Vor genau 30 Jahren ist in Windischeschenbach das tiefste, noch offene Bohrloch der Welt entstanden. Das Wissenschaftsprojekt des Bundes, die Kontinentale Tiefbohrung (KTB), stieß nach vier Jahren Bohrzeit auf eine Tiefe von 9.101 Metern.
Fels reagiert in der Tiefe wie "zähflüssiger Honig"
Damit wurde die Existenz eines Gesteinszustands in der Erdkruste nachgewiesen, nämlich dass fester Fels in dieser Tiefe bei Druck wie extrem zähflüssiger Honig reagiert. In dieser Tiefe herrschen Temperaturen von 287 Grad Celsius.
Gefeiert wird das Jubiläum heute mit einem Festakt am Vormittag. Ab 15 Uhr gibt es beim "Tag der offenen Tür" Einblicke in die Forschungsarbeiten von damals und heute.
GEO-Zentrum als Bildungs- und Begegnungsstätte
Noch heute steht über dem tiefsten, noch offenen Bohrloch der Welt der größte Landbohrturm der Welt. Direkt daneben ist vor 20 Jahren mit dem GEO-Zentrum eine Bildungs- und Begegnungsstätte entstanden, die auch eine von 70 Umweltstationen in Bayern ist. In der Dauerausstellung ist unter anderem ein Seismograph zu sehen, der Erdbeben weltweit aufzeichnet. Zudem gibt es einen Erdbebensimulator und jede Menge Informationen und Interaktives rund um die Erdgeschichte und die Technik des Bohrens. Zur Umweltstation gehört seit 20 Jahren auch ein GEO-Labor, das nach Angaben des GEO-Zentrums eines der am intensivsten genutzten Schülerlabore Deutschlands ist. Jährlich nehmen rund 4.000 Schüler an den Angeboten rund um die Bedeutung des geowissenschaftlichen Wissens teil.
Bohrloch bietet wichtige Erkenntnisse für Wissenschaft
Das tiefste, noch offene Bohrloch der Welt nutzt das Geoforschungszentrum Potsdam mit Wissenschaftlern aus aller Welt nach wie vor als einzigartiges Tiefenlaboratorium. Mit seiner Tiefe und auch der etwa 200 Meter entfernten Vorbohrung, die eine Tiefe von gut 4.000 Metern hat, bietet es noch heute wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung von Geothermie, Bohrtechnik und Rohstoffgewinnung weltweit.
In Windischeschenbach verläuft Naht zwischen Erdplatten
Das "Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland" (KTB) war bis 1994 ein Forschungsprojekt des Bundes, eine Art "Raumfahrt in die Tiefe", beschreibt Dr. Frank Holzförster, der Leiter des Geozentrums in Windischeschenbach. Es diente der Erforschung des europäischen Grundgebirges. Der Standort Windischeschenbach wurde gewählt, weil hier im Untergrund eine Naht zwischen zwei verschmolzenen Erdplatten vorliegt. Hier treffen die ur-europäische und die ur-afrikanische Kontinentalplatte aufeinander.
Tiefstes Erdloch auf russischer Halbinsel
Das tatsächlich tiefste Loch der Erde entstand zwischen 1970 und 1992 mit zwölf Kilometern Tiefe zwar auf der russischen Halbinsel Kola. Es wurde allerdings anschließend wieder verfüllt. Deshalb gilt die KTB-Bohrung in Windischeschenbach mit 9.101 Metern heute als "tiefstes – noch offenes – Bohrloch der Welt", das nach wie vor genutzt wird.
Hauptbohrung dauerte vier Jahre
Die Bohrung ist mit einer speziellen Bohrspülung verfüllt, die einen Einbruch der Bohrung durch natürliche Erdbewegungen in Kilometertiefe verhindern soll. An der Oberfläche hat das Loch einen Durchmesser von 77 Zentimetern, in über 9.000 Metern Tiefe sind es nur noch 22 Zentimeter Durchmesser. Die Bohrung begann 1987 zunächst mit der sogenannten Vorbohrung, mit der man eine Tiefe von 4.000 Metern erreichte. Etwa 200 Meter weiter entstand zwischen 1990 und 1994 dann die sogenannte Hauptbohrung, mit der man 9.101 Meter tief in die Erdkruste vorgestoßen ist. Gleichzeitig zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Geoforscher diente dieses Prestigeprojekt des Bundes auch Technikern und Ingenieuren dazu, die entsprechende Bohrtechnik weiterzuentwickeln.
- Zum Artikel: Geothermie - Mögliche Heizquelle aus der Oberpfalz?
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!