In der letzten Zeit drehen sich viele Impfstoff-Behauptungen um angeblich gestiegene Todeszahlen - oder deren angebliche Wirkungslosigkeit.
Bildrechte: THOMAS KIENZLE / AFP
Bildbeitrag

In der letzten Zeit drehen sich viele Impfstoff-Behauptungen um angeblich gestiegene Todeszahlen - oder deren angebliche Wirkungslosigkeit.

Bildbeitrag
> Wissen >

Impfungen: Weder wirkungslos noch Grund für Übersterblichkeit

Impfungen: Weder wirkungslos noch Grund für Übersterblichkeit

Immer wieder erreichen den BR Behauptungen und Gerüchte rund um angeblich auffällig hohe Sterbefallzahlen und die Corona-Impfungen. Wir haben die drei häufigsten von Experten checken lassen. Ein #Faktenfuchs

Anlässlich des Thementages "Gemeinsam gegen Corona" haben den BR zahlreiche Fragen zur Corona-Impfung erreicht. Darunter aber auch Behauptungen rund um die Sterbezahlen und die Corona-Impfungen. Die drei häufigsten Behauptungen im Faktencheck.

Behauptung 1: "Je höher die Impfquote, desto höher die Übersterblichkeit"

In den sozialen Netzwerken macht eine "Notiz" von zwei Psychologen die Runde. Die beiden Männer wurden von der Thüringer Landtagsabgeordneten Ute Bergner (fraktionslos) damit beauftragt, festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Übersterblichkeit in den Bundesländern in den Kalenderwochen 36 bis 40 (06.09. Bis 10.10.21) und der Impfquote der Länder gebe. Bergner übergab das Papier der Thüringer Gesundheitsministerin Heike Werner und argumentierte damit laut einer Pressemitteilung auf ihrer Webseite gegen die Einführung der 2G-Regelung in Thüringen.

Ihre Ergebnisse fassten die beiden Autoren in einem dreiseitigen Papier zusammen. Es trägt die Überschrift: "Je höher die Impfquote, desto höher die Übersterblichkeit". In dem Text sagen die Autoren zwar nicht direkt, dass die Impfung für die Übersterblichkeit verantwortlich sein soll - sie lassen diese Schlussfolgerung aber als eine mögliche Interpretation zu, wenn sie schreiben: "Die direkteste Erklärung ist: 1. Vollständige Impfung erhöht die Sterbewahrscheinlichkeit."

Und genau so wird das Papier auch von vielen im Netz verstanden - obwohl alle Experten, mit denen der #Faktenfuchs gesprochen hat, sowohl der behaupteten Korrelation von Übersterblichkeit und Impfquote als auch der Interpretation der Forscher entschieden widersprechen.

Doch worum geht es? In dem vielfach fälschlicherweise als "Studie" bezeichneten Dokument behaupten die Autoren, es ließe sich zeigen, dass eine höhere Impfquote mit einer höheren Übersterblichkeit einhergeht. Tatsächlich haben sie nur einen Zeitraum von fünf Wochen (KW 36-40) untersucht. Schon für diesen, das sagen Experten, sei eine Korrelation nicht sicher erkennbar. Weder sei der Korrelationskoeffizient, den die Forscher berechnen, auffällig hoch - noch seien die benutzten Methoden verlässlich. Warum, das haben die Kollegen vom ARD-faktenfinder hier erklärt.

Einer, der das so sieht, ist Göran Kauermann, Professor für Statistik an der LMU München, dem der #Faktenfuchs das Papier vorgelegt hat. Dass die Zahlen in den Wochen, die die Autoren angeschaut hätten, korrelierten, sei reiner Zufall, schreibt er in einer Antwort an den #Faktenfuchs. "Nimmt man ein anderes Zeitfenster, so ändern sich die Ergebnisse.“

Korrelation ist nicht gleich Kausalität

Doch selbst wenn man sich auf die Schlussfolgerung einließe, dass in diesen fünf Wochen eine Korrelation erkennbar sei, beweise das noch gar nichts, sagt Felix zur Nieden dem ARD-faktenfinder. Denn: Eine Korrelation sei immer nur ein erster Anhaltspunkt für einen Zusammenhang. Sie "müsse weitere Untersuchungen nach sich ziehen, ob es einen tatsächlichen direkten oder indirekten kausalen Zusammenhang gebe".

