Die Capanna Punta Penia auf der Marmolada Wolkenhaus als Baucontainer-Charme mit Gletscherluft
Die Marmolada wird gern als die „Königin der Dolomiten“ bezeichnet, ist sie doch der höchste Berg der so genannten „Bleichen Berge“. Oben ist die Marmolata aber vor allen Dingen weiß, denn dort finden wir den einzigen größeren Gletscher der Dolomiten. Nur wenige Meter vom Gipfelkreuz entfernt liegt die Capanna Punta Penia – eine echte Bergsteigerunterkunft und zudem ein wahres Wolkenhaus.
Ein, wenn man so will, „Blechkasterl“ steht dort oben auf 3343 Meter Höhe. Seit 76 Jahren trotzt diese Behausung auf dem höchsten Punkt der Dolomiten Stürmen und Gewittern. Im Ersten Weltkrieg hatte eine österreichische Garnison am Gipfel der Marmolada eine Stellung errichtet.
Ende der 1940er-Jahre wurde dann von einem Bergführer aus Alba bei Canazei eine kleine Hütte errichtet und das Schutzhaus mehrfach erweitert. Hierher kommen nur Bergsteiger, die mit Seil, Pickel und Steigeisen umgehen können oder die zumindest einen ausgesetzten mittelscheren Klettersteig nicht scheuen. Der Unkundige mag jetzt einwenden: „Moment, geht da nicht eine Seilbahn auf die Marmolada?“ Ja schon, aber sie endet unterhalb des zweithöchsten Marmolada-Gipfels, der Punta Rocca. Dieser Gipfel liegt viel weiter östlich und ein Verbindungsweg zur Punta Penia, dem allerhöchsten Punkt, gibt es nicht.
Somit thront die Capanna Punta Penia ganz oben – eine rechteckige, silbern schimmernde kleine Unterkunftshütte, die von außen den Charme eines Baustellencontainers verkörpert. Bergführer Renato schätzt gerade das, da er im Gebirge keine 3-Sterne-Hütten braucht. Und Renato hat Respekt vor dem kleinen, schon etwas älteren Mann, Aurelio Soraruf, dem diese Blechhütte gehört und der dafür sorgt, dass Bergsteiger sich stärken und auch übernachten können. Einmal die Woche kommt ein „portatore“, ein Träger herauf und bringt, was gebraucht wird.
Aurelio Soraruf lacht gern, hat gutmütige Augen, trägt eine blaue Küchenschütze mit der Aufschrift „Kastelruther Spatzen“ und wirbelt mitten in seiner kleinen Küche herum, die eigentlich aussieht wie eine Abstellkammer. Der „Kühlschrank“ ist einfach nur der kleine Raum unterhalb einer Bodenklappe. Es ist schon erstaunlich, was Aurelio in seinem kleinen Reich trotz der bescheidenen Verhältnissen so alles zaubert: Gemüsesuppe, Gulaschsuppe, Spaghetti.
Eine Familie verlässt satt und zufrieden die Hütte. Eltern und Kinder sind über den Westgrat-Klettersteig hochgekommen, fünfeinhalb Stunden, an die 1300 Höhenmeter, ein großes Abenteuer für den Sohn. Monika ist schon zum vierten Mal hier. Von Beginn an war sie überwältigt von den Ausblicken, aber auch von der Abgeschiedenheit der Hütte, die sie fast ein wenig an eine Lodge in Nepal erinnert. Die Capanna Punta Penia auf der Marmolada ist jedenfalls eine Hütte ohne viel Schnickschnack - ohne Dusche, dafür mit Außentoilette, mit neun Übernachtungs-plätzen und einem grandiosen Fernblick, an dem sich auch Hüttenwirt Aurelio nicht satt sehen kann. Bei klarem Wetter reicht die Sicht bis Venedig. Um der Einsamkeit zu entfliehen, geht er jeden zweiten Tag zu seiner Familie nach Fedaia. Dabei scheint er in einem permanenten Zustand der Freude zu sein. Wenn er runter geht, sagt er, freut er sich auf seine Frau, und am nächsten Tag, so sagt er mit einem Augenzwinkern, freut er sich dann wieder auf seine Hütte.
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Karte: Die Capanna Punta Penia