Sebastianeum Bad Wörishofen.
Bildrechte: BR/Katrin Nöbauer
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Das von Kneipp gegründete Sebastianeum schließt offiziell zum Monatsende. Die Barmherzigen Brüder sind bereits ausgezogen.

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Aus für Kneipps Gründungshaus: Sebastianeum schließt

Aus für Kneipps Gründungshaus: Sebastianeum schließt

Drei Einrichtungen hat Pfarrer Sebastian Kneipp in Bad Wörishofen gegründet, mit dem Sebastianeum schließt die letzte von ihnen. Der Grund: hohe Verluste. Wie es mit dem historischen Gebäude in der Kneippstadt nun weitergehen soll.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Ich erkläre hiermit, dass ich die Barmherzigen Brüder hierher berufen habe, damit diese meine Methode vollständig erlernen, nach meinem Tode dahier weiterführen und die von mir erbauten und ihnen übergebenen Anstalten leiten", steht auf der Tafel im mittlerweile geschlossenen Eingangsbereich des Sebastianeums. Es ist ein Zitat von Sebastian Kneipp aus dem Jahr 1894. Doch rund 130 Jahre später fährt das Sebastianeum – mittlerweile eine Reha-Einrichtung – für den Orden zu hohe Verluste ein.

"Keine positive Entwicklungsperspektive für die Zukunft"

Laut Ansgar Dieckhoff, dem Verwaltungsdirektor des Ordens der Barmherzigen Brüder, erwirtschaftete das Sebastianeum im Zeitraum von 2018 bis 2022 ein Defizit von 7,5 Millionen Euro. Für das laufende Jahr erwartete der Orden Verluste in Höhe von 1,5 Millionen Euro. "Ohne diesen ausufernden wirtschaftlichen Druck wäre es von Seiten des Ordens selbstverständlich auch nicht zur Einstellung des Geschäftsbetriebs gekommen", teilte der Verwaltungsdirektor schriftlich mit.

Verkauf an Glass-Firmengruppe

Der Orden habe bundesweit Kontakt zu 23 Reha-Betreibern aufgenommen, doch keiner habe den Betrieb übernehmen wollen, hieß es Ende August auf der Website des Sebastianeums. Verkauft hat der Orden das zum Teil denkmalgeschütze Gebäude dann an eine Tochter der Glass-Firmengruppe, der auch schon das Kneippianum und die Kneippsche Kinderheilstätte gehören. Der Mindelheimer Baununternehmer Dieter Glass teilte dem BR schriftlich mit, dass der Zuschlag für seine Firma überraschend kam – mit den Worten "Sie sind nicht unser 1. Wunschkandidat."

Das plant der neue Eigentümer

Eine Motivation zum Kauf der Kneippschen Häuser sei in erster Linie der Erhalt der historischen Gebäude gewesen, so Glass. Das Hauptgebäude des Sebastianeums etwa sei 1891 eröffnet und mehrmals umgebaut worden. Eine schnelle Nachnutzung – noch diesen Winter – sei deshalb unrealistisch. "Wir werden zuerst eine Bestandsaufnahme durchführen um den Sanierungsbedarf für die 10.000 Quadratmeter große Bruttogeschossfläche zu ermitteln. Das anschließende Konzept für die Wiederbelebung des Gebäudes werden wir mit der Stadt Bad Wörishofen und dem Kneipp-Bund abstimmen", teilte Glass schriftlich mit.

Kneipp-Bund hatte auch Interesse an Sebastianeum

Der Kneipp-Bund war, unter Beteiligung der Stadt, selbst am Kauf des Sebastianeums interessiert gewesen – allein schon wegen des ideellen Werts, erzählt Präsidentin Christina Haubrich. Immerhin sei im Sebastianeum beispielsweise noch immer Sebastian Kneipps historisches Sprechzimmer vorhanden. Bei der Frage, inwiefern ein konkretes Kaufangebot gemacht wurde, unterscheiden sich die Aussagen der Beteiligten jedoch. Bad Wörishofens Erster Bürgermeister Stefan Welzel, der auch Schatzmeister des Kneipp-Bunds ist, wurde kritisiert, weil er den Stadtrat nicht mit einbezogen hatte - das allerdings unter Berufung auf die von den Barmherzigen Brüdern geforderte Vertraulichkeit.

