Direkt nach den Weihnachtsfeiertagen haben viele Ärztinnen und Ärzte ihre Praxen nicht geöffnet – aus Protest gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
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Ärzteverbände hatten zum Streik aufgerufen
Gestreikt wurde unter anderem in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und Bremen, aber auch in kleineren Städten und auf dem Land. Die Medizin werde "kaputtgespart", die Arztpraxen würden "ausgeblutet", so der Vorwurf der Berufsverbände an die Politik. Der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 bleibt aber aufrechterhalten.
Ärzteverbände hatten dazu aufgerufen, Hausarzt- und Facharztpraxen bundesweit zwischen den Jahren geschlossen zu halten. Da nach dem Protest das Wochenende und der Neujahrstag folgen, dürften die Arztpraxen erst am 2. Januar wieder öffnen.
Mehrere zehntausend Praxen könnten geschlossen bleiben
Die von Mittwoch bis Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne "Praxis in Not", die von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird.
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte konnte am Mittwoch keine Angaben zur Zahl der beteiligten Praxen machen, weil der Streik dezentral organisiert werde. Man rechne aber mit bundesweit mehreren zehntausend geschlossenen Praxen, erklärte eine Sprecherin.
Virchowbund verteidigt Streik und beklagt überbordende Bürokratie
Der Bundesvorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich, hat den Streik niedergelassener Ärzte gegen die Gesundheitspolitik von Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigt. Er beklagte im ZDF-"Morgenmagazin" eine überbordende Bürokratie. "Hier muss endlich mal der Gordische Knoten durchschlagen werden, damit die Praxen entlastet werden von Dingen, die uns von den Patienten abhalten", sagte Heinrich.
In vielen Praxen gebe es einen Aufnahmestopp, weil das Geld zur Behandlung fehle, erklärte Heinrich. Viele Ärzte gingen deswegen früher als geplant in Rente. Er bemängelte die Streichung der sogenannten Neupatientenregelung zu Jahresbeginn, die Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize bot, damit sie neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten. Nun würden für einen Euro an Leistungen für neue Patienten nur noch 70 Cent bezahlt.
Patientenschützer und Lauterbach ohne Verständnis für "Streik"
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hatte die angekündigten Schließungen kritisiert, da dieser aus seiner Sicht vor allem alte und schwache Menschen trifft.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte dazu dem RBB: Er habe Verständnis dafür, dass sich Ärzte für eine bessere Bezahlung einsetzen und auch gegen zu viel Bürokratie protestieren. Doch die Forderungen der Ärzteschaft seien bekannt, sagt Lauterbach. Und an einer Lösung werde gearbeitet. Deshalb habe er, so der SPD-Politiker, kein Verständnis für einen Streik – gerade jetzt, wo so viele Menschen krank seien.
Lauterbach will sich mit den Hausärzten im Januar zu einem Krisengipfel treffen, um über die beklagte Überlastung und die viele Bürokratie in den Praxen zu beraten. Ein solches Treffen hatten zuvor Hausärztinnen und Hausärzte gefordert. In den vergangenen Monaten war es aus Protest mehrfach zu Praxisschließungen gekommen.
Mit Informationen von dpa.
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