Samstagnachmittag auf der Autobahn A3 bei Pocking in Niederbayern: Jetzt ist eine präzise Abstimmung zwischen Polizei und Bauleitung wichtig. Denn hier wird gleich die Autobahn, nur wenige Kilometer vor der österreichischen Grenze, komplett gesperrt.
"Ab 20 Uhr wird der Verkehr komplett abgeleitet, dann wird die Polizei durchfahren und wird entsprechend schauen, ob sich kein Fahrzeug mehr drin befindet", erklärt Polizeihauptkommissarin Michaela Meisetschläger. Dann ist die Bauleitung am Zug.
Hoher Zeitdruck für Bauarbeiter
Pünktlich um 20 Uhr: Die Autobahn ist gesperrt, die Arbeiten auf der Nachtbaustelle können starten. Damit möglichst wenig Zeit verloren geht, ist gute Vorplanung unglaublich wichtig, erzählt Josef Hackl, der Polier dieser Baustelle.
In den kommenden Stunden werden die Bauarbeiter an einer neuen Brücke arbeiten, die über die Autobahn führt. Dafür müssen tonnenschwere Stahlträger abgebaut werden – direkt über der Fahrbahn in beiden Richtungen. In nur zwölf Stunden müssen die Arbeiter fertig sein. Dann soll der Verkehr auf der Autobahn A3 wieder regulär fließen können. Wir, Reporter des BR-Politikmagazins "Kontrovers", begleiten sie in dieser Nacht.
Arbeitsbedingungen riskanter als erwartet
Damit der enge Zeitplan von zwölf Stunden auch wirklich eingehalten werden kann, muss alles reibungslos funktionieren, jede Verzögerung würde den Zeitrahmen sprengen. Und das fordert enorme Konzentration: 18 riesige Stahlträger müssen die Arbeiter demontieren. Denn jeder Stahlträger wiegt etwa fünf Tonnen und muss von den Bauarbeitern in luftiger Höhe abgebaut werden. Keine ungefährliche Arbeit. Doch wie heikel die Arbeiten tatsächlich sein werden, erfahren wir erst, als es für uns plötzlich heißt: Stopp.
Ein Vorarbeiter beschwert sich. Er gehört zu einer Sub-Firma, die die Stahlträger abbaut. Er will nicht, dass wir ihn und sein Team filmen – obwohl wir lange angekündigt waren und eine offizielle Drehgenehmigung haben.
Sehen Sie hier die Kontrovers-Story: 24-Stunden-Baustelle auf der Autobahn
Zeitplan vor Sicherheit?
Erst, als wir die Kamera ausschalten, erfahren wir, dass manche Arbeiter auf dieser Baustelle keine Seilsicherung haben, obwohl das für Bauarbeiten in dieser Höhe offenbar vorgeschrieben ist. Der Vorarbeiter erklärt uns, dass die Bauarbeiten mit Seilsicherung viel länger dauern würden. Der Zeitplan könne so niemals eingehalten werden. Uns fällt außerdem auf: Nicht alle Bauarbeiter tragen Helme. Eine Sicherheitsunterweisung habe es aber gegeben, schreibt uns die Autobahn GmbH.
Kontrovers-Dreharbeiten haben Prüfung zur Folge
Auf Anfrage teilt uns die Autobahn GmbH mit, dass die Einhaltung der Vorschriften bei Arbeitssicherheit und des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes "stichprobenhaft" kontrolliert würden. Auch hier, wie man uns schriftlich mitteilt: "Beim Aushub des Traggerüsts erfolgte die Kontrolle um 23:15 Uhr". Nach unserer Anfrage soll nun nachträglich geprüft werden, warum Sicherheitsvorschriften bei dieser Nachtbaustelle offenbar nicht eingehalten wurden.
Alles für den Zeitplan? Bauarbeiter gehen hohe Risiken ein
Immerhin, den vorgegebenen Zeitplan konnten die Bauarbeiter einhalten: Nach etwa zehn Stunden sind sie fertig. Alle Stahlträger sind abmontiert – ohne weitere Vorfälle.
Bauleiter Johannes Moosbauer ist kurz vor Ende der Bauarbeiten spürbar erleichtert: "Wir sind sehr froh, dass nichts passiert ist, bei den schweren Trägern und bei dieser Arbeitshöhe." Gleich wird hier auf der Autobahn der Verkehr wieder fließen können. Welche Risiken die Bauarbeiter heute Nacht auf sich genommen haben, um ihnen eine ungehinderte Fahrt ermöglichen zu können, werden die wenigsten Autofahrer wissen.
Die Kontrovers-Story können Sie heute Abend um 21:15 Uhr im BR-Fernsehen sehen, oder schon vorab in der Langversion auf dem YouTube-Kanal von BR24.
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