Das Projekt zur Wiederansiedelung der Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden geht 2024 ins vierte Jahr. Bisher wurden fünf Greifvögel ausgewildert, vier Weibchen und ein Männchen. Um Bartgeier "Nepomuk", der im letzten Frühsommer ausgewildert wurde und in einer BR-Aktion seinen Namen erhielt, machten sich die Experten jedoch vor einigen Wochen große Sorgen.
"Nepomuk" am Flügel verletzt
Laut seinem Bewegungsprofil schwang er sich nur mehr höchst selten in die Lüfte. Es wurde sogar eine Bleivergiftung vermutet. Bei einem Lokalaugenschein in den Hohen Tauern, wo sich der junge Bartgeier aufhielt, stellte sich heraus, dass der Jungvogel an einem Flügel verletzt ist und schlecht fliegen kann. Der Projektleiter des Landesbundes für Vogelschutz, Toni Wegscheider, geht davon aus, dass "Nepomuk" einem eingesessenen Bartgeierpaar zu nah an dessen Horst gekommen war und ihn die Altvögel mit Attacken in der Luft vertreiben wollten – was ihnen auch gelang.
Rückflug in die alte Heimat
"Nepomuk" startete mit lädiertem Flügel zu einem 80 Kilometer langen Flug zurück in die "alte" Heimat: zur Halsgrube in den Nationalpark Berchtesgaden. Dort war bereits alles für eine mögliche tierärztliche Versorgung vorbereitet. Der Bartgeier musste jedoch nicht eingefangen werden, er erholte sich eigenständig. Im Dezember machte er sich wieder auf zu weiteren Flügen. "Nepomuk" ist der erste Bartgeier, der in Slowenien gelandet ist. Inzwischen ist er allerdings im Gebiet des Dobratsch in Villach/Kärnten unterwegs.
"Bavaria" wartet im Tennengebirge auf Partner
Auch die vier Bartgeierweibchen sind fit: "Sisi" fliegt im Lungau nahe Zederhaus, "Dagmar" schwingt sich nahe des Älplihorns in der Schweiz in die Luft und "Recka" ist im Gebiet der "Hohen Tauern" unterwegs. Bartgeier-Experte Toni Wegscheider glaubt, dass "Bavaria", der älteste im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier, als erster Vogel wohl ein dauerhaftes Revier aufgeschlagen hat. Im Tennengebirge wartet sie auf einen potentiellen Partner, der ihr über den Weg fliegt. Eier legen und damit selbst für Nachwuchs sorgen, können Bartgeier-Weibchen erst mit etwa fünf Jahren.
60 Jungvögel im Alpenraum aufgezogen
Im Jahr 2023 gab es im Alpenraum genügend Nachwuchs: rund 60 junge Bartgeier wurden von wild brütenden Vögeln groß gezogen, so Toni Wegscheider auf BR-Anfrage. Anfang März schlüpfen die ersten Bartgeier-Küken in den verschiedenen europäischen Aufzuchtstationen. Erst dann würde feststehen, woher die Bartgeier stammen, die vermutlich Ende Mai erneut im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert werden, so Wegscheider.
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