Dass eine Korrelation nicht auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweisen muss, sondern auch eine "Scheinkorrelation" sein kann, veranschaulicht das klassische Beispiel der Storchenpopulation. In Baden-Württemberg nahm die Zahl der Storchenpaare zwischen 1965 und 1975 stark ab. Im selben Zeitraum sank auch die Zahl der Geburten. Dennoch würde kaum jemand ernsthaft behaupten, dass beides zusammenhängt.

Dem Schluss, dass eine hohe Impfquote eine höhere Sterblichkeit verursache, widersprechen auch die Fakten. Denn Sterbefälle, die in einem möglichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung stehen, werden in Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) dokumentiert und untersucht. Seit Beginn der Impfkampagne geht das PEI in nur 48 Fällen davon aus, dass es möglich oder wahrscheinlich ist, dass der Tod eines Geimpften auch tatsächlich auf die Impfung zurückzuführen ist.

Autoren distanzieren sich

Inzwischen distanzieren sich sogar die Autoren selbst davon, wie ihre "Notiz" im Internet verwendet wird. Es handele sich dabei "weder um eine wissenschaftliche Publikation noch um eine fundierte wissenschaftliche Studie, die unseren eigenen Qualitätsstandards genügt", heißt es in dem Statement. Und: Sie beweise "keineswegs, dass eine erhöhte Impfquote zu einer erhöhten Sterbewahrscheinlichkeit führt. Wir möchten auch nicht, dass sie dahingehend fehlinterpretiert wird."

Auch der letzte Satz der Stellungnahme ist interessant. "Unter Hinzunahme der jetzt verfügbaren KW 41 ist übrigens die von uns letzte Woche berichtete positive Korrelation nahezu gleich null."

Fazit 1: Verschiedene vom #Faktenfuchs befragte Experten halten die Berechnungen der Jenaer Autoren für methodisch fragwürdig. Eine Korrelation könne bei einem so kurzen Betrachtungszeitraum reiner Zufall sein. Selbst wenn es sie gebe, belege ein solcher Zusammenhang noch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen hoher Impfquote und Übersterblichkeit. Diese Erklärung sei - angesichts der sehr geringen Zahl von möglichen Impftoten in Deutschland - auch nicht plausibel.

Behauptung 2: Es sterben mehr Geimpfte als Ungeimpfte

Eine zweite weit verbreitete Behauptung rund um die Impfungen ist die, dass unter den Corona-Toten mehr Geimpfte seien als Ungeimpfte. So schreibt etwa die AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag in einer Pressemitteilung von Ende November: "50,2 Prozent der Corona-Toten der letzten vier Wochen waren laut RKI doppelt geimpft. Bei den über 60-Jährigen lag der Anteil der vollständig Geimpften sogar bei 71,4 Prozent."

Die Zahlen stimmen, zumindest teilweise. Doch viele ziehen daraus offenbar den falschen Schluss, dass die Impfungen nichts brächten. Dass diese Schlussfolgerung irreführend ist, versichern mehrere Experten dem #Faktenfuchs. Und: Die AfD verwendet in ihrer Pressemitteilung teilweise falsche Zahlen.

Bildrechte: Screenshot: BR
Bildbeitrag

Diese Tabelle findet sich im Wochenbericht des RKI vom 25. November, auf den die AfD sich bezieht.

Die Zahl von 50,2 Prozent geimpften Corona-Toten (älter als 12 Jahre) für die Kalenderwochen 43-46 (die letzten vier Wochen vor Erscheinen der Pressemitteilung am 26.11.) ist korrekt. Sie steht zwar nicht direkt im Wochenbericht des RKI, den die AfD als Quelle angibt, ergibt sich aber, wenn man den Anteil der geimpften Toten über alle Altersklassen hinweg berechnet.

