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Gipfelhaus am Arnoweg mit Kren und Kracherl Die Gamskarkogelhütte

Geheimtipp gefällig? Feier in kleiner Runde, Milchstraße bei Welschriesling, Heiratsantrag bei Sonnenaufgang? Wir wüssten da was: die 2567 Meter hoch gelegene Gamskarkogelhütte im Salzburger Pinzgau: ganz oben, ganz urig, ganz viel Flair - ein uriger Ausguck in einem Meer aus Bergen.

Von: Sebastian Nachbar

Stand: 22.09.2018

Gipfelhaus am Arnoweg mit Kren und Kracherl  | Bild: BR, Sebastian Nachbar

Mit der Sonne aufstehen und Schlafengehen - das war früher, bevor es Strom gab, Standard. Heute kann sich das die Taktung des modernen Arbeitens unmöglich leisten. Wir nehmen keine Rücksicht auf das Tageslicht, verlassen im Winter das Haus im Dunkeln und kehren nachts zurück. Im Bett blenden dann die Lichter der Stadt. Ganz anders ist das auf der Gamskarkogelhütte. Dort richtet sich der Rhythmus des Tages nach dem Sonnenlicht, schon allein deshalb, weil sich viele Gäste genau dafür auf den Weg machen.

Morgenstimmung über den Niederen Tauern

Der Gamskarkogel gilt als höchster Grasberg Europas, wobei dieser Titel umstritten ist, denn allein im Pinzgau werden auch der Geißstein bei Mittersill oder der Hundstein bei Maria Alm als höchster Grasberg Europas bezeichnet. Wie dem auch sei – in jedem Fall sind beide niedriger als der höchste Grasberg in Bayern: der Linkerskopf in den Allgäuer Alpen bei Oberstdorf, der 2459 Meter hoch und damit acht Meter niedriger ist als der Gamskarkogel. Unnützes Wissen? Ja, macht aber Spaß. Der Gamskarkogel steht jedenfalls in den Pinzgauer Grasbergen und ist bis oben hin bewachsen. Überhaupt leuchten die Berge rund um das Gasteiner Tal im Sommer grün. Jetzt im Herbst schimmern sie eher bräunlich und grenzen sich damit optisch ab vom Grau der Kalkalpen im Norden und vom Weiß der Hohen Tauern im Süden – und genau hier, mittendrin im Farbtopf zwischen Himmel und Erde, steht die Gamskarkogelhütte.

Neue Schindeln schmücken die Fassade, die Haustüre quietscht beim Öffnen, dahinter wartet die gute alte Zeit. Dunkle Möbel zeugen von langen Abenden, ein weiß verputzter Ofen verströmt Wärme, die vertäfelten Wände haben Patina. Hüttenpächter Gottfried Härtel, 40 Jahre alt mit Hipstermütze und Neuntagebart, werkelt in der Küche. Er rührt um, schürt Holz nach, schenkt Teewasser aus und holt Bier. Seit 2015 bewirtschaftet der studierte Betriebswirt die Gamskarkogelhütte, sein vierter Sommer. „Wir sind grundsätzlich einfach aufgestellt“, sagt er, „aber die Sachen, die wir haben, sind glaube ich alle top. Punkt.“ Und so gibt es das, was die Küche gerade hergibt. Heute ist das Schweinsbraten mit Reis mit Salat oder Linseneintopf mit Kürbiskernöl aus der Steiermark. Härtel ist Steirer, er stammt aus Graz. Seine Devise zur Gamskarkogelhütte lautet: „Eine der ältesten, zu rein bergsteigerischen Zwecken erbaute Schutzhütte der Ostalpen. Weil es gibt keinen anderen Zweck da heroben als bergsteigerisch.“ Der Gasteiner Tourismusverband geht noch weiter: Für ihn ist die Gamskarkogelhütte „die älteste Schutzhütte Europas“.

