Die Bilanz nach 30 Jahren Verpackungsverordnung ist ernüchternd. Statt Plastikverpackung einzusparen gibt es eine entgegengesetzte Entwicklung; Seit 1991 hat sich der Verbrauch verdoppelt. Eine genaue Analyse ist nicht einfach, weil bei den Recyclingquoten mit unterschiedlichen Zahlen hantiert wird. Galten bisher alle im Sortierbetrieb angekommenen Abfälle als recycelt, weil auch die thermische Verwertung mitgezählt wurde, hat die EU jetzt neue Vorschriften erlassen.
Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes sinkt die Recyclingquote für Kunststoff nach dem neuen Berechnungssystem auf 43 Prozent. Doch Fehlwürfe, also Verpackungen, die im Restmüll landen und verbrannt werden, sind in diesen Berechnungen gar nicht erfasst. In Wahrheit wird wahrscheinlich mehr Plastikmüll verbrannt, als die Quoten angeben.
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Landet ein Großteil ohnehin in der Müllverbrennung?
Wie das Einsammeln der Verpackungsabfälle organisiert wird, entscheidet jede Kommune selbst. Die meisten Kommunen sammeln den Müll im gelben Sack oder in der gelben Tonne bei den Haushalten ein, in Städten wie München müssen die Bürger Verpackungsabfälle zu Wertstoffinseln bringen. Doch die Container sind häufig überfüllt.
Video: Ersticken wir im Plastikmüll?
Für die Entsorgung der Verkaufsverpackungen sind die Einzelhändler, für den Restmüll die Kommunen zuständig. Letztere betreiben die Müllverbrennungsanlagen in Bayern und verbrennen dort Restmüll privater Haushalte und gewerblichen Müll.
Die Müllverbrennungsanlage in Schwandorf in der Oberpfalz hat ein riesiges Einzugsgebiet und verbrennt jährlich 450.000 Tonnen Müll. Wenn alle vier Kessel in Betrieb sind, verfeuert die Anlage bis zur einer Tonne in der Minute. Wer sich den Bunker genauer anschaut, sieht dort aber eine Menge Plastikabfälle, die allen Anschein nach aus privaten Haushalten stammen.
Landbewohner trennen besser, Städter produzieren mehr Restmüll
Thomas Knoll, Geschäftsleiter des Zweckverbandes sagt, es gäbe große Unterschiede bei der Mülltrennung. Das reiche von 100 Kilo Restmüll bis zu 180 Kilo pro Person. Wobei vor allem Großstädter in seinem Einzugsgebiet mehr Müll produzieren und weniger gut trennen, so Knoll. Für ihn ist klar: Das duale System hat einen Webfehler
Privatwirtschaftliches Recycling gescheitert?
Warum die Plastikflut nicht eingedämmt worden ist, erklärt Knoll mit der Gewinnorientierung der Privatwirtschaft. Laut Knoll hat ein solches System kein Interesse, weniger zu produzieren: "Wenn Sie Verpackungshersteller sind, kann nicht ihr Bestreben sein, weniger Verpackungen zu verkaufen, sondern mehr. Wenn Sie ein privatwirtschaftliches Entsorgungsunternehmen sind, kann es nicht ihr Bestreben sein, weniger einzusammeln, sondern mehr einzusammeln." Auch ein Recyclingbetrieb wolle seine Anlage auslasten aber das führe dazu, dass das Interesse vom Vermeiden zum Recycling verlagert würde, so Knoll.
Viele Kunststoffverpackungen sind nicht recycelbar
Stefan Böhme sortiert in seiner Anlage bei Rehau Verpackungsabfälle aus dem gelben Sack und der gelben Tonne. Rund 53 Prozent des anfallenden Materials geht bei ihm zur Weiterverwertung an Recyclingbetriebe. 47 Prozent wird zu Ersatzbrennstoffen aufgearbeitet, die in der Zementindustrie Braunkohle als Brennstoff ersetzen.
Schwarze Verpackungen zum Beispiel können bei der Sortierung von den Lasern nicht erkannt werden und landen in der Verbrennung. Ebenso Verpackungen, die aus verschiedenen Kunststoffen bestehen und Verpackungen aus Papier-Kunststoff-Gemisch. Böhme sortiert nach acht verschiedenen Wertstoffgruppen Aluminium, Weißblech und verschiedene Plastiksorten. Die unterschiedlichen Stoffe presst er am Ende der Sortierung in Transportballen. Doch Böhme liefert nur eine erste Vorsortierung; auch die Verwerter sortieren noch einmal und auch hier werden nicht alle Abfälle recycelt.
Keine bequeme Lösung
Wer glaubt, er könne unbesorgt Plastikverpackungen kaufen, weil er die sortiert und im gelben Sack zum Recycling gibt, der macht es sich zu einfach. Nur elf Prozent der neuen Verpackungen entstehen aus recyceltem Kunststoff. Für den Rest wird neuer Kunststoff aus Erdöl produziert. Ein profitables Geschäft für die Ölindustrie, die nach neuen Absatzmärkten sucht.
Zu diesem Schluss kommt zumindest die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Sie zeigt in einer neuen Studie, wie internationale Ölkonzerne und die Lebensmittelindustrie den Plastikkonsum anheizen. Auf Kosten der Umwelt. Denn pro Tonne Plastik entstehen laut Greenpeace fünf Tonnen CO2. So heizt auch unser Plastikkonsum die Klimakrise weiter an.
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