt Tobias Fuchs. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 1,6 Grad Celsius.
Damit werden diese Wetterdaten auch zu Klimadaten: Denn laut dem Pariser Klimaabkommen haben sich die Staaten dieser Erde darauf geeinigt, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Hat Deutschland damit das Klimaziel verfehlt? Nein. Denn die Erwärmung im Klimaabkommen bezieht sich auf die globale Durchschnittserwärmung. Diese liegt derzeit bei 1,1 bis 1,2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. In Deutschland ist die mittlere Erwärmung höher, weil es über Kontinenten und Landmassen immer wärmer ist als über Ozeanen.
Jahresbilanz 2022: Ist das noch Wetter oder schon Klima?
Zu warm, zu trocken, fast frühlingshafte Temperaturen zu Silvester: Ist das wirklich noch Wetter oder macht sich hier der Klimawandel bemerkbar? "Dieses Jahr war ein Signal, wie es im Klimawandel häufiger sein könnte", sagt Tobias Fuchs. Natürlich ist Wetter nicht das Gleiche wie Klima: Das Wetter beschreibt kurzfristige, lokale Phänomene, während sich Klimaveränderungen in langfristigen Trends bemerkbar machen, die sich erst in Daten aus vielen Jahrzehnten zeigen. So kann man auch diese Wärmeperiode von Silvester 2022 nicht definitiv dem Klimawandel zuordnen. Aber eine Tendenz zeichnet sich inzwischen immer stärker ab. "Zu warm und im Mittel zu trocken ist schon ein Vorbote des Klimawandels", sagt Tobias Fuchs.
Das zeigen laut Tobias Fuchs auch die dekadischen Klimavorhersagen des DWD. Derartige Vorhersagen beschreiben, in welche Richtung sich die Temperaturen in Deutschland im nächsten Jahrzehnt entwickeln. "Der Temperaturnanstieg wird sich fortsetzen, langsam und in kleinen Schritten. Es wird sicherlich auch mal Jahre geben, wo es einen kleinen Rückschritt gibt, aber im Mittel sehen wir einen kontinuierlichen Anstieg nach oben." Beim Niederschlag hingegen erwarten die Meteorologinnen und Meteorologen eine Umverteilung des Regens. Demnach wird es künftig im Frühling und im Sommer eher noch trockener werden, der Winter hingegen etwas feuchter. Somit ist 2022 tatsächlich ein typisches Jahr für das Wetter, das uns in den kommenden Jahren erwartet.
"Das rekordwarme Jahr 2022 sollte für uns alle ein erneuter Ansporn sein, beim Klimaschutz endlich vom Reden zum Handeln zu kommen", sagt Tobias Fuchs.
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