Der Quelle-Park vor dem ehemaligen Versandzentrum in Nürnberg
Bildrechte: BR/Michael Reiner

Der Quelle-Park in Nürnberg: Klimaaktivisten kritisieren die Gestaltung des Freizeitfläche als Steinwüste mit wenigen Bäumen und kaum Grün.

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Hitze in der Stadt - doch Nürnberg baut Steinwüsten

Unsere Städte werden immer heißer. Es fehlen Grünflächen, die das Klima regulieren. Besonders betroffen ist Nürnberg. Die Stadt versucht, Boden zu entsiegeln und freie Flächen zu schaffen – und baut Steinwüsten. Wie ein Rundgang zeigt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Volker Linhard läuft durch den Quellepark im Nürnberger Westen. Unter seinen Schuhen knirscht der Kies. Vor vier Jahren wurde die Fläche im Schatten des früheren Versandzentrums umgebaut. Wo früher die Busse mit der Belegschaft an- und abfuhren, ist nach der Pleite des Versandhauses eine Freizeitfläche entstanden, so groß wie zwei Fußballfelder. Linhard hat seine Kamera dabei. Er dokumentiert Beispiele sinnloser Versiegelung in Nürnberg. Besonders schlimm: der Quellepark.

Schotter ist in privaten Gärten tabu

"Mein erster Eindruck war, als ich hier war, dass einfach viel zu viel Fläche zugepflastert wurde", sagt der Umweltaktivist. "Das entspricht einfach nicht dem, was ich mir unter einem Park vorstelle." Hellgraue Kieselsteine bedecken den Boden. Dazwischen wachsen einige Bäume mit mickerigen Kronen. Auf Privatgrundstücken sind solche Schottergärten verboten. Für den Quellepark gilt das offensichtlich nicht. Die im Boden eingelassenen Wasserfontänen am Spielplatz sind außer Betrieb.

Vorzeigeprojekt oder Unort?

Von Grün: keine Spur. Der Rasen im Park auf der anderen Seite des mit Granit gepflasterten Wegs ist abgetreten. Viele Motive also für Linhards Sammlung der "Schrecklichkeiten". "Es fehlen Hecken, Büsche und Blumenbeete", sagt er. Der Beton heize sich im Sommer stark auf. "Da will sich doch kein Mensch gerne aufhalten." Aus Linhards Sicht ist der Quellepark in weiten Teilen ein Unort. Im Jahr 2020, bei seiner Fertigstellung, galt er als Vorzeige-Objekt für den Umbau des Quartiers nach der Quelle-Pleite. Die Umbauarbeiten des Versandhauszentrums, das jetzt unter "The Q" firmiert, laufen noch.

Schlechte Noten im Hitze-Check

Solche Orte wie den Quellepark gibt es aus Linhards Sicht etliche in der Stadt. Vom Hauptmarkt im Zentrum bis zu kleineren Flächen in den Stadtteilen – viel Pflaster, wenig Grün. Damit ist Nürnberg kein Einzelfall. Die Deutsche Umwelthilfe hat vor kurzem Deutschlands Städte einem Hitze-Check unterzogen. In Bayern schnitten Regensburg, Ingolstadt und eben Nürnberg schlecht ab.

Die Städte fit für den Klimawandel zu machen, sei "die größte Herausforderung für Kommunen seit dem Wiederaufbau", sagt Nürnbergs Umweltreferentin Britta Walthelm (Die Grünen). "In Zeiten des Klimawandels ist es ein ganz essentieller Punkt, dass man mehr Grün schafft in der Stadt. Und auch mehr Flächen für Versickerung."

Sie nennt auch gleich den Grund, warum das kompliziert ist: In einer dicht bebauten Stadt sind die Flächen knapp. Es muss Wohnraum gebaut werden, freie Plätze werden beispielsweise für Märkte und Veranstaltungen gebraucht und im Untergrund verlaufen so viele Leitungen, dass keine Bäume mit großen Wurzeln gepflanzt werden können.

38 Millionen Euro für die Klimaanpassung

Rund 38 Millionen Euro gebe Nürnberg in den kommenden Jahren für die Freiraumplanung aus, sagt Walthelm. "Das ist eine Investition in die Lebensqualität und auch in die Zukunftssicherheit der Stadt." Man müsse auf heiße Somme und Starkregen vorbereitet sein. Die Investitionen in die Klimaanpassung würden sich auf jeden Fall langfristig auszahlen.

Großkonzern schafft Gegenentwurf

Zurück zu Volker Linhard. Er hat auf seiner Tour durch Nürnberg auch positive Beispiele gefunden. Der Nürnberger IT-Dienstleister für Steuerberater "DATEV" etwa, hat hinter seiner neuen Zentrale an der dicht bebauten Fürther Straße einen öffentlich zugänglichen Garten errichtet. "Es ist eine Anlage mit viel Grün. Es gibt null Versiegelung. Die Wege sind fein geschottert. Hier fühle ich mich wohl", sagt Linhard. Der Aktivist ist begeistert: Von solchen Planungen könne sich die Stadt eine Scheibe abschneiden.

Die Umweltreferentin kommt beim Blick auf die Steinwüste am Quellepark doch etwas ins Zweifeln. "Es ist eine große Verbesserung im Vergleich zum Zustand vorher", sagt sie. Und gibt zu: "Wenn wir es jetzt heute machen würden, würden wir es vielleicht nicht mehr genauso umsetzen." Auch wenn der Park erst vor vier Jahren komplett neu gestaltet wurde.

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