Ungenau ist dagegen die Anschlussformulierung: "Bei den über 60-Jährigen lag der Anteil der vollständig Geimpften sogar bei 71,4 Prozent." Diese Zahl steht zwar in dem Bericht – bezieht sich aber auf die Gesamtzahl der symptomatischen Impfdurchbrüche in der Altersklasse und nicht auf den Anteil der doppelt Geimpften unter den Todesfällen in der Altersgruppe über 60 Jahren. Dieser lag im selben Zeitraum bei 52,5 Prozent (siehe Tabelle oben).

Hoher Anteil vollständig Geimpfter unter den Toten: Kein Beweis für Wirkungslosigkeit der Impfstoffe

Auch diese Zahl mag auf den ersten Blick erschrecken. Wie kann es sein, dass die Mehrheit der Corona-Toten und –Neuinfizierten über 60 Jahre doppelt geimpft war? Bedeutet das nicht, dass die Impfung wirkungslos ist? Eben nicht, sagen Experten. Denn der Anteil der Geimpften unter den Corona-Toten steigt, wenn der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung insgesamt steigt. Da die Impfstoffe nur zu etwa 90 Prozent effektiv sind, lassen sich Impfdurchbrüche nie ganz vermeiden.

Ein steigender Anteil vollständig Geimpfter unter den Impfdurchbrüchen und Corona-Toten ist also zu erwarten. Wären 100 Prozent der Deutschen geimpft, dann wäre der Anteil der doppelt Geimpften an den Corona-Toten logischerweise ebenfalls 100 Prozent. Oder, um ein leicht verständliches Bild zu nehmen: Obwohl bei 100 Prozent der Tore im Fußball ein Torwart in der Nähe ist, kann es zu Toren kommen. Niemand würde daraus schlussfolgern, dass ein Torwart nutzlos ist. Welchen Anteil Geimpfter an den Neuinfektionen zu erwarten ist, stellt das RKI in dem folgenden Diagramm dar.

Bildrechte: Screenshot: BR
Bildbeitrag

Das RKI zeigt in diesem Diagramm, welcher Anteil an Impfdurchbrüchen je nach Impfquote und Effektivität der Impfstoffe zu erwarten ist.

Zehn Prozent ungeimpfte Über-60-Jährige machen 70 Prozent der Intensivpatienten aus

Wie wirksam die Impfungen tatsächlich sind, zeigt ein Vergleich, den der Infektionsepidemiologe Timo Ulrichs, Professor an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften, anstellt: Von den Über-60-Jährigen in Deutschland seien nur zehn Prozent nicht geimpft. Diese zehn Prozent machten in derselben Altersklasse zu einem gewissen Zeitpunkt aber 70 Prozent der Corona-Intensivpatienten aus.

Statt nur den Anteil der Geimpften unter den Corona-Toten anzuschauen, müsste man also das relative Risiko betrachten, an Corona schwer zu erkranken. Eine BR-Kollegin hat sich das für die Kalenderwochen 44-47 (01. bis 28.11.2021) angeschaut: Von 100.000 vollständig geimpften Über-60-Jährigen wurden in diesem Zeitraum nur rund 17 Personen mit Covid-19-Symptomen in ein Krankenhaus eingeliefert. Von 100.000 ungeimpften Über-60-Jährigen waren es zur selben Zeit hingegen 90.

Und: Um die Wirksamkeit der Impfungen angemessen zu würdigen, müsste man sich überlegen, was in der vierten Welle ohne Impfungen passiert wäre, sagt Timo Ulrichs. "Dann hätten wir in dieser vierten Welle Zehntausende Tote mehr."

Die Art und Weise, wie die AfD die Zahlen präsentiert, sei "unsäglich", schreibt auch der LMU-Statistiker Göran Kauermann auf eine Anfrage des #Faktenfuchs. Er hat berechnet, um wie viel höher das Risiko eines ungeimpften Über-60-Jährigen ist, an Covid-10 zu sterben im Vergleich zu einem Ungeimpften der selben Altersklasse: 5,5 Mal so hoch. (Den genauen Rechenweg können Sie hier nachvollziehen.)

