Landwirt Heiß in einer Blühwiese
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Blüh- und Brachflächen fördern Biodiversität

Videobeitrag
>

Blühpatenschaften: Wer zahlt noch für Artenschutz am Acker?

Blühpatenschaften: Wer zahlt noch für Artenschutz am Acker?

Kaum jemand will heute noch 50 Euro für 100 Quadratmeter Blühwiese bezahlen. Nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" war die Begeisterung groß, viele wollten mehr Artenschutz und die Landwirte witterten eine neue Einkommensquelle. Und heute?

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Landwirt Andreas Heiß wollte es wissen nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen". Er ist konventioneller Landwirt in Dötting im Landkreis Eichstätt, baut auf 150 Hektar Kartoffeln, Zwiebeln und Getreide an und spritzt seine Kulturen regelmäßig mit Pflanzenschutzmitteln. Doch 2019 startete er eine Aktion: "Stopp die Spritze". Seine Idee: "Blühpaten" zahlen ihm pro Jahr 50 Euro pro 100 Quadratmeter, dafür sät er Blumen statt Weizen. "Ich würde meinen ganzen Betrieb dafür zur Verfügung stellen", sagte Heiß damals. Er hatte es sich durchgerechnet, es hätte sich finanziell gelohnt.

Nur noch einer zahlt als Blühpate

16.000 Euro investierte er in große Anzeigen in zwei Tageszeitungen, die Resonanz war anfangs gut. Er veranstaltete ein Hoffest, bewirtete 250 Leute und konnte für 3,3 Hektar Blühflächen verpachten. Im Jahr darauf waren es dann nur noch zwei Hektar. Und heute? Andreas Heiß ist ernüchtert: "Ich habe nur noch einen Interessenten, der für 100 Quadratmeter zahlt." Andere Landwirte berichten von ähnlichen Erfahrungen, offizielle Zahlen gibt es allerdings nach Auskunft des Bayerischen Bauernverbandes nicht.

Flurbereinigung: Biotope wurden zerstört

Ein gängiger Vorwurf lautet: Landwirte haben kein Interesse an Biodiversität. Tatsächlich war bis Ende des 20. Jahrhunderts Artenschutz kaum ein Thema. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es darum, die Bevölkerung zu ernähren und auf den Feldern möglichst hohe Erträge herauszuholen. Deshalb gab es ab den 1960er-Jahren auch die Flurbereinigung. Viele kleine Äcker wurden zu großen wirtschaftlicheren Einheiten zusammengelegt. "Wir hatten so schmale Felder, da würde heute ein Pflanzenschutzgerät links und rechts rausschauen. Zum Teil wurden auch Gräben bereinigt. Heute weiß man, aus Naturschutzsicht war das falsch", erinnert sich Ackerbauer Andreas Heiß. Durch die Flurbereinigung wurden auch unzählige Feldraine und Hecken eliminiert. Dass Feldränder wertvolle Biotope für Insekten und Niederwild sind, war kein Thema.

Erst Ende der 1990er-Jahre rückte das Thema Biodiversität in den Vordergrund. In Bayern startete 1998 das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) mit finanziellen Förderungen für freiwillige Umweltmaßnahmen der Landwirte. Heute werden auf einem Drittel aller Felder und Wiesen in Bayern KULAP-Maßnahmen bezahlt.

Außerdem gibt es seit vielen Jahren das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm. 2001 propagierte dann die erste grüne Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast eine "Agrarwende", die Zahl der Biobauern stieg. Konventionelle Bauern sahen sich dagegen immer mehr als Umweltzerstörer an den Pranger gestellt.

Bildrechte: BR
Bildbeitrag

Ackerbauer Andreas Heiß startete 2019 die Aktion "Stopp die Spritze"

Blüh- und Brachflächen: Warum sind sie wichtig?

Aus Andreas Heiß' Idee "Stopp die Spritze" ist nichts geworden. Dennoch hat er noch Blühflächen: "Das sind Brachflächen, die ich ohnehin machen muss, damit ich von der EU meine Flächenprämien bekomme. Auf denen säe ich Blühmischungen." Aus Sicht von Umweltschützern würde es ohnehin nicht zum gewünschten Ziel führen, auf einer "Insel" von 150 Hektar ausschließlich Blühpflanzen zu säen und drumherum wären weiterhin Monokulturen. Für den Schutz der Biodiversität seien viele Lebensräume, verteilt in der Fläche übers ganze Land, wichtig.

Macht Glyphosat Böden unfruchtbar?

Den großen Rest seiner Flächen spritzt Andreas Heiß weiterhin mit Pflanzenschutzmitteln. Nur beim Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist er sparsam: "Man redet nicht drüber, aber man weiß, dass der dauerhafte Glyphosateinsatz und die Abbauprodukte, die sich in den Tonmineralien ansättigen, zu einer gewissen Unfruchtbarkeit der Böden führen." Maximal 20 Liter Unkrautvernichter mit dem Wirkstoff Glyphosat verwende er heuer auf seinen Flächen, ganz darauf verzichten will er aber nicht, denn es gibt aus seiner Sicht derzeit noch keine wirklichen Alternativen. Glyphosat ist seit 1974 im Einsatz; es ist das weltweit am meisten verwendete Pestizid.

Doku-Tipp!

Diese Entwicklung zeigt die Sendung Unser Land in einer dreiteiligen Doku. Am 16., 23. und 30. August 2024 jeweils um 19 Uhr im BR Fernsehen und schon jetzt in der Mediathek.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!