Miriam Artmann vom Augsburger Freien Szenetheater Bluespots Productions hat den 48-Stunden-Hackathon "hcknzs" mitorganisiert.
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Miriam Artmann vom Augsburger Freien Szenetheater Bluespots Productions hat den 48-Stunden-Hackathon "hcknzs" mitorganisiert.

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Beim "Hackathon" machen Aktivisten mobil gegen Rechtsextreme

Wie vorgehen gegen den zunehmenden Rechtsextremismus? Das war die zentrale Frage des 48-Stunden-Hackathons "Hack Nazis" in Augsburg. Die Antwort dort: Protestformen wie Spiele, Sticker und Apps entwickeln, die möglichst viele Leute erreichen sollen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Ich war frustriert von der politischen Lage im Land, habe mich gefragt, was ich persönlich beitragen kann", sagt Moritz Jacobs. Gerade sitzt er zusammen mit zwei anderen Softwareentwicklern und einer Entwicklerin an einem großen Tisch, alle sind in ihrer Arbeit am Laptop vertieft. Jacobs hatte die Idee für den Augsburger 48-Stunden-Hackathon namens "Hack Nazis" - kurz "hcknzs". Ein Hackathon ist eine Veranstaltung, bei der binnen kurzer Zeit kreative Lösungen für ein bestimmtes Problem entwickelt werden.

Hackathon gegen Rechtsextremismus

Die Problemstellung hier in Augsburg ist klar: Wie kann man den erstarkenden Rechtsextremismus in Deutschland bekämpfen? Bei "hcknzs“ arbeitet jedes Team an seinem eigenen Konzept, an seiner eigenen Protestform, um andere Menschen zu erreichen und aufzurütteln - egal ob analog oder digital.

Moritz Jacobs und sein Team zum Beispiel wollen eine App und Webanwendung programmieren, mit der man seinen eigenen Sticker erstellen, personalisieren und dann ganz einfach zum Beispiel im Drogeriemarkt ausdrucken kann. "Unsere Vorstellung ist, dass Leute, die vielleicht in Gegenden leben, die nicht so urban sind, trotzdem zum Ausdruck bringen können, dass auch ihr Dorf ein Problem mit dem Rechtsextremismus in Deutschland hat." Und sich dann etwa Sticker machen könnten, die sich gegen die AfD richten.

Hackathon hat die AfD im Fokus

Beim 48-Stunden-Hackathon geht es hauptsächlich um die AfD. Denn der Verfassungsschutz stuft die Partei bundesweit als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Die Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Genau das treibt die mehr als 30 Menschen hier beim Hackathon um. Sie alle haben verschiedene berufliche Hintergründe, vielen arbeiten in der Softwareentwicklung, manche im sozialen Bereich, andere sind künstlerisch tätig. Sie alle eint die Sorge um einen erstarkenden Rechtsextremismus, sagt Miriam Artmann vom Freien Szenetheater Bluespots Productions.

Kunstschaffende sehen Freiheit der Kunst in Gefahr

Das Augsburger Theaterensemble hat den Hackathon zusammen mit dem Augsburger Friedensbüro organisiert. Artmann sieht die Freiheit der Kunst in Gefahr. "Die Demokratie ist ja eine Vielfalt und wir als Kunstschaffende profitieren von dieser Vielfalt, die wir eingeschränkt sehen", sagt Artmann. Der Hackathon sei deswegen "auch ein Kampf und eine Aktion für unser Fortbestehen und ist nicht nur für uns Kulturschaffende, sondern auch für eine vielfältige Gesellschaft."

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Beim Hackathon wurde auch ein politisches Quiz-Spiel entwickelt.

Hackathon auch anlässlich des Augsburger Friedenfestes

Der 48-Stunden-Hackathon ist erstmals Teil des Kulturprogramms rund um das Augsburger Friedensfest am 8. August. Das Motto dieses Jahr ist "Demokratie", sagt Thomas Weitzel, der Kommissarische Leiter des Friedensbüros in Augsburg. Umso passender und dringlicher sei deswegen eine Veranstaltung wie der Hackathon: "Wir haben eine starke Polarisierung in unserer Gesellschaft. Und wie schaffen wir es, wieder in Dialog zu kommen? Wie schaffen wir es, wieder die Kräfte zusammenzubinden und auch Verständnis und Toleranz füreinander zu haben? Und vielleicht auch wieder Kompromissbereitschaft neu zu lernen?", sagt Thomas Weitzel. Beim Hackathon könnten dafür Lösungen gefunden werden.

Aber auch bei den anderen Veranstaltungen anlässlich des Friedensfestes wie Ausstellungen, Theaterformaten, diskursiven Formaten oder Workshops spiegelt sich das Motto "Demokratie" wider, erklärt Weitzel. Wichtig seien auch die Friedenstafeln, "bei denen sich die Menschen einfach begegnen und jenseits aller Diskurse zusammenkommen können, die Nachbarschaft, Speisen und Getränke miteinander teilen und einfach ins Gespräch kommen." Die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. "Das halten wir auch für gefährlich für eine gelingende Demokratie. Sich darüber Gedanken zu machen, ist auch Teil unseres Programms", sagt Weitzel.

Apps, Spiele und Song entstehen beim Hackathon

Beim Hackathon "Hack Nazis" sind am Ende 16 Projekte entstanden - "unglaublich tolle Projekte", wie Mitorganisatorin Miriam Artmann findet. Darunter Apps, Spiele wie ein politisches Quiz und auch ein Song. Alle Beteiligten hoffen, dass diese Konzepte und Protestformen auch über den Hackathon hinaus Widerhall finden werden - um die Kultur, Freiheit und Demokratie vor rechtsextremen Kräften zu schützen.

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