In Deutschland herrscht in vielen Bereichen Fachkräftemangel. Einige Betriebe holen deshalb ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland. Das läuft meist gut organisiert über Programme ab, die den Menschen einen guten Start bieten sollen. Wer auf eigene Faust nach Deutschland kommt, um hier zu arbeiten, hat es hingegen nicht immer leicht. So etwa Tagelöhner, die auf der Straße auf "illegale" Arbeit hoffen. Das BR-Politikmagazin Kontrovers hat verschiedene ausländische Arbeitskräfte begleitet.
Kontrovers - Die Story: Arbeitsmigranten in Deutschland
Von Marokko nach Bayern
Der Marokkaner Badr Ait Arab beginnt gerade seine Ausbildung zum Isolierer in einem bayerischen Betrieb. Das Projekt, mit dem Badr und 24 weitere Marokkaner nach Deutschland gekommen sind, hat die marokkanische Arbeitsagentur mitorganisiert. Zwei Jahre lang hat sich Badr auf die Ausbildung hier in Deutschland vorbereitet, hat die deutsche Sprache gelernt und sich mit der hiesigen Kultur befasst. Badr ist sehr gut ausgebildet. Neben einer Ausbildung zum Maler hat er das marokkanische Abitur, einen Bachelor in englischer Linguistik, und er spricht fünf Sprachen. Dennoch wollte er unbedingt ins Ausland, weil er in Marokko für sich keine Zukunftsperspektive sah. Die Jugendarbeitslosigkeit dort liegt laut Entwicklungsministerium bei 25 Prozent.
Schulabgänger decken Bedarf nicht
Der Chef der bayerischen Isolierfirma Kermann Isolierungen GmbH, bei der Badr ab jetzt seine Ausbildung macht, ist froh über dieses Projekt. Seit Jahren hat Karlheinz Kermann Probleme, mit den deutschen Schulabgängern seinen Bedarf an Auszubildenden und Angestellten zu decken. Die Hoffnung des Firmenchefs liegt jetzt auf ausländischen Azubis wie Badr. Der teilt sich mit einem weiteren marokkanischen Lehrling eine Wohnung, die seinem Arbeitgeber gehört. Miete zahlen muss Badr nicht - zumindest im ersten Lehrjahr.
Pflegekräfte für Deutschland weltweit gesucht
In der Pflege fehlen besonders viele Fachkräfte. Deshalb rekrutiert etwa das Bayerische Rote Kreuz auch international, zum Beispiel in Vietnam, den Philippinen oder in Mexiko. Georgina Gutierrez Torres ist so nach Deutschland gekommen. Ihr Arbeitgeber, das Bayerische Rote Kreuz, hat sie angeworben und 12.000 Euro für die Vorbereitung bezahlt – etwa für einen Sprachkurs mit Stipendium, den Flug und das Visum. Georgina hat in Mexiko Pflege studiert, fand dort aber keinen Job. Das Angebot vom Bayerischen Roten Kreuz war für sie eine große Chance – wenn auch sehr fern von ihrer Heimat.
Demografischer Wandel verstärkt sich
In Deutschland wird die Zahl der Menschen, die arbeiten können, immer weniger. Das liegt daran, dass die geburtenreichen Nachkriegsjahrgänge, die sogenannten Babyboomer, langsam alle in Rente gehen und weniger junge Leute nachkommen. Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen, dass sich die Lage nur verbessern würde, wenn Frauen mehr und ältere Menschen länger arbeiteten. Damit die Zahl der potentiell zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte in etwa gleich bliebe, müssten sogar 400.000 Menschen zusätzlich aus dem Ausland hinzukommen.
Suche nach Arbeit auf der Straße
Für Menschen, die wie Badr oder Georgina über Arbeitsprogramme nach Deutschland kommen, wird gut gesorgt. Viele Menschen kommen aber unter weit weniger komfortablen Umständen nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Tagelöhner aus Osteuropa etwa.
Renko und Osman sind zwei von ihnen. Sie stammen aus Bulgarien und suchen täglich in München auf der Straße nach Arbeit. Es ist wie ein stillschweigendes Abkommen, erzählen sie: In Großstädten wie München fahren Transporter dafür bekannte Straßen regelmäßig ab, halten und nehmen Menschen mit, die darauf gehofft haben, als Arbeiter angeheuert zu werden. Das sind meist körperlich anstrengende und schlecht bezahlte Jobs auf dem Bau oder als Putzkraft. Diese Arbeit wird oft nur schwarz bezahlt, es gibt dann also keinen Vertrag und keinen Arbeitsschutz.
Prekäre Situation für Tagelöhner
Im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers berichten die beiden Tagelöhner Renko und Osman, dass es nicht immer Bedarf gibt, sie warten dann also vergebens. Das Geld reicht dann nicht mehr für Essen oder eine Bleibe. Nicht selten bleibt den Arbeitern dann nur die Übernachtung in einem Obdachlosenheim, manche leben auch unter der Brücke. Die Tagelöhner fühlen sich unsichtbar in unserer Gesellschaft, erzählen sie. Dabei wollen sie in Deutschland arbeiten, Steuern zahlen und abgesichert sein – wie die angeworbenen Fachkräfte auch.
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