Rettich, Blumenkohl, Karotten, Salat: Das Gemüse auf den Feldern in Gundelfingen sieht trotz der langen Trockenheit gut aus – dank der künstlichen Bewässerung, die oft kritisiert wird, weil Trinkwasser immer knapper wird. An vier von fünf Gundelfinger Gemüse-Feldern gibt es einen Grundwasser-Brunnen, schätzt Werner Hopf. Er ist der Geschäftsführer der Gartenbauzentrale Main-Donau – eine Genossenschaft, der rund 20 Gemüse-Gärtner aus Gundelfingen und Umgebung angehören.
"Ohne die Beregnung hätten wir heuer keine Ernte gehabt. Das war extrem! Bis vor einer Woche hatten wir praktisch null Niederschlag über acht oder zehn Wochen." Werner Hopf, Geschäftsführer der Gartenbauzentrale Main-Donau
Bewässerung kostet Gemüsebauern Nerven und Geld
Doch die Bewässerung kostet Geld und viel Arbeitszeit. Das berichtet Karl Seifried. Den Gemüse-Betrieb hat schon sein Sohn übernommen, aber er hilft noch mit. "Die Bewässerung kostet uns viel Zeit und Nerven, vor allem in der Zeit, wo es so heiß und windig war. Da konnten wir ja nur abends, morgens und in der Nacht beregnen. Das war dann schon sehr stressig, irgendwann geht es an die Substanz", sagt Seifried. Und dann komme das Finanzielle dazu: "Da gehen jede Woche Tausende Euro nur fürs Beregnen drauf." Das Wasser wird mit Dieselgeneratoren aus dem Boden gepumpt – und der Diesel-Preis ist sehr stark gestiegen.
Erst der Tank, dann der Kühlschrank
Gleichzeitig würde der Handel die höheren Produktionskosten nicht ausgleichen. Wenn das Gemüse im Supermarkt also teurer sei, liege das nicht daran, dass die Bauern mehr bekämen, sagt Seifried. Auch Genossenschafts-Geschäftsführer Werner Hopf bestätigt: Die Preise für Gemüse seien zurzeit schlecht. Aber auch, weil die Nachfrage niedrig sei. Seiner Einschätzung nach würden viele Menschen wegen der Inflation ihr Geld zuerst fürs Tanken oder den Urlaub ausgeben und erst am Ende an den eigenen Kühlschrank denken.
Ist der Kopfsalat zu klein, wird er kompostiert
Die große Herausforderung der Gemüse-Gärtner in einem so trockenen Jahr wie 2022 ist außerdem: Sie müssen für Supermärkte und Discounter immer die gleiche Qualität liefern: makelloses und perfektes Gemüse. Werner Hopf gibt ein Beispiel: "Beim Kopfsalat, da haben wir so eine Zahl: 450 Gramm muss der Kopf haben! Und wenn man das nicht erreicht, dann kommt die Fräse – also Ertrag: null!“ Der Salat wird kompostiert, statt gegessen zu werden.
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Nur die schönsten Karotten kommen in den Supermarkt
Die Ansprüche der Supermarktketten würden immer mehr steigen, sagt Werner Hopf. In der gekühlten Karottenhalle der Genossenschaft laufen zurzeit 40.000 Kilo des Gemüses jeden Tag über ein Band durch verschiedene Maschinen. Die Karotten werden gewaschen, poliert und vor allem sortiert. Das passiert vollautomatisch per Video-Sensor. Karotten mit der richtigen Größe von bis zu 22 Zentimetern und dem passenden Umfang sind die besten. Sie kommen in die Ein-Kilo-Plastikschalen für das Gemüseregal im Supermarkt. Die übrige Ware landet im besten Fall noch in den Zwei-Kilo-Tüten oder kann nur noch als Futter-Karotte an Pferde-Halter verkauft werden. Im schlimmsten Fall gibt die Genossenschaft Karotten an Biogas-Anlagen.
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Hoffen auf gute Lagergemüse-Ernte im Oktober
Eine der aussortierten Karotten hält Werner Hopf in der Hand und zeigt auf ein paar kleine Dellen einer ansonsten einwandfreien Rübe: "Die Dellen bedeuten, dass der Boden zu trocken, zu hart war. Die Möhre schaut zum Teil etwas unförmig aus. Das wird sich jetzt nach dem letzten Regen innerhalb der nächsten Wochen zum Teil wieder herauswachsen“, so die Hoffnung von Werner Hopf für das Gemüse, das noch auf dem Feld steht. Denn die Karotten, die die Genossenschaft im großen Stil einlagert und über den Winter verkauft, werden erst im Oktober geerntet.