AfD-Banner der Landtags-Fraktion (Symbolbild)
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"Beschämend": Fraktionen stellen sich im Landtag klar gegen AfD

Nach den vom BR veröffentlichten Chatprotokollen aus der bayerischen AfD hat der Landtag hitzig über die Inhalte und die Konsequenzen daraus diskutiert. Man werde das "sehr genau weiter untersuchen", sagte Innenminister Herrmann.

"Bürgerkriegs-Propaganda", "Schwelle zum Rechtsextremismus überschritten": Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die AfD im Landtag scharf attackiert. Anlass der hitzig geführten Debatte waren die vom BR enthüllten Äußerungen von AfD-Vertretern in einem internen Partei-Chat. Darin schrieb die Landtagsabgeordnete Anne Cyron unter anderem: "Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden."

Herrmann: "Sehr genau weiter untersuchen"

Herrmann nannte die Enthüllungen "wahrlich erschreckend" - es gehe in den Chats um Bürgerkriegsfantasien, Islamhass und die Androhung von Gewalt. Mit solchen Äußerungen werde die Schwelle von Meinungsfreiheit zu Rechtsextremismus eindeutig überschritten. Deshalb werde das vom Verfassungsschutz nun intensiv überprüft. "Wir werden das schon sehr genau weiter untersuchen", sagte er.

Herrmann betonte, in dem Chat seien nicht "irgendwelche Seitenäste der AfD", sondern "offensichtlich die gesamte Führungsschiene" gewesen. Tatsächlich waren in der Gruppe laut der BR-Recherche 16 von 18 AfD-Landtagsabgeordneten sowie große Teile der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des Landesvorstands.

"Entsetzlich und beschämend": Mehrere Anträge wegen AfD-Chat

Die Fraktionen von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD stellten sich in verschiedenen Dringlichkeitsanträgen jeweils gegen die bekannt gewordenen Äußerungen von AfD-Vertretern. Im Antrag der Regierungsfraktionen heißt es: "Wer offen zum Umsturz und zur Revolution gegen unseren Staat und seine demokratischen Institutionen aufruft, bringt seine ablehnende Haltung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung deutlich zum Ausdruck, so dass eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz deutlich näher rückt."

Die Grünen forderten die Staatsregierung in ihrem Antrag auf, über die Sicherheitsbehörden dafür zu sorgen, dass die Chatverläufe "sorgfältig ausgewertet und in die Entscheidung über eine Neubewertung und Beobachtung der gesamten AfD einbezogen werden". Und im Antrag der SPD-Fraktion steht: "Der Landtag verurteilt Aufrufe zu Umsturz und Bürgerkrieg auf das Schärfste. Es ist entsetzlich und beschämend, dass Mitglieder des Landtags an Chats teilnehmen, in denen offen gegen die staatliche Ordnung agitiert wird."

AfD beklagt "Hetzjagd"

Redner der AfD wiesen die Vorwürfe zurück und warfen den anderen Fraktionen eine "Hetzjagd" vor. In einem eigenen Dringlichkeitsantrag forderte die AfD den Landtag unter anderem auf, "die politische Einflussnahme, um einen Einsatz des Inlandsgeheimdienstes gegen die parlamentarische Opposition im Freistaat Bayern herbeizuführen" zu missbilligen. Der Antrag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Nach der Veröffentlichung der AfD-Chatprotokolle hatte die Generalstaatsanwaltschaft München vergangene Woche angekündigt, die Äußerungen zu prüfen. Zuständig ist die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET).

Innenminister: "Das wollen wir nie wieder erleben"

Bayerns Innenminister Herrmann bat in seiner Rede um Unterstützung für die Anträge, in denen die AfD-Äußerungen verurteilt werden. Tatsächlich stimmten schließlich alle Fraktionen bis auf die AfD den entsprechenden Anträgen zu.

Am Ende seiner Rede bemühte Herrmann einen historischen Vergleich. "Das ist eben in der Tat eine Lehre aus der deutschen Geschichte: Wenn die Toleranten zu lange tolerant sind gegenüber fanatisch Intoleranten, kann der Tag kommen, wo die Intoleranten die Macht übernehmen und die Toleranten gar nichts mehr zu sagen haben", sagte er. "Und das wollen wir nie wieder erleben - weder in Bayern noch in Deutschland."

  • Zum Artikel: AfD-Chat - Gruppe gelöscht, Diskussion geht weiter

Parlamentarisches Kontrollgremium weiter ohne AfD

Zuvor war die Landtags-AfD am Mittwoch erneut mit dem Versuch gescheitert, einen Platz im Parlamentarischen Kontrollgremium zu erhalten. Bei der geheimen Abstimmung im Plenum erhielt der von der AfD vorgeschlagene Ulrich Singer 12 von 135 abgegebenen gültigen Stimmen. 120 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Der AfD-Fraktion gehören im Landtag aktuell 18 Abgeordnete an, nicht alle waren bei der Wahl anwesend.

Das Parlamentarische Kontrollgremium kontrolliert unter anderem die Arbeit des bayerischen Verfassungsschutzes. Die CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger betonte vor der geheimen Wahl, das Kontrollgremium sei auch mit sechs Abgeordneten ordnungsgemäß besetzt und voll funktionsfähig. Auch hier nahmen Redner verschiedener Fraktionen Bezug auf die BR-Recherche. Die AfD habe sich "ein für alle Mal" entlarvt und ihre scheinbar bürgerliche Maske vom Gesicht genommen, sagte der Freie-Wähler-Abgeordnete Fabian Mehring.

Singer, der seit kurzem auch Fraktionschef der Landtags-AfD ist, hatte zuvor erklärt, die Fraktion werde den ihr zustehenden Platz vor Gericht erkämpfen. Allerdings hatte der Bayerische Verfassungsgerichtshof einen entsprechenden AfD-Antrag Ende August abgewiesen.

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