Müll ist ihr Beruf: Zwischen Giftstoffen und Sperrmüll
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Jacob Nielsen, Platzwart auf einem Wertstoffhof in München.

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Arbeit auf dem Wertstoffhof: Zwischen Gift und Sperrmüll

Arbeit auf dem Wertstoffhof: Zwischen Gift und Sperrmüll

Was nicht in die Tonne darf oder passt, muss auf den Wertstoffhof. "Kontrovers – Die Story" hat die Arbeit begleitet. Was nach einfachem Sortieren klingt, kann schnell eskalieren – ob wegen gefährlicher Substanzen oder beratungsresistenter Kunden.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Hier wird gerade Hab und Gut eines ganzen Lebens weggeschmissen. "Die Dame ist verstorben und die Wohnung muss ausgeräumt werden", sagt der Mitarbeiter einer Entrümpelungsfirma, während er nach und nach die schweren Kisten aus dem Transporter holt und in den Container mit der Nummer 8 – "Papier und Kartonagen" – wirft: "Der nächste Mieter muss rein. Bedeutet: Alles wird entsorgt. Leider."

Jacob Nielsen ist Platzmeister auf dem Wertstoffhof in München und beobachtet die Aktion. Er schaut den Kartons mit Fotos und Erinnerungen weniger emotional hinterher: "Hauptsache, es landet im richtigen Container und nicht in der Umwelt." Nielsen ist in Dänemark geboren, reiste viele Jahre um die Welt und hat als Tauchlehrer gearbeitet. "Es liegen ganz viele Sachen in unseren Weltmeeren. Natürlich macht das traurig, wenn man beim Tauchgang mehr Plastik sieht als Fische", sagt Nielsen. Seit 2015 arbeitet er hier auf dem Wertstoffhof.

Wertstoffhof: Wer wie viel abliefern darf, ist klar geregelt

Für den dritten Teil der Müll-Serie hat "Kontrovers – Die Story" Nielsen und seine Kollegen in ihrem Joballtag begleitet. Hier landet fast alles, was nicht in normale Mülltonnen passt oder darf: Plastik, Sperrmüll, Eisenschrott, Holz. Und es gibt klare Regeln: Auf Nielsens Wertstoffhof dürfen nur Menschen mit Wohnsitz in München ihren Müll abladen. Und das auch nur in begrenzten Mengen, nämlich zwei Kubikmeter pro Fuhre und Tag. Zwischen 300 und 500 Anlieferungen verschwinden unter der Woche täglich in den großen orangefarbenen Containern, an Wochenenden sind es deutlich mehr. Viele kompliziert zu entsorgenden Stoffe kosten extra Gebühren.

Für solche gefährlichen, weil häufig giftigen Stoffe, gibt es einen separaten Bereich. "Willkommen in der Prosa", sagt Dominik Kolb. Prosa steht für Problemstoffannahme. Das Problem: Oft weiß Kolb nicht, welche Substanzen hier genau angeliefert wurden. Diese Information ist aber entscheidend, damit er sie korrekt entsorgen kann. Mit blauen Schutzhandschuhen untersucht er eine quaderförmige Metallflasche. Der Deckel ist dreckig und verschmiert. "Wir schauen, ob es brennbar ist. Ob es einen pH-Wert hat, der irgendwie nennenswert wäre", erklärt Kolb.

Gefährlich wäre es, sollte es sich zum Beispiel um eine starke Säure oder Lauge handeln. Vorsichtig steckt Kolb ein Stück pH-Papier in die Flaschenöffnung. Es färbt sich sofort dunkelblau. "Hochgradig alkalisch", sagt Kolb. Eine starke Lauge also, die Flüssigkeit ist ätzend für die Haut und kann schwere Augenschäden verursachen. Der Wertstoffexperte packt die Flasche in eines der vielen Fässer.

Korrekte Trennung schützt vor "Hausfrauentod" und mehr

Warum die richtige Trennung so wichtig ist und wie gefährlich selbst einfache Putzmittel werden können, zeigt Kolb in einem kleinen Experiment. Hinter einer Schutzscheibe kippt er einen Badreiniger und eine Bleiche zusammen. Die Substanzen reagieren in Sekundenbruchteilen, der Becher läuft über, es qualmt stark – hier ist soeben Chlorgas entstanden. Das Gas ist giftig, kann starke Verätzungen verursachen und im schlimmsten Fall zum Tod führen. Kolb spricht vom sogenannten "Hausfrauentod", weil diese Reaktion auch versehentlich zuhause beim Putzen passieren kann. "Darum haben wir so viele Fässer – man mischt bestimmte Sachen nicht", sagt Kolb. Die Fässer landen später bei einem Chemikalienverwerter, der die Substanzen aufbereiten oder entsorgt.

Was passiert sonst mit all dem Müll, der hier auf dem Wertstoffhof landet? Laut einer Statistik des Umweltbundesamtes werden mehr als 80 Prozent der Elektrokleingeräte recycelt, beim Sperrmüll sind es knapp 60 Prozent, bei Kunststoffabfällen nur etwas über ein Drittel. Der Rest des Mülls wird in den meisten Fällen "energetisch verwertet" – also mit anderen Worten: verbrannt.

Vorschriften sorgen immer wieder für "saure Bürger"

Zurück bei Jacob Nielsen auf dem Hof. Er hilft Kunden, den richtigen Platz für ihren Müll zu finden und passt auf, dass die Anlieferungen korrekt ablaufen. Dabei kommt es auch immer mal wieder zu Streitereien. "Es dauert ein bisschen, bis ich sauer werde, aber alles lass ich mir auch nicht gefallen", sagt Nielsen. Ein Mann öffnet die Türen seines Transporters, er will eine WC-Schüssel entsorgen. "Haben Sie dafür eine Anliefergenehmigung? Weil das ja gewerblich ist", fragt Nielsen.

Gewerbliche Anlieferer, die den Müll ihrer Kunden bringen, müssen dafür bezahlen. Darunter fallen auch ausgetauschte WC-Schüsseln. Der Mann ist mit der fälligen Gebühr nicht einverstanden, er fährt lieber samt vollem Kofferraum wieder davon. An diesem Tag kommt es zu keinen größeren Konflikten, harmlos geht es aber nicht immer zu: "Hin und wieder kann es sein, dass ein Bürger den Hof sauer verlassen muss", sagt Nielsen. Daran könne man nichts ändern, er und seine Kollegen versuchen nur, die Vorschriften einzuhalten.

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