Logenplatz vis-à-vis von Eiger, Mönch und Jungfrau Die Faulhorn-Hütte bei Grindelwald
Unser heutiges Wolkenhaus steht nicht einfach auf einem Berg, es thront geradezu darauf. Denn dank seiner Position auf 2681 Metern bietet die Faulhorn-Hütte, die mehr Berggatshaus als Hüte ist, einen überragenden Rundblick, der vom Thuner- und Brienzer-See bis in die Vogesen und den Schwarzwald reicht.
Im Fokus aber steht das Berner Oberland mit seinen berühmten Gipfeln: Wetter-, Schreck- und Finsteraarhorn, Fischerhörner, Eiger, Mönch und Jungfrau.
Erwandern lässt sich das „Berggasthaus Faulhorn“ in zwei bis drei Stunden von der Schynigen Platte oder von Grindelwald-First aus. Es wurde 1832 als Berghotel eröffnet und ist eines der ältesten seiner Art in den Alpen. Es war schon ein Unterfangen, damals ein privates Berghaus auf das Faulhorn zu setzen. Die Bausaison war kurz und das Wetter unberechenbar, es gab keine Transportwege. Doch der schönste Panoramaberg des Berner Oberlandes versprach reichen Gewinn. Ein Irrtum, denn schon im ersten Betriebsjahr machte Bauherr Samuel Blatter Bankrott. Die Versorgung des Hauses war zu aufwändig, der Komfort zwangsläufig zu bescheiden. 1854 stand in einem Reiseführer zu lesen: „Allen Damen, die nicht wild entschlossen sind, auf dem Faulhorn zu nächtigen, sei dringend angeraten, die Nacht dort nicht zu verbringen. Ich sah Gäste übernachten, die wirkten wie Schiffs-Passagiere auf stürmischer See.“
Solche Schrecknisse müssen die Gäste mehr als 160 Jahre später nicht mehr befürchten. Zwei große Schlafräume bieten je 30 einfache, aber freundliche und gepflegte Lager. In den sechs Doppelzimmern des Kernhauses dagegen lässt es sich mit Fensterblick auf Eiger, Mönch und Jungfrau nächtigen und dazu in den originalen Biedermeier-Möbeln. Von den Matratzen abgesehen ist alles original historisch, vom knarrenden Riemenboden bis zur Waschschüssel mit Wasserkrug. Auf diesen Original-Charakter mit nostalgischem Charme ist Wirt Christian Garbani stolz, auch auf die gute Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz. Die zeigt sich auch am historischen Speisesaal direkt unter den Zimmern im Erdgeschoss. Da steht wie einst der lange Tisch, an dem die Gäste zweimal täglich - mittags punkt halb eins, abends punkt halb acht - zur legendären „Table d’hôte“, der Gästetafel also, zusammenkamen. Einen besonderen Namen machte sich dabei Vorgänger Fritz Bohren, genannt „Pintenfritz“, der auch in anderer Hinsicht als Grindelwalder Original galt, erzählt Garbani. Bei den Gästeabrechnungen hat er unten noch 5 Franken „GSG“ dazugeschrieben. Viele Leute dachten wahrscheinlich, dass das eine Art Steuer ist und haben brav bezahlt. Als ein Gast mal genauer nachgefragt hat, bekam er zu hören: „Geit’s, so geit’s“ – also wenn es geht, dann geht es – kurz GSG.
An den Abenden saßen die Gäste beisammen, haben erzählt, diskutiert und oft fröhlich gesungen. Diesen „spirit“ würde Garbani gerne wiederbeleben, doch dafür müsste er dringend den großen originalen Ofen den heutigen Vorschriften anpassen. Dann ließen sich sogar die Gästezimmer wieder beheizen. Doch seine Frau Nina ist auf die Behörden mit all ihren Auflagen weniger gut zu sprechen, weil ein vorgeschriebenes teures Abwassersystem in anderen Kantonen inzwischen schon wieder verboten ist.
Das Berggasthaus Faulhorn ist somit ein besonderes und kostspieliges Stück Alpin-Geschichte, das Christian Garbani vor 12 Jahren von seinen Eltern übernommen hat. Immerhin erwirtschaften sie mit der in den 1960er Jahren angebauten Gaststube und den acht Mitarbeitern in Küche und Service genügend Einnahmen. Zudem ist Garbanis Vater Elektroingenieur, sein Bruder hat ein Architekturbüro und er selbst ist gelernter Zimmermann, so dass sehr viel innerhalb der Familie gemacht werden kann. Trotzdem – die Sanierung der Fassade des historischen Gebäudes würde an die 120.000 Franken verschlingen. Daher müssten sich noch viele Gäste auf der Aussichtsterrasse mit Blick auf die Eiger-Nordwand sonnen. Doch die Wanderer haben großen Respekt vor dem Wetter, besonders vor Gewittern. Weil die Meteorologen, so Garbani, meist auf der sicheren Seite sein wollen, melden sie prophylaktisch für den ganzen Sommer Gewitter, obwohl die Statistik zeigt, dass wirklich heftige Gewitter rund ums Faulhorn selten sind und nur drei bis vier Mal pro Saison vorkommen.
Wunderschön sind dagegen gerade im Sommer die Sonnenaufgänge. Auch zum Herbst hin entfalten sich beeindruckende Sonnenuntergänge, erst recht, wenn ein Nebelmeer über den Tälern wallt. Diese Stimmungen vom schönsten Panoramaberg des Berner Oberlandes in aller Ruhe zu betrachten ist ein unvergessliches Naturerlebnis!
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Karte: Die Faulhorn-Hütte