Routiniert legt Miriam Zeller auf einer Baustelle in Hilpoltstein (Lkr. Roth) ihren Meter an die Wand, hält Fliesen an und überlegt. Die 21-Jährige soll in diesem Haus ein kleines Bad fliesen. Zuerst werden die Fliesen zugeschnitten, Aussparungen geflext und der Fliesenkleber angerührt. In nur einer Stunde ist die Hälfte der kleinen Wand fertig. "Ich schau, dass ich fix bin", schmunzelt Miriam.
Miriam sollte keine Fliesenlegerin werden
Die Fugen sind gleichmäßig und gerade. "Das mach ich nach Auge", sagt die junge Frau und spachtelt weiter Fliesenkleber an die Wand. Das klingt einfach. Ist es aber nicht. Miriam ist talentiert. Das sagt auch ihr Papa Hans Zeller. Der war am Anfang nicht begeistert, dass seine Tochter Fliesenlegerin werden will. Er selbst hat seit 40 Jahren einen Fliesenlegerbetrieb. Seiner Tochter wollte er die schwere Arbeit nicht zumuten. Deshalb startete Miriam erst einmal eine Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau.
In diesem Beruf war Miriam aber nicht glücklich. Am Ende hat sich die 21-Jährige durchgesetzt und ihre Ausbildung zur Fliesenlegerin gemacht. "Jetzt habe ich halt doch mein Kopf durchgesetzt. Jetzt mach ich es doch", sagt Miriam und strahlt. Sie liebt ihre Arbeit. Und auch ihr Vater gibt zu, dass er nicht gedacht hätte, wie viel Talent seine Tochter hat. "Sie hat schon ein außergewöhnliches Talent dafür. Da bin ich selbst ein wenig überrascht worden. Da muss ich ganz ehrlich sein", sagt Hans Zeller.
Miriam ist in der Fliesenleger-Nationalmannschaft
Die junge Handwerkerin ist sogar so gut in ihrem Job, dass sie im vergangenen Jahr die bayerischen Meisterschaften der Fliesenleger gewonnen hat. Nun ist sie Teil der Fliesenleger-Nationalmannschaft. Fünf junge Männer und Miriam reisen wegen der Trainings und Wettbewerbe durch Deutschland und Europa. Im Mai wollte sich Miriam bei den "GermanSkills" für die Weltmeisterschaft qualifizieren, musste aber einem Teamkollegen den Vortritt lassen. Sie darf allerdings zusammen mit ihrem Teamkameraden Philipp Schlegel zum "Alpen Cup" nach Bozen fahren und bei diesem Wettbewerb Deutschland vertreten. Hans Zeller ist stolz auf seine Tochter und ihre Leistungen. "Gerade in der Nationalmannschaft. Was sie da alles lernt – speziell im kreativen Bereich. Das könnte ich ihr im normalen Alltagsleben nicht beibringen", sagt er.
Traumjob: Fliesenlegerin
Ob Miriam den Betrieb ihres Papas einmal übernehmen wird, weiß sie noch nicht. "Das ist ja schon eine Lebensaufgabe", sagt sie. Ihr Vater sieht es gelassen. "Ich bin nicht der, der sagt, der Betrieb muss erhalten werden. Das bleibt ihr überlassen", so Hans Zeller. Als nächstes will Miriam erst einmal die Meisterschule machen und vielleicht auch in einem anderen Betrieb arbeiten. Aber das weiß sie noch nicht so genau. "Ein Schritt nach dem nächsten", sagt Miriam und schneidet gekonnt eine Fliese auf das richtige Maß. Was sie weiß, ist, dass sie ihren Traumjob gefunden hat.
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