Die Zahlen des RKI haben gewisse Einschränkungen – sind aber insgesamt aussagekräftig

Der BR hat sich der Frage, was die Impfungen gebracht haben, bereits in diesem Artikel ausführlich gewidmet. In einem weiteren Artikel gehen wir außerdem auf die häufig geäußerte Kritik ein, dass die Zahlen des Robert Koch-Instituts nicht aussagekräftig seien. Tatsächlich unterliegen sie gewissen Einschränkungen – worauf das RKI in seinen Berichten auch selbst hinweist.

  1. Der Begriff "Impfdurchbruch" wird oft als Synonym für "Covid-19-Infektion trotz Impfung" verwendet. Das RKI zählt jedoch nur Infektionen vollständig geimpfter Personen als "wahrscheinliche Impfdurchbrüche", wenn für diese auch eine klinische Symptomatik gemeldet wurde – also Infektionen, die eine Erkrankung zur Folge hatten. Im Gegensatz dazu gelten laut RKI asymptomatische Verläufe unter vollständig Geimpften nicht als Impfdurchbrüche.
  2. Das RKI betrachtet beim Anteil der Impfdurchbrüche nur die symptomatischen Covid-19-Fälle, die eine eindeutige Angabe zum Impfstatus haben – bei denen also "ungeimpft" oder "vollständig geimpft" angegeben wurde. Todesfälle mit unvollständigen Impfungen oder unbekanntem Impfstatus werden nicht mit einbezogen. Ausreichende Angaben zum Impfstatus hatte das RKI im Beobachtungszeitraum in 85 Prozent der übermittelten symptomatischen COVID-19-Fälle vorliegen und für 71 Prozent der übermittelten hospitalisierten COVID-19-Fälle. Dennoch ist es möglich, dass die Zahl der wahrscheinlichen Impfdurchbrüche unterschätzt und dadurch die Effektivität der Impfstoffe überschätzt wird.
  3. Zudem weist das RKI insbesondere bei der Angabe der Corona-Todesfälle darauf hin, dass es in den jeweils folgenden Wochen immer noch zu Nachmeldungen kommt.

An der Schlussfolgerung, dass nur ein geringer Anteil der auf Intensivstation betreuten bzw. verstorbenen Covid-19-Fälle Impfdurchbrüche sind, ändert das nach Einschätzung des RKI aber nichts. Und auch die BR24-Datenexpertin Claudia Kohler, die sich für den BR mit den Einschränkungen beschäftigt hat, sagt: Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, aussagekräftig sind sie aber sehr wohl.

Fazit 2: In der Tat sterben in den letzten Wochen teilweise mehr doppelt Geimpfte an Covid-19 im Krankenhaus als Ungeimpfte. Das bedeutet aber nicht, dass die Impfstoffe wirkungslos sind. Sondern es hat damit zu tun, dass - insbesondere in den Jahrgängen über 60 - inzwischen 90 Prozent der Menschen geimpft sind. Die verbleibenden zehn Prozent Ungeimpfte haben ein viel höheres Risiko, schwer an Corona zu erkranken. Sie machen derzeit rund 70 Prozent der Intensiv-Patienten aus. Und ihr Risiko an Covid-19 zu sterben, ist 5,5 Mal so hoch wie bei Geimpften.

Behauptung 3: Im Jahr 2020 – ohne Impfungen – sind viel weniger Menschen gestorben

Die Behauptung findet sich in Sharepics, in Youtube-Kommentaren und vielen Twitter-Botschaften: Im Jahr 2020 – als es noch keine Corona-Impfungen gab – habe es viel weniger Ansteckungen und auch weniger Todesfälle gegeben als 2021, dem "Jahr der Impfungen". So schreibt etwa ein User:

„Neuinfektionen 25.11.2020: 16.000 / Impfquote 0%. Neuinfektionen 25.11.2021: 79.000 / Impfquote 70%. Lösung: Impfen, Impfen, Impfen, Impfpflicht. Wie verblödet ist dieses Land?“ (Twitter-User)

Doch der Vergleich hinkt, sagen alle Experten, die der #Faktenfuchs befragt hat. So weist etwa Felix zur Nieden, Experte für Demografie und Sterbefallzahlen beim Statistischen Bundesamt, darauf hin, dass die Behauptung, 2021 sei "das Jahr der Impfungen" grundlegende Tatsachen außer acht lasse: Gerade zu Beginn des Jahres 2021, als die zweite Welle wütete*, starben sehr viele Menschen. Damals waren Impfungen für den Großteil der Bevölkerung noch lange nicht verfügbar.

