Ein alter Radioapparat neben dem Anderen stapeln sich im Kellerraum eines Radiosammlers.
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Die etwas andere Kellerraum-Beleuchtung: die "Wohnzimmerradios" von Sepp Emmer aus Siegsdorf

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Aktuelles Programm aus dem Retrogerät: Chiemgauer sammeln Radios

Sie sind so alt wie der BR und älter: Retro-Radiogeräte bereiten vielen Menschen Freude und laufen heute noch wie damals. Zwei Sammler im Chiemgau lieben die Radio-Raritäten besonders - sie wohnen sogar mit ihnen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Sepp Emmer hat eine Leidenschaft fürs Radio - genau genommen für so genannte "Wohnzimmerradios". Der Begriff führt bei Emmers allerdings etwas in die Irre, denn im Haus seiner Familie in Siegsdorf stehen die Radios nicht nur im Wohnzimmer, sondern überall. Egal ob in der Küche oder im Flur: In jedem Raum steht ein auf Hochglanz poliertes Sammlerstück. Im Kellerraum hat Sepp Emmer sein Radio-Reich. Entlang von drei Wänden steht vom Boden bis zur Decke ein sogenanntes "Wohnzimmerradio" neben und über dem anderen. Sie wurden in Deutschland gefertigt. Etliche Firmen, in denen die Radio-Apparate gebaut wurden, gibt es heute nicht mehr, wie etwa die Körting Radiowerke, die ihren Sitz in Grassau im Chiemgau hatten. Oder Saba, Telefunken, Schaub, Nora und AEG.

Röhren-Nostalgie für's Wohnzimmer

120 alte sogenannte "Wohnzimmerradios", große schwere Kisten, hat Sepp Emmer in den vergangenen 25 Jahren gesammelt. Die meisten davon sind Flohmarktfunde. Einige wurden aber auch auf Wertstoffhöfen entsorgt. Ihre einstigen Besitzer wollten das "alte G'lump" nicht mehr haben. Vermutlich war ihnen der Radioapparat der Großeltern zu sperrig oder er funktionierte nicht mehr richtig. Dabei waren die "Wohnzimmerradios" damals richtig teuer. Ein Gerät kostete 180 bis 700 Mark. Dafür mussten die meisten Menschen lange sparen.

Über 20 Arbeitsstunden und viel Geduld

Der leidenschaftliche Sammler nimmt sich einige Stunden Zeit für jedes Gerät, um es auf Vordermann zu bringen. Stundenlang wird im Keller geschraubt, poliert, abgeschliffen und es werden Kabel geprüft. Der Siegsdorfer haucht dem alten Radio mit viel Geschick neues Leben ein. Zwischen 20 und 30 Arbeitsstunden braucht er, bis ein alter Radio-Kasten wieder hübsch aussieht und einwandfrei funktioniert. Das Wiederherrichten der teilweise ganz schön ramponierten und verstaubten "Wohnzimmerradios" ist Emmers Passion. Gerade in den Wintermonaten sitzt er stundenlang im Kellerraum des Hauses und tüftelt herum. Mindestens ein Gerät ist immer an: "Zur Unterhaltung höre ich nur Bayern 1, das ist mein Lieblingssender." Sepp Emmer verkauft das eine oder andere Sammelstück, das tipptopp restauriert zwischen 300 und 400 Euro kostet.

Modernes Bluetooth für alte Radioapparate

Und weil retro wieder in ist, können Oldie-Radios durch die Hilfe eines Bekannten sogar mit modernster Bluetooth-Technik ausgestattet werden. Das älteste Radio, das Sepp Emmer besitzt, stammt aus dem Jahr 1935. Damit lassen sich nicht nur alle empfangbaren UKW-Sender hören, sondern auch 40 digitale Sender. Er besitzt Siemens-Radios aus den 1950er-Jahren, die hinter zwei kleinen Falttüren verschwinden. Das Unternehmen Saba baute als einzige Firma in Deutschland Mitte der 1950-er Jahre Geräte, die damals bereits mit einer Fernbedienung ausgestattet waren. Die älteren Modelle vor 1950 hatten nicht einmal Tasten, sondern nur einen Einschaltknopf. Und sie hatten keine UKW-Sender, sondern nur Lang-, Kurz- und Mittelwelle.

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Das älteste Stück der "Wohnzimmerradio"-Sammlung aus dem Jahr 1935 war ein Flohmarktfund.

"Eine Nummer kleiner": 100 Kofferradios in Traunstein

Sechs Kilometer weiter, in der Stadt Traunstein, wohnt ein weiterer Radiosammler: Gerold Schneider hat sich auf Kofferradios spezialisiert. Seine Leidenschaft für Radios begann im Berufsleben. Damit er bei seiner Arbeit als Fliesenleger etwas Unterhaltung hat, schleppte er "Bajazzo" mit, ein kleines, handliches Transistorradio. Doch nach 15 Jahren trauter Zweisamkeit fiel der Radioapparat von der Fensterbank. Nach "Bajazzo RS" kam "Bajazzo de luxe" und "Bajazzo Sport". Schneiders Sammelleidenschaft war geweckt.

Radios aus Papier und aus Tansania

Von einst 200 Kofferradios aus den vergangenen 60 Jahren sind inzwischen nur mehr rund die Hälfte übriggeblieben. Im Kellerraum sind sie akkurat in Schränken eingeordnet: Ein russisches Taschenradio vom Flohmarkt, eines aus braunem Papier, ein Radio in Form eines Autoscooters und ein äußerst minimalistisches Radio aus Tansania. Es besteht lediglich aus einem Drahtgehäuse, einer plattgedrückten Cola-Dose und den drei wesentlichen Komponenten: einer Platine, einer Antenne und einem Lautsprecher. Das Geschenk eines Nachbarn, der in Tansania Urlaub machte, funktioniert auch ohne Gehäuse perfekt. Wer den Dreh raus hat, hört die Programme des Bayerischen Rundfunks.

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Auch das ist ein "weitgereistes" Koffer-Radio: eines gebaut in Tansania aus Draht und Dosen, aber mit Platine, Antenne und Lautsprecher.

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