Die höchste Schutzhütte des DAV Von Vent über das Hochjoch-Hospiz zum Brandenburger Haus
Das 3277 Meter hoch gelegene Brandenburger Haus ist die höchstgelegene Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins, schon 109 Jahre alt und ein wahres „Wolkenhaus“, das wegen seiner exponierten Lage über den Gletschern des Tiroler Ötztals nur für gute Bergsteiger in Seilschaft und mit Eis-Ausrüstung erreichbar ist.
Der einfachste Aufstieg zum Brandenburger Haus beginnt in Vent, führt durch die Rofenschlucht zum Hochjoch-Hospiz und weiter über den Kesselwandferner zum Brandenburger Haus. Dabei empfiehlt es sich in Anbetracht der Länge des Aufstiegs und der notwendigen Akklimatisation im Hochjoch-Hospiz auf gut 2400 Meter Höhe zu übernachten
Gletscherpfarrer Franz Senn, der Mitbegründer des Deutschen Alpenvereins, kam 1860 als Kurat nach Vent. Im Jakobus-Kirchlein hat er die Messen gelesen. In der Tourist-Info neben der Kirche bekommt man heute Wanderkarten für das Ötztal und die Beschreibung der Zustiege zu acht Schutzhütten. Das Hochjoch-Hospiz liegt am uralten Übergang vom Ötztal ins Schnalstal. Im Rofental waren schon vor 7600 Jahren steinzeitliche Jäger unterwegs.
Nicht nur, weil es am Südosthang der Guslarspitzen auf 2413 Metern so schön ist, sondern vor allem weil 600 Höhenmeter Aufstieg bzw. dreieinhalb Stunden Gehzeit mit schwerem Rucksack für den ersten Tag genug sind, haben Monika, Gerhard und ich uns im Hochjoch-Hospiz einquartiert. Gerhard Hug aus Kempten ist unser Bergführer, und auch er hält es auf jeden Fall für geschickt, eine Nacht im Hochjoch-Hospiz zu verbringen. Die Kondition kann noch so gut sein, der Körper muss sich an die Höhe gewöhnen.
Die Urhütte wurde 1860 am südöstlichen Hang des hinteren Rofentals auf Anregung von Franz Senn gebaut. 1920 entstand dann die massiv gemauerte Hospiz-Burg auf der anderen Talseite. Eine ideale Pausenstation auf dem Weg nach ganz oben, meint auch der erfahrene Hüttenwirt Thomas Pirpamer: „Wer sich Zeit lässt, um ganz nach oben zu kommen, wird sich im Gelände über Zugspitzniveau einfach leichter tun. Gut akklimatisierte Bergsteiger sind auch sicherer unterwegs!“
Unter uns gurgelt sedimentreiches Gletscherwasser in den zementgrauen Fluten der Rofener Ache. Die ersten Siedler bei den Rofenhöfen waren Schafhirten aus Südtirol. Hirten, Jäger und Händler nutzten die Pässe. Das Schutzhaus hier, heute betreut von der DAV-Sektion Berlin, war dringende Notwendigkeit, denn durch das Rofental führt einer der Übergang vom Ötztal ins Schnalstal.
Wie unser eigentliches Ziel, das „Wolkenhaus“ im Gletschermeer, so war auch das Hochjoch-Hospiz bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Besitz der DAV-Sektion Brandenburg. Heute gehören Brandenburger Haus und Hochjoch-Hospiz der DAV-Sektion Berlin. Um 18.30 Uhr wird das Abendessen serviert: eine köstliche Gemüse-Lasagne oder Schweinsbraten. Das gibt Kraft für morgen. Bergführer Gerhard Hug schlägt die Karte auf und zeigt, wie morgen die Aufstiegsroute verläuft. Erst steil in Serpentinen und dann auf den Gletscher. Für Wanderer ist das Brandenburger Haus nicht erreichbar. Es braucht den erfahrenen Bergsteiger, da es sich um eine richtige Hochtour handelt. Es geht über Moränen und Schrofen und dann mit Steigeisen über den spaltenreichen und gerade in diesem heißen Sommer tückischen Kesselwandferner. Sicherheit hat Vorrang – auf dem Gletscher!
25 Schlafplätze in Mehrbettzimmern, 70 Matratzenlager, einfache Sanitäranlagen und eine gemütliche Gaststube - das sind die wichtigsten Informationen für das seit 109 Jahren wie eine Burg über Hintereis- und Kesselwandferner wachende Brandenburger Haus. Dieses „Wolkenhaus“ thront auf 3277 Metern und ist die höchstgelegene Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins. Vom Hochjoch-Hospiz zum Brandenburger Haus braucht man dreieinhalb bis vier Stunden. Erst geht es in Serpentinen die steilen Hänge des Rofenbergs hinauf, dann führt der schmaler werdende Steig in die Südflanke der Guslarspitze hinein. Auf 2900 Metern Höhe fällt das Gelände zur Zunge des zerklüfteten Kesselwandferners ab.