Bildrechte: Screenshot: BR
Bildbeitrag

Eine RKI-Grafik zeigt den wöchentlichen Verlauf der Sterbefallzahlen in Deutschland für das Jahr 2020.

Und auch sonst ließen sich die Jahre 2020 und 2021 kaum seriös vergleichen, schreibt zur Nieden dem #Faktenfuchs. Denn während es im Herbst 2020 harte Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung gegeben habe, sei das 2021 kaum mehr der Fall gewesen: "Im Spätherbst 2021 waren die Maßnahmen zur Viruseindämmung weniger stark ausgeprägt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (beispielsweise in Bezug auf Großveranstaltungen, geschlossene Gastronomie, weitreichende Kontaktbeschränkungen etc.), was bei diesem Vergleich ebenfalls berücksichtigt werden sollte."

Bildrechte: Screenshot: BR
Bildbeitrag

Sterbefallzahlen im Wochenverlauf für das Jahr 2020 bisher.

Der Statistiker Göran Kauermann weist noch auf einen dritten Punkt hin, der bei den oben genannten Vergleichen oft nicht bedacht wird: Die Übersterblichkeit im Jahr 2021 ist – abgesehen von der ausklingenden dritten Welle im Januar – insgesamt gar nicht so hoch. Seit einigen Wochen steigen die Todesfallzahlen zwar wieder, sie sind aber noch immer um ein vielfaches geringer als während der dritten Welle - und das obwohl die Anzahl der Neuinfektionen mit über 60.000 pro Tag fast dreimal so hoch liegt wie auf dem Höhepunkt der dritten Welle. Damals starben an manchen Tagen 1.000 Menschen am Tag. Anfang Dezember waren es zuletzt eher 500.

Tatsächlich falle die Übersterblichkeit sogar noch etwas geringer aus als aus der Grafik des Statistischen Bundesamtes hervorgehe, sagt Kauermann. Denn die dort genannten Todesraten würden nicht dem Alter der Bevölkerung angepasst. Statistisch sei aufgrund der alternden Bevölkerung aber zu erwarten, dass jedes Jahr etwa zwei Prozent Menschen mehr sterben als im Vorjahr. Wenn man die Übersterblichkeit um diesen Faktor bereinigt, sagt Kauermann, dann "zeigt sich, dass 2021 zumindest bis dato nicht sehr herausstechend ist, von der abklingenden dritten Welle mal abgesehen".

Fazit 3: Die Aussage im Jahr 2020 seien viel weniger Menschen an Corona gestorben als im Jahr 2021 - dem "Jahr der Impfungen" ist irreführend. Denn ein Großteil der Corona-Toten starb auf dem Höhepunkt der dritten Welle, die sich noch bis ins Jahr 2021 zog. Damals war der Großteil der Bevölkerung noch nicht geimpft. Zudem lassen sich die beiden Jahre auch aus anderen Gründen nicht vergleichen: Es gab im Herbst 2020 viel strengere Maßnahmen als er derzeit der Fall ist. Welchen Unterschied die Impfungen machen zeigt sich auch in den Zahlen: Obwohl die Zahl der täglichen Neuinfektionen derzeit fast dreimal so hoch ist wie in der dritten Welle, sterben deutlich weniger Menschen.

*Update: 13.12.2021, 10.20 Uhr. In einer ersten Version des Textes war hier die Rede von der "dritten Welle". Tatsächlich fiel der Januar 2021 noch in die zweite Welle. Wir haben den Fehler korrigiert.