Das Becherhaus in den Stubaier Alpen Einsame Gipfelhütte über Südtirols größtem Gletscher
Das perfekte Bild eines Wolkenhauses ist zweifellos das Becherhaus in den Stubaier Alpen. Den Wirt, Erich Pichler aus dem Passeiertal, haben wir immer wieder schon am Telefon gehört in unserer Rucksackradio-Serie „Wolkenhäuser“ – jetzt folgt das ausführliche Porträt des Becherhauses, das nach einem Landvermesser namens Becher getauft wurde. Auf einem Felsenriff thront die Hütte in 3195 Meter Höhe und ist selbst ein Gipfel. Unter sechs Stunden kommt man kaum hinauf, aber wer es geschafft hat, der steht wortwörtlich auf dem Gipfel.
Auf dem Weg hinauf zum Becherhaus verrät eine kleine Begegnung auf dem Weg schon viel über diese Hütte:
Als Geschenk zu ihrem 80. Geburtstag wird Christine von ihrem Schwiegersohn und ihrer Tochter Maria Hofer noch einmal den weiten Weg hinauf und hinuntergeführt – an einem Tag! Sie haben im Passeiertal Blut von Andreas Hofer in den Adern, kommentiert Maria, eine Nachfahrin des berühmten Freiheitskämpfers, augenzwinkernd die Leistung über 1500 Höhenmeter und 12 Stunden Weg im Auf- und Abstieg am selben Tag. Wer es hinauf schafft, ist wunschlos glücklich und staunt auf der einzigen ebenen Fläche dem Hubschrauberlandeplatz über das abendliche Berge-Gletscher-Wolken-Schauspiel.
Drinnen wirbeln die Töchter des Hüttenwirts bei der Essensausgabe: Emma und Leonie, 10 und 11, verbringen begeistert die Sommerferien hoch oben auf Südtirols höchstgelegener Schutzhütte und helfen natürlich mit im Hüttenbetrieb, der schwierig ist und hochalpin und so fern der Zivilisation. Trotz Südtirols größtem Gletscher vor der Tür, dem Übeltalferner, ist die Wasserknappheit immer ein Problem. Die Versorgung wird in wenigen, genau ausgeklügelten Hubschrauberflügen geleistet. Ist das Wetter schlecht, dann kommt kaum jemand herauf, und zu allem Überfluss wurde begründet in der Konkurrenz zweier Alpenvereinssektionen vor 100 Jahren auch noch die nur wenig niedrigere Müllerhütte gebaut, eine halbe Stunde entfernt vom Becherhaus. Es sind somit durchaus widrige Bedingungen, um davon mit der Familie zu leben. Als Erich Pichler das Becherhaus nach der Geburt der beiden Töchter aufgegeben hatte, wurde ein Jahr lang kein Nachfolger gefunden – und so hat er sich erneut dazu entschlossen, dieses abgelegene Wolkenhaus zu bewirtschaften.
Zu zweit spielen Leonie und Emma das Harmonium, das mit über 120 Jahren genauso alt ist wie die ehrwürdige Hütte, deren Erbauer alles komfortabel für den Besuch der wanderlustigen Kaiserin Sissi vorbereitet hatten. Dazu kam es dann nicht, aber bereits vor 100 Jahren war das Becherhaus der Stützpunkt für die Gipfel zwischen Wildem Freiger und Zuckerhütl, weshalb auch eigens eine Kapelle angebaut wurde. Bis heute ist die ganz besondere Aura spürbar, die dieses Haus beseelt.
An den Schlechtwettertagen kümmert sich der Wirt, der auch Bergführer ist, um die Wege. Bei schwierigen Verhältnissen bringt er auch schon mal die weniger erfahrenen Bergsteiger über den Gletscher auf dem landschaftlich schönsten Aufstieg aus dem Timmelstal oder über die Steilstufe unter der Hütte auf dem gletscherfreien Zustieg aus dem Ridnauntal. Hier ober spürt dann jeder, wie die Berge eine besondere Wirkung ausüben auf die, die sich zwischen Wolken und Gipfel fernab von allem einnisten - sei es für einen kurzen oder längeren Besuch. Mehr Informationen gibt es unter www.becherhaus.com
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Karte: Das Becherhaus