Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Nationalpark Berchtesgaden haben zum zweiten Mal zwei junge Bartgeierweibchen ausgewildert. Es war ein nasskalter Empfang für die Vögel, die aus einer Aufzuchtstation in Andalusien kommen: Unter strömendem Regen wurden sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Auch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) war dabei.
Bei einer Pressekonferenz wurden sie auf die Namen Dagmar und Recka getauft: Recka nach der einzigen Tochter von "König Watzmann" aus einem Werk von Ludwig Ganghofer, Dagmar verdankt ihren Namen einem langjährigen LBV-Spender.
Dagmar und Recka wiegen bereits fünf Kilo
Der Medienandrang war groß, auch Schaulustige waren extra zum Klausbachhaus gekommen, um die Bartgeier aus nächster Nähe zu bestaunen: Ein imposanter Anblick sind sie mit ihrem grauen Gefieder, dem roten Ring um die Augen und ihrem Bart am spitzen Schnabel. Fünf Kilogramm bringen die Bartgeiermädchen schon auf die Waage. Sind sie dann mal ausgewachsen, können sie eine Flügelspannweite von fast drei Metern bekommen. Der Bartgeier gehört damit zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt.
Ranger und Mitarbeiter des LBV luden die Geier schließlich in Holzkisten und trugen sie zu Fuß – zum Teil über steiles Berggelände und im strömenden Regen – zur Felsennische am Fuß des Knittelhorns im Klausbachtal.
Bartgeier müssen sich erst anfreunden
Rund zwei Stunden später dann die frohe Nachricht: Die Bartgeier und ihre Begleiter sind sicher in der Felsennische angekommen. Die Vögel bekamen ihre GPS-Sender, damit die Experten ihre Position verfolgen können. Ab sofort sind die Bartgeier nun auf sich allein gestellt. Da sie in verschiedenen Gehegen in Spanien aufgewachsen sind und sich beim Zwischenaufenthalt im Tiergarten Nürnberg nur durch eine Trennwand sehen konnten, lernen sich die beiden jetzt erst richtig kennen. "Das kann ruppig werden", sagte Projektleiter Toni Wegscheider vom LBV. "Aber die werden sich schon zusammenraufen."
"Heute ist ein guter Tag für die Artenvielfalt", sagte Umweltminister Glauber, dessen Ministerium das Projekt bis Ende 2023 unterstützt. Die Rückkehr der Greifvögel nach Bayern sei ein "Meilenstein für den Artenschutz". Partner des Projekts ist auch der Tiergarten Nürnberg mit seiner Quarantänestation in Schwaig.
Webcam ermöglicht Blick in die Felsennische
Wer Interesse hat, kann die beiden Geierweibchen in ihrer Felsennische rund um die Uhr über eine Webcam beobachten. Die beiden Vorbewohnerinnen Wally und Bavaria – beide mit Dagmar und Recka verwandt – sind so bereits zu regelrechten Internetstars geworden.
- Zur Bartgeier-Webcam des LBV geht's hier.
Umso größer war die Anteilnahme, als vor anderthalb Wochen die Bartgeierdame Wally tot im Zugspitzmassiv aufgefunden wurde. Noch laufen die forensischen Untersuchungen, die wohl in den kommenden Tagen erste Ergebnisse zur Todesursache liefern könnten. Der LBV jedenfalls spricht immer noch von einem vollen Erfolg des Projekts. Das langfristige Ziel: Der Bartgeier soll in Bayern wieder heimisch werden – nachdem er hierzulande mehr als 100 Jahre lang ausgerottet war.
In etwa einem Monat sind die beiden flügge
Doch noch sitzen die beiden Bartgeier erstmal gemütlich in ihrem Nest aus Fichtenzweigen und Schafwolle. Denn fliegen können sie noch gar nicht. In etwa einem Monat werden sie dann wohl flügge und den Nationalpark aus der Luft erkunden.
Die drei Monate alten Dagmar und Recka stammen aus einem Zuchtprogramm in Spanien – wie ihre Artgenossen Wally und Bavaria, die vor einem Jahr im Nationalpark angesiedelt worden waren. Eine der beiden "Neuen" ist eine Schwester Wallys, die andere eine Cousine von Bavaria, die weiter ihre Kreise zieht, teils bis nach Wien.
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