Wenig Infrastruktur, viel Flair

Alt ist das Haus in jedem Fall: Brauchwasser spendet der Regen, Licht die Gaslaterne. Solarstrom gibt es nur für Computer und Handys der Wirtsleute. Zur Kühlung dient der Keller, aber das wird sich irgendwann ändern, denn die behördlichen Auflagen an die Kühlkette steigen, Fisch zum Beispiel geht gar nicht. Den Wasserhahn im Waschraum muss man fast anbetteln. Kein Wunder, jeden Tropfen Trinkwasser karrt die alte Materialseilbahn auf den Berg. Wenn dann Gäste mit Bademantel und Schlappen aus einem Hotel in Gastein nach der Dusche fragen, sorgt das für großes Gelächter.

Härtel jongliert permanent mit Knappheit. Das einzige, was auf der Gamskarkogelhütte üppig ausfällt, ist die Weinkarte - und Härtels Gastfreundschaft. In Kombination mit der einfachen Bewirtung zaubert er Hüttenabende, die weder Instagram-Fotos noch eine ganze Litanei an Hashtags greifbar machen können. „Wenn man die Gelegenheit hat und den Leuten erklärt, wie es hier oben läuft, dann ist auch alles OK. Die sagen dann: Ui, was ihr euch da antut. Was das alles für ein Aufwand ist. Echt, ihr müsst das WC mal ausschaufeln? Und auf einmal ist das Verständnis da. Nur - man muss sich halt die Zeit nehmen, dass man sich zusammensetzt.“

Sich zu den Gästen setzen, alle an einen Tisch versammeln, zuhören und erzählen – das ist Härtels Ding. Er erzählt die Geschichte von den alten Gemälden an der Wand, vom Visionär und Hüttenerbauer Erzherzog Johann, der 1828 auf dem Gamskarkogel übernachten wollte und dafür die erste Hütte an diesem Platz errichten ließ. Oder wie Nachfahren des Erzherzogs die Hütte besuchten, um in Gedenken an den Urahn hier zu übernachten - Schnarchen im Lager inklusive.

Wolkenhaus bei Sonnenaufgang

Farben, Licht, Weitblick, Atmosphäre - deshalb besuchen Menschen seit 190 Jahren die Hütte an diesem Platz. Der Abend senkt sich über das Gasteinertal, die Sonne verschwindet hinter dem Großen Wiesbachhorn und färbt den Himmel noch einmal rot. Unten im Gasteinertal übernimmt das Blau der Dämmerung. Es wird Nacht. Unten verschluckt Nebel die Lichter der Ortschaften, oben haben sich die Wolken aufgelöst. Es ist die Nacht vor Neumond, kaum ein Licht stört den Blick zum Himmel. Mehr und mehr Sterne leuchten am schwarzen Firmament. Millionen, Milliarden. Über dem Horizont im Süden vereinigen sie sich zum Band der Milchstraße. So gut wie von hier oben sieht man sie fast nie.

Wer unbedingt einen Foto-Moment braucht, steht am besten zur Morgendämmerung auf und begibt sich mit Daunenjacke und Mütze vor die Hütte. Dann spielt sich der Farbverlauf des Abends nämlich rückwärts ab. Sonnenaufgang im Osten, direkt über den Niederen Tauern. Das Grau im Tal gähnt wie ein grundloses Loch, an den Flanken arbeitet sich das Braun hinein. Ein Windzug bläst das Röhren der Hirsche über den Kamm, ein Duft von Tau, Erde und Gras fährt in die Nase. Drüben in den Hohen Tauern, tausend Meter höher, scheint schon die Sonne. Sie schiebt den Schatten immer weiter zurück und rückt minütlich näher zum Gamskarkogel, der wie der Ausguck eines Schiffsmasts in einem Meer aus Bergen liegt. Die ganzen Ostalpen liegen da, wie Flut dringt das Licht in die Täler vor, schwappt über den Dachstein zum Hochkönig und weiter zum Wilden Kaiser. Wenn das Sonnenlicht dann die Augen blendet, dann beginnt der Tag auf dem Gamskarkogel – und es duftet nach Kaffee.

Karte: Die Gamskarkogelhütte

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Karte: Die Gamskarkogelhütte


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