Modern gestaltete Bibliothek mit Treffpunkten und Leseecken
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Die Stadtteilbibliothek am Würzburger Hubland möchte ein "dritter Ort" der Kommunikation sein.

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Bayerns Bibliotheken wollen sich zu "dritten Orten" wandeln

Bayerns Bibliotheken wollen sich zu "dritten Orten" wandeln

Robotikkurs und Schachecke, Cafe und Stricktreffpunkt: Die bayerischen Bibliotheken wandeln sich zu Räumen der Begegnung, auch genannt "dritte Orte". Auf ihr Angebot soll der heutige bundesweite "Tag der Bibliotheken" aufmerksam machen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Gemütliche Räume mit Leseecken, Polster- und Spiellandschaften, eine Kaffeebar, und die Bücherregale nicht mitten im Raum, sondern am Rand platziert, eben wie in einem großen Wohnzimmer. In der Stadtteilbibliothek im neuen Würzburger Stadtteil Hubland wurde das Konzept der Bibliothek als "drittem Ort" programmatisch in einem ehemaligen Flugplatz-Tower umgesetzt, sagt Leiterin Eva Eichhorn.

Sie hat beobachtet, dass in ihrer Bibliothek Menschen aller Altersstufen und gesellschaftlicher Gruppen des Stadtteils zusammenkommen. "Manche verbringen halbe oder sogar ganze Tage hier. Das Ausleihen von Büchern steht also gar nicht mehr so im Mittelpunkt."

Nutzung auch außerhalb der Öffnungszeiten

Die Besucherinnen und Besucher holen sich einen Kaffee an der Bar, lesen Zeitungen, lernen für die Uni, spielen, treffen Freunde. Ein bisschen laut wird es manchmal, wenn die Kinder zu sehr toben, "aber daran arbeiten wir", sagt Eichhorn. Dazu kommt, dass Bücherei als "Open Library" täglich von sieben bis 22 Uhr genutzt werden kann, auch wenn kein Personal vor Ort ist. "Man braucht dafür lediglich einen Büchereiausweis und muss mindestens 16 Jahre alt sein."

Bibliothekennutzung bleibt hoch

Die öffentlichen Bibliotheken in Deutschland werden noch immer gut genutzt. Laut deutscher Bibliotheks-Statistik verzeichneten die 7.148 deutschen Bibliotheken im Vor-Corona-Jahr 2019 über 125 Millionen Besuche von 7,4 Millionen aktiven Kunden. Aber gerade die klassischen Büchereien wollen sich verändern.

Den Wandel hin zu "dritten Orten", an denen Menschen in Dialog kommen – ein Konzept des amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg – wird auch vom Deutschen Bibliotheksverband vorangetrieben. Und das nicht, weil die Nutzerzahlen sinken würden, denn das tun sie nicht, sagt Geschäftsführer Holger Krimmer. Er sagt: "Es ist eher so, dass Bibliotheken naturwüchsig in neue Funktionen reinwachsen. Verschieden Studien zeigen, dass ganz unterschiedliche Menschen ihnen hohes Vertrauen entgegenbringen, sie sind niedrigschwellig, kosten keinen Eintritt und es gibt auch keinen Konsumzwang."

User fragen: Was sind "erste" und "zweite" Orte?

💬 BR24-User wie "Sandman" haben in den Kommentaren gefragt, was denn eigentlich "erste Orte" und "zweite Orte" sind. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:

"Dritte Orte" deshalb, weil Soziologe Ray Oldenburg den Lebensraum in erste, zweite und dritte Orte einteilte. Als "erster Ort" wird das Zuhause bezeichnet, der "zweite" ist der Arbeitsplatz. "Dritte Orte" bilden demnach einen Ausgleich zum Familien- und Arbeitsleben. Es handelt sich bei ihnen um Räume der Begegnung, wie etwa Biergärten, Bahnhöfe oder Sportstätten. Sie seien identitätsstiftend für die Menschen und ihre lokale Community. 💬

Finanzierung oft auf dem Land mangelhaft

Problematisch ist häufig die Finanzierung der Bibliotheken. Denn Büchereien sind freiwillige Leistungen der Kommunen. Und deren Haushalte rutschen vielerorts in die Miesen. Gerade der Umwandlungsprozess kostet aber Geld. Deshalb brauchen wir besonders in ländlichen Regionen mehr Fördermittel für den Umbau, sagt Holger Krimmer.

Schachtreff in der Stadtbibliothek Gerolzhofen
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Schachtreff in der Stadtbibliothek Gerolzhofen

Aber auch auf dem Land tut sich etwas, und es gibt bereits vorbildliche Bibliotheken. Etwa in Gerolzhofen im Landkreis Schweinfurt. Die Stadtbibliothek der Kleinstadt bietet zusätzlich zum Büchereibetrieb mit Café mehrere wöchentliche Kurse an, etwa die Schach-AG oder einen Robotikkurs. "Mit solchen Angeboten erreichen wir auch Kinder, die nicht so gerne lesen, aber technisch interessiert sind. Und zusätzlich haben wir den Synergieeffekt, dass sie die Bücherei kennenlernen", sagt Leiterin Anna Scharf.

💡 Bundesweiter "Tag der Bibliotheken"

Der Tag der Bibliotheken findet seit 1995 am 24. Oktober statt. In vielen Bibliotheken wird der Tag mit einem besonderen Programm und Aktionen gefeiert. Der Deutsche Bibliotheksverband verleiht an dem Tag auch die beiden Preise "Bibliothek des Jahres". Der Hauptpreis geht in diesem Jahr an die Bibliothek Nordhausen am Harz, der Preis für kleinere Kommunen an die Stadtbibliothek Alzenau in Unterfranken.

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