Doppelt so viele Windräder in Bayern wie bisher – Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger rechnet mit einem Windkraft-Boom bis zum Jahr 2027. "Mehrere Hundert Windräder sind jetzt schon konkret in Planung, aber es geht erst richtig los", so der Freie-Wähler-Chef. Seine Rechnung: "Bayern hat 2.000 Gemeinden, ich gehe aus heutiger Sicht von Projektvorhaben mit insgesamt über 1.000 neuen Windrädern in den nächsten fünf Jahren aus." Für 21 neue Anlagen liefen bereits Genehmigungsverfahren, so Aiwanger.
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Ausgleichszahlungen an Naturschutzfonds
Eine dieser Anlagen hat in Wiesenfelden im Landkreis Straubing-Bogen den Betrieb aufgenommen. Die Anlage ist vom Regensburger Energieunternehmen "Ostwind" gebaut worden und bereits das dritte Windrad im sogenannten "Windpark Schiederhof". Das Windrad mit einer Leistung von 4,2 Megawatt kann rechnerisch pro Jahr Strom für rund 2.400 Haushalte erzeugen. Sein Rotor hat einen Durchmesser von 150 Metern und eine Nabenhöhe von 125 Metern. Als Ausgleich für die notwendigen Rodungen zahlt der Investor 120.000 Euro an den Bayerischen Naturschutzfonds.
"Bonus" wird aufgeteilt
Wiesenfeldens Bürgermeister Andreas Urban (Freie Wähler) sagte BR24, gegen den Bau des dritten Windrades in seiner Gemeinde habe es kaum Widerstand gegeben. Die Anlage fällt nicht unter die umstrittene 10-H-Regel der bayerischen Staatsregierung, weil die Entfernung zur nächsten Wohnbebauung mehr als die benötigen 1,5 Kilometer beträgt. Das Waldstück, in dem der sogenannte "Windpark Schiederhof II" errichtet worden ist, gehört der Thurn und Taxis Forst GmbH in Regensburg. Die drei Windkraftanlagen haben eine Gesamtleistung von insgesamt rund 7,5 Megawatt.
Mit dem Bau der dritten Windkraftanlage profitieren nun die Gemeinden Wiesenfelden, Rettenbach sowie die Stadt Wörth an der Donau finanziell über den "Kommunalbonus". Das bedeutet, über einen Zeitraum von 20 Jahren erhalten die umliegenden Kommunen einen Anteil von 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde Windstrom. Dieser "Bonus" wird aufgeteilt, der Löwenanteil von rund 80 Prozent geht an die Gemeinde Wiesenfelden.
Söder: Bayern will bei Windenergie an die Spitze
Bei der offiziellen Inbetriebnahme sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dass er Bayern in Bezug auf die Erzeugung von regenerativen Strom aus Windenergie auf einem guten Weg sieht. Bis zum Jahr 2030 werde Bayern bei der Erzeugung von Windstrom an Land im Bundesvergleich die Nummer Eins sein können, so Söder. Unter anderem wolle die Staatsregierung die Genehmigungsverfahren vereinfachen und durch den Einsatz von mehr Personal beschleunigen.
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Kritik von Experten an Staatsregierung
Der Energieexperte Michael Sterner von der Technischen Hochschule Regensburg (OTH) kritisierte im Vorfeld der Inbetriebnahme der neuen Windkraftanlage in der Gemeinde Wiesenfelden die bayerische Staatsregierung. In einem Tweet betonte er, dass Ministerpräsident Markus Söder zum ersten Mal zu einer Windrad-Einweihung komme – versehen mit einem Hinweis, dass sich Söder selbst eingeladen habe. Später stellte Sterner auf Twitter aber klar, dass diese Information nicht von ihm stammte, sondern dass er sie aus vertraulicher Quelle erhalten habe. Der Experte mahnt, mit den heutigen Maßnahmen des bayerischen Klimaschutzgesetzes würde das Ziel der Klimaneutralität ab dem Jahr 2045 weit verfehlt. Der Energieexperte kritisiert außerdem, die Genehmigungsverfahren für neue Windkraftanlagen würden viel zu lange dauern.
Auch der Landesverband der bayerischen Wind-Energieversorger (BWE) bemängelt, dass ein Konzept für die bayerische Energieversorgung fehle: "Eine faktische Blockade der Windenergie und eine überzogene Verklärung Bayerns als Sonnenland bieten keine Zukunftsperspektive", heißt es in einer im März dieses Jahres veröffentlichten Stellungnahme des BWE. Bis zum Jahr 2040 müsste laut des Verbands die Zahl der Windkraftanlagen in Bayern von derzeit rund 1.150 auf etwa 3.000 verdreifacht werden.
Bau weiterer Anlagen zunächst nicht in Sicht
Die 18 regionalen Planungsverbände in Bayern sind aktuell dazu aufgerufen, bis 2027 jeweils 1,8 Prozent ihrer Fläche als "Vorrangfläche" für Windenergie auszuweisen. Neben dem Kriterium der sogenannten Windhöffigkeit, also dem durchschnittlichen Windaufkommen an einem bestimmten Standort, sind auch Naturschutzaspekte und wirtschaftliche Gesichtspunkte entscheidende Kriterien für mögliche Investoren. Dieses Verfahren der Vorrangflächen habe einen Schwachpunkt, so die Kritik: Es sei zu langsam und zu schwerfällig, denn oft würden die Entscheidungsgremien nur einmal im Jahr tagen.
Im regionalen Planungsverband Donau-Wald, der die Kreise Deggendorf, Freyung-Grafenau, Passau, Regen und Straubing-Bogen umfasst, sind laut Auskunft eines Sprechers in naher Zukunft wohl keine weiteren Windkraftanlagen geplant. Und auch seitens des Energieerzeugers "Ostwind" heißt es, konkrete Vorhaben gebe es derzeit nicht. Man prüfe aber ständig mögliche Standorte.
Transparenzhinweis: Wir haben den Artikel am 08.12.2022 im 5. Absatz aufgrund einer neuen Reaktion des Experten aktualisiert.
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