Wirtschaftsweise Monika Schnitzer diskutierte in der Münchner Runde über die Zukunft der deutschen Autoindustrie.
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Wirtschaftsweise Monika Schnitzer diskutierte in der Münchner Runde über die Zukunft der deutschen Autoindustrie.

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Autoindustrie unter Druck – Verpassen wir den Anschluss?

Autoindustrie unter Druck – Verpassen wir den Anschluss?

Die deutsche Autoindustrie steckt in der Krise: Es häufen sich Meldungen von Gewinneinbrüchen und Stellenabbau, bei der Elektromobilität droht China den deutschen Herstellern den Rang abzulaufen. Wie kann die Transformation trotzdem gelingen?

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

Die Automobilindustrie ist - gemessen am Umsatz - die mit Abstand größte Industriebranche des Landes. Allein in Bayern sind dort 200.000 Menschen beschäftigt.

Doch zuletzt häufen sich die Negativ-Meldungen: Konzerne wie BMW meldeten Gewinnrückgänge, Volkswagen kündigte Tarifverträge und ebnete somit den Weg für betriebsbedingte Kündigungen.

Brossardt: Industrie befindet sich "im freien Fall"

Von einer "sehr schwierigen Situation" der gesamten deutschen Industrie berichtet Prof. Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft. Man habe nicht rechtzeitig kommen sehen, dass China ein so starker Konkurrent werden würde. Dies gelte besonders für die Automobilbranche, die maßgeblich vom Export abhängig ist. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), zeichnete in der Münchner Runde im BR Fernsehen ein düsteres Bild: Die gesamte deutsche Industrie befinde sich aktuell im freien Fall.

Zuletzt häuften sich Nachrichten von Insolvenzen und Entlassungen bei Automobilzulieferern. Schnitzer erklärte diese Entwicklung damit, dass die Autohersteller in der Vergangenheit deutlich mehr Gewinne gemacht hätten als die Zulieferer: "Diese haben nicht so viele Rücklagen, um die Transformation zu gestalten."

Autozulieferer unter Druck: "Wird nicht jeder schaffen"

Die Wirtschaftsweise erklärte aber auch, dass einige Zulieferer selbst verantwortlich für ihre wirtschaftliche Misere seien: "Die wissen schon lange: Wenn sie sich nicht umstellen, dann werden sie ausscheiden und neue werden anfangen." Für Schnitzer ist klar: "Das wird nicht jeder schaffen." Es handle sich aber um einen sehr natürlichen Prozess – schließlich habe es in den vergangenen Jahren so wenig Insolvenzen wie noch nie gegeben.

Die Arbeitnehmer wiederum sollten, so Schnitzer, dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht würden: Beispielsweise bei Batterieherstellern. Widerspruch erhielt sie von Brossardt. Dieser warnte, man dürfe den Menschen nichts vormachen. Es werde in den kommenden Jahren "einen ziemlich intensiven Beschäftigungsabbau“ in der Autobranche geben.

Gewerkschaftsvertreter: Gewinneinbrüche kommen nicht überraschend

Horst Ott, Betriebsleiter der IG Metall in Bayern, sagte: Es sei früh klar gewesen, dass durch die Transformation immense Kosten auf die Autoindustrie zukommen würden: "Wer ein Haus umbaut, der weiß, dass er Geld braucht." Und in der Zeit des Umbaus könnten eben nicht dieselben Gewinne erwirtschaftet werden, wie wenn die Transformation abgeschlossen sei. Er verstehe die Aufregung über Gewinneinbrüche deswegen "nicht so ganz". Es ärgere ihn jedoch, dass die Beschäftigten die Leidtragenden dieser Entwicklung seien – diese könnten gar nichts für die aktuelle wirtschaftliche Situation der Konzerne.

Andere Länder bei E-Mobilität schon weiter

Der Gewerkschaftsvertreter kritisierte zudem, dass es in Deutschland auch politisch keinen klaren Kurs in Sachen E-Mobilität gebe. Auch deswegen seien, so Ott, Arbeitsplätze in Gefahr. Sein Fazit: "Wir haben Entwicklungen verpennt in Deutschland". Problem sei, dass bei der Transformation der deutschen Automobilindustrie viele Entscheidungen zu spät gefallen seien – und am Ende nicht konsequent durchgezogen worden seien.

Monika Schnitzer teilte diese Einschätzung – die Chinesen bräuchten gar kein Verbrenner-Aus, dort würden jetzt schon mehr Elektroautos als Verbrenner-Autos gekauft werden. Auch in den anderen europäischen Ländern würden mittlerweile mehr Elektroautos verkauft. Dies liege auch daran, dass dort – anders als in Deutschland – die Abkehr vom Verbrenner-Auto hin zur Elektromobilität politisch nicht ständig infrage gestellt werde.

Wettbewerb mit China: Sind Strafzölle eine Option?

Florian Huettl, CEO des Autoherstellers Opel, konstatierte einen "Technologierückstand" Deutschlands gegenüber Anbietern aus China oder den USA. Dieser betreffe Bereiche wie Software oder Batterietechnologie.

China hat die Möglichkeit, wesentlich günstiger zu produzieren – das günstigste chinesische Elektroauto kostet weniger als 10.000 Euro, mit solch niedrigen Preisen können die deutschen Hersteller bislang nicht dienen. Strafzölle auf chinesische Autos zu erheben, wie es in der Vergangenheit diskutiert wurde, halte er trotzdem für kein probates Mittel, so Huettl. Diese würden nur Gegenmaßnahmen hervorrufen. Man müsse stattdessen den Wettbewerb mit China annehmen.

Zölle seien "nie die Lösung", fand auch Brossardt. Er wies darauf hin, dass für Bayern der chinesische Markt noch wichtiger sei als für die restliche Bundesrepublik. Horst Ott von der IG Metall sprach sich ebenfalls gegen Strafzölle aus – er betonte aber, dass China durch staatliche Subventionen den Wettbewerb verzerre: "Wir laufen gegen einen Konkurrenten an, bei dem wir keine Chance haben, weil er massiv vom Staat subventioniert wird." Anders sehe es bei der Qualität der Produkte aus.

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