Wir legen die Sitzgurte und Steigeisen an, auch der Eispickel kommt zum Einsatz. Das Sicherungsseil läuft durch die Schraubkarabiner. Bergführer Gerhard Hug checkt, ob bei Monika und mir, in unserer kleinen Seilschaft, alles passt. Erst gehen wir noch eng hintereinander, doch dann sind die teils tiefen Spalten von schmutzigem Schnee überdeckt und aus Sicherheitsgründen sind große Abstände und ein straffes Seil zwingend nötig. Die Steigeisen geben Halt auf glasigen Stellen.
Wenn wir den Kopf zurücklegen, dann sehen wir unser Ziel schon vor uns aufragen. Mit vier Stockwerken auf dem Felsenriff zwischen Kesselwand- und Gepatschferner in 3277 Metern Höhe ist das „Brandenburger Haus“ fürwahr ein Wolkenhaus. Der Weg vom Gletscher zur Sonnenterrasse der Hütte ist eine mühsame Kraxelei. Das hängt mit dem Rückgang der Gletscher zusammen, auch wenn man den Eindruck hat, dass die Eisflächen hier oben – direkt am Hauptkamm der Ötztaler Alpen – noch immer riesig und ewig sind. Mittags sind wir am Ziel. Für einige gut akklimatisierte Bergsteiger ist das „Brandenburger Haus“ nur der perfekte Pausenplatz. Vernagthütte oder Weißkugelhütte sind vor dem Abend noch erreichbar.
109 Jahre alt ist das Brandenburger Haus und die höchstgelegene Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins. 1915/16 diente das Haus als Stützpunkt für die Winterausbildung der K&K-Armee. Ausbilder damals war Luis Trenker. Die DAV-Jugend Bayern hat 2003 über 100 Alpenvereinshütten getestet. Das Brandenburger Haus erhielt Bestnoten. Mit Hilfe des Landes Brandenburg und der Europäischen Union wurde die Hütte ökologisch optimiert. Stichwort: Kompost-Toilette. Seit 2008 tragt das Brandenburger Haus das Umweltsiegel des Deutschen Alpenvereins.
Die junge Hüttenwirtin Sophie Scheiber, gerade mal 25 Jahre alt, ist von gerade angekommenen Bergsteigern umringt, die dringend einen Schlafplatz brauchen. Viele junge, gut ausgerüstete und offensichtlich auch gut ausgebildete Bergsteiger aus Tschechien und Holland sind mit uns Gäste im „Wolkenhaus“. Sophie erzählt, dass sogar chinesische Bergsteiger heraufkommen: „Da unterhält man sich dann mit Händen und Füßen!“ Sophie Scheiber stammt aus Vent. Ihre Familie betreibt eine Pension im Tal. Die zierliche junge Frau mit den langen schwarzen Haaren ist nicht nur „Chefin“ und deshalb „Mädchen für alles“ im Brandenburger Haus, die Hüttenwirtin hat in einem Fünf-Sterne-Hotel gearbeitet und ist eine ausgezeichnete Köchin. Heute Abend gibt es in Halbpension eine Griesnockerlsuppe, dann Hirtenmakkaroni als Hauptgang und zum Nachtisch ihre berühmten Erdbeerknödel.
Bis zu 95 Bergsteiger können im Haus einen Schlafplatz bekommen, Lager oder Betten, „aber da muss man dann schon kuscheln“, meint Sophie. Wie schon das Hochjoch-Hospiz, so ist auch das Brandenburger Haus eine klassische DAV-Hütte mit fast nostalgischem Holz-Charme. Eine Hütte, wie gesagt, und kein Hotel trotz der Bezeichnung „Haus“! Manchmal ist auch Sophie Scheibers zweieinhalb-jähriger Sohn Maximilian bei der Mama auf der Hütte. Stolz wie ein Schneekönig steigt er dann aus dem Versorgungs-Heli. Das Brandenburger Haus ist sein zweites Zuhause.
Ein Problem ist, dass die Telefonverbindung zur Hütte manchmal hakt. Notfalls nimmt Sophie Scheiber ihr Handy und steigt auf die Dahmann-Spitze, den nach dem Architekten der Hütte benannten Hausberg, der 3401 Meter hoch ist und Netz hat.
Das Brandenburger Haus steht unweit der Ötzi-Fundstelle am Similaun. Das Bau-Material kam damals über das Brandenburger Jöchl von der Vernagthütte über den Guslar- und Kesselwandferner. Seit 109 Jahren ist die höchste DAV-Schutzhütte der Alpen ein beliebtes, hochalpines Übernachtungs-Ziel. Gerhard Hug bringt es auf den Punkt: „Das ist halt noch eine richtige Bergsteigerunterkunft“! Aber wie gesagt - ohne Gletscherüberquerung ist dieses exponierte „Wolkenhaus“ in den Ötztaler Alpen nicht erreichbar und somit eine Tour nur für erfahrene Bergsteiger, die in einer Seilschaft gehen und mit der Eisausrüstung umgehen können. Vor dem Aufstieg ist es unbedingt notwendig, sich anzumelden und Übernachtungsplätze zu reservieren. Telefon +43 664 79 80 757 oder Mail: brandenburgerhaus.vent@gmail.com
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Karte: Das Brandenburger Haus