"Die Entscheidung ist aber im Endeffekt auch getroffen, der Verkauf ging an ihn (Bauunternehmer Glass, Anm. d. Redaktion) und der Kneipp-Bund wird jetzt in seinen eigenen Räumlichkeiten investieren und das Erbe Kneipp weiter erleben lassen", sagt Präsidentin Haubrich. Der Kneipp-Bund sei aber natürlich jederzeit bereit, mit seinem Wissen zu unterstützen. Haubrich hofft, dass eine Nachnutzung im Sinne Kneipps gefunden wird.

Wie beim Kneippianum: Nachnutzung im Sinne Kneipps

So wie etwa für das Kneippianum, in dem sich nun die psychosomatische Heiligenfeld-Klinik befindet. Diese Nachnutzung findet auch Bürgermeister Stefan Welzel ideal. Beim Sebastianuem könnte er sich eine Kooperation mit Glass Bau vorstellen. Wie genau die aussehen könnte, müssten künftige Gespräche erst noch zeigen. Eine Idee wäre etwa, die Kurdirektion und Tourist-Info mit ins Sebastianeum zu bauen, um einen noch zentraleren in der Stadt zu haben. Für ihn sei nur wichtig, dass der vordere, historische Gebäudeteil öffentlich zugänglich sei, so Bürgermeister Welzel.

"Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass das weitergeht, auch in diesem Gebäude. Auf der anderen Seite, Kneipp ist viel, viel mehr und wird auch in der Wahrnehmung in Bad Wörishofen so gesehen. Also einfach dieses Körper, Geist und Seele-Thema und das ist natürlich auch das, was weiterhin bei uns gelebt wird". Stefan Welzel, Erster Bürgermeister Bad Wörishofen

79 Mitarbeitende von Schließung betroffen

79 Mitarbeitende sind von der Schließung des Sebastianeums betroffen. Darunter auch die Mutter von Gözde: 17 Jahre arbeitete sie im Sebastianeum, derzeit ist sie krankgeschrieben. "Es ist natürlich doof, dass sie nicht mehr zurückkommen kann, wenn es ihr besser geht. Aber da schauen wir jetzt einfach mal positiv drauf", berichtet die Tochter.

Bürgermeister Welzel erzählt, er habe schon von anderen Einrichtungen in Bad Wörishofen gehört, die einzelne Mitarbeitende übernommen hätten. Der Verwaltungsdirektor der Barmherzigen Brüder teilte mit, dass die Arbeitsverträge der Mitarbeitenden noch bis Ende Dezember bzw. Ende März laufen – je nach Anstellungslänge. "Aus den Gesprächen mit den Mitarbeitern bekomme ich Rückmeldungen bezüglich der Arbeitsmarktsituation, welche uns recht positiv stimmen", so Dieckhoff.

Kneipp und Bad Wörishofen

Pfarrer Sebastian Kneipp prägte Bad Wörishofen wie kein anderer. Als Beichtvater der Dominikanerinnen kam er 1855 in das kleine Dorf – damals nur Wörishofen, ohne Bad - damit er keinen "Unfug" mehr anstelle, erzählt Bürgermeister Welzel. Denn Kneipps Heilmethoden kamen zunächst nicht gut an bei der Ärzteschaft, der kirchlichen Aufsicht und den gewöhnlichen Leuten. Doch schnell sprach sich der Erfolg seiner Heilmethoden herum und immer mehr Menschen kamen nach Wörishofen. Die Stadt wuchs mit seiner Erfolgsgeschichte.

Vom Erlös seiner Bestseller-Bücher gründete er drei Heilstätten: Das Sebastianeum, das Kneippianum und die Kneippsche Kinderheilstätte. Diese mietet derzeit übergangsweise das Unterallgäuer Landratsamt als Unterkunft für rund 140 Geflüchtete aus der Ukraine an. Für danach führt Dieter Glass eigenen Angaben nach bereits Gespräche mit der Regierung von Schwaben zu sozialem Wohnungsbau.

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