Die Capanna Piz Fassa in der Sella Gipfelträume unterm Sternenhimmel auf dem Piz Boè
Für Weitwanderer, die zu Fuß von München nach Venedig gehen, ist dies in der Regel der höchste Punkt ihrer vierwöchigen Tour: der Piz Boè, 3152 Meter hoch, der höchste Gipfel des Sellastocks inmitten der Dolomiten. Bei guten Bedingungen sollten sich die Fernwanderer diesen Gipfel nicht entgehen zu lassen. Besonders reizvoll ist es, dort oben zu übernachten, denn am Gipfel thront das Rifugio Capanna Piz Fassa mit seinen 22 Übernachtungsplätzen.
Gerade bei Sonnenuntergang lassen sich von der Hüttenterrasse aus herrliche Fotos machen, undie Aussicht ist wirklich phänomenal: Kreuzkofelgruppe, Tofana, Civetta, Marmolada, Rosengarten, Langkofel – alles hat man im Blick.
An klaren Tagen sieht man im Norden sogar den Großvenediger und Großglockner. Nicht zu übersehen ist am Gipfel leider auch ein überdimensional groß geratener sogenannter Telefonreflektor. Dieses Monstrum - es sieht von der Südseite aus als stünde man hinter einer riesigen public-viewing-Leinwand - ist an Hässlichkeit kaum zu überbieten und man muss einfach dran vorbeischauen …
Guido Bernhard ist der Wirt auf dem Rifugio Capanna Piz Fassa. 1968 hatte er seinem Vater dabei geholfen, die Hütte zu bauen. Zuerst war sie ganz klein mit wenigen Schlafplätzen. 1980 wurde sie dann ausgebaut. Nach wie vor hat sie den Charakter einer alpinen Schutzhütte – mit all den Problemen, die dazu gehören. So wird auch heute noch täglich frisches Gemüse, Brot und Fleisch in Rucksäcken von der Bergbahn zur Hütte getragen. Früher war Guido mit 50 Kilogramm unterwegs, heute trägt der 62-Jährige immer noch regelmäßig 20 Kilo nach oben. Eine Materialseilbahn hatte es mal gegeben, aber die habe sich nicht bewährt, erzählt Guido. Zu oft hatte der Blitz eingeschlagen, zu oft war sie kaputt. Auch die Wasserversorgung ist für eine Gipfelhütte wie das Rifugio Capanna Piz Fassa nicht einfach. Eine Pumpe bringt das Wasser nach oben. „Wenn sie nicht gerade wieder kaputt ist“, klagt Guido.
Etwas verblüffend ist der Weg zur Toilette (Vorsicht bei Eis und Schnee!), für Übernachtungsgäste gibt es auch ein WC in der Hütte
Ein Erlebnis ist für viele Tagesgäste der Gang zur Toilette. Der abschüssige Weg zum „WC alpinistico“ hat manch einem schon den Atem stocken lassen. Trotz einer Seilsicherung wird der Gang zumindest bei Schnee und Eis zur kleinen Mutprobe. Gut, dass Übernachtungsgäste das WC in der Hütte nutzen dürfen.
Der Piz Boè ist ein leicht zu erreichender Dreitausender, der auch mit trittsicheren, größeren Kindern problemlos zu meistern ist. Die mit Drahtseilen versicherten Passagen im oberen Bereich sind kaum ausgesetzt und verleihen der Besteigung einen reizvollen alpinen Charakter. Allerdings ist der Piz Boè ein viel besuchter Gipfel. Dies liegt daran, dass er vom Pordoijoch aus so leicht zu erreichen ist. Denn wer die Bergbahn nutzt, hat nach einem kurzen Abstieg zur Pordoischarte nur noch eine gute Stunde Anstieg vor sich. Wer in der Hochsaison bei gutem Wetter unterwegs ist, sollte sich also auf viele Mitwanderer einstellen. Teilweise hat das aber auch einen gewissen Unterhaltungswert. Denn nicht wenige „Bergbahn-Touristen“ unterschätzen die veränderten Bedingungen auf über 3000 Metern Höhe und wandeln dann nach einem Wettersturz frierend und unsicher in kurzen Hosen und Turnschuhen auf schneebedeckten Pfaden.
Empfehlenswert ist die Gipfel-Überschreitung, indem man von der Pordoischarte aus zuerst das 2873 Meter hochgelegene Rifugio Boè ansteuert, von dort über die Nordseite auf den Piz Boè steigt und dann über die Südseite wieder hinunter - oder umgekehrt. Aber Achtung: Bei Schnee und Eis kann die Nordseite unangenehm glatt sein. Wer die Bergbahn ignoriert und vom Pordoijoch aus zu Fuß geht, muss beim Direktanstieg zum Gipfel des Piz Boè etwa zweieinhalb Stunden einkalkulieren. Das Rifugio Capanna Piz Fassa ist jedes Jahr vom 21. Juni bis zum 27. September geöffnet.
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Karte: Die Capanna Piz Fassa