Verletzte bei Böllerwurf in Augsburg
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Verletzte bei Böllerwurf in Augsburg

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Explosion in Stadion: Auch Kinder verletzt, Verdächtige in Haft

Bei der Böllerexplosion beim Heimspiel des FC Augsburg am Samstag sind mehr Menschen verletzt worden als bislang bekannt. Inzwischen ist von 13 Verletzten die Rede, darunter auch Kinder und Jugendliche. Auch zu den Verdächtigen gibt es Neues.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Der Stadionbesuch sollte eine Belohnung sein für die Kinder des Augsburger Gymnasiums Maria Stern, für die erfolgreiche Teilnahme an der Aktion "Stadtradeln". Mindestens 300 Jungen und Mädchen hatten eine Freikarte bekommen und saßen direkt neben dem Gästeblock, als dort am Samstag ein Böller mit einem gewaltigen Knall explodierte. So berichtet es der Schulleiter gegenüber BR24. "Ich habe noch nie einen so lauten Knall in einem Fußballstadion gehört", sagte auch Schiedsrichter Felix Brych nach dem Abpfiff der Partie zwischen Augsburg und Hoffenheim (Endstand 1:1).

Mindestens 13 Verletzte – darunter Kinder und Jugendliche

Wie nun bekannt wurde, sind durch die Explosion im Gästeblock mindestens 13 Menschen verletzt worden, darunter auch Kinder und Jugendliche, so die Polizei. Die Rede ist von Knalltraumata. Darunter versteht man eine extreme Geräuscheinwirkung auf das Trommelfell. Die Folgen können stechender Schmerz, Hörverlust oder Pfeifgeräusche im Ohr sein. Soweit die körperlichen Folgen. Bleiben die psychischen.

Etliche Personen, die den Vorfall erlebt oder am Fernsehen gesehen haben, fühlten sich an die furchtbaren Anschläge im Stadion von Paris 2015 erinnert. Und da Bundesligaspiele inzwischen Familienereignisse sind, mussten auch viele kleine Kinder die Detonation und die darauffolgende Aufregung im Stadion miterleben. Ein Erstklässler, der die Eintrittskarte zum Geburtstag bekommen hatte, erschrak so sehr, dass er noch weinend zu Hause ankam und mit seinen Eltern noch den ganzen Abend über den Vorfall gesprochen hat, wie die Familie berichtete.

Zwei Männer in Untersuchungshaft

Inzwischen haben die Ermittler auch mehr Details zu den Tatverdächtigen genannt. Wie bereits berichtet, wurden noch im Stadion zwei Männer festgenommen. Nun teilte die Polizei mit, dass es sich bei den Verdächtigen um zwei 28-Jährige aus dem Raum Göppingen handle. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Augsburg Haftbefehl. Die beiden Männer befinden sich nun in Untersuchungshaft. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion.

"Ein solches Verhalten von vermeintlichen Fußballfans ist unverantwortlich und absolut inakzeptabel", wird Bayern Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einer Pressemitteilung des Ministeriums zitiert. Der Einsatz von Böllern und Pyrotechnik im Stadion sei "brandgefährlich", das habe der Vorfall im Augsburger Stadion eindringlich vor Augen geführt: "Wenn unbeteiligte Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, verletzt werden, wird es kriminell."

Debatte um Sicherheit in deutschen Fußballstadien

Von den Hoffenheimer Gästefans gibt es inzwischen ebenfalls eine Reaktion zu dem Vorfall. Demnach würden die beiden Verdächtigen in keiner Verbindung stehen zu den Hoffenheimer Fans. Den Böllerwurf verurteilen sie in einer Online-Botschaft aufs Schärfste. Den Verletzten wünschen die Hoffenheimer Fans "schnelle Genesung".

Nach dem Vorfall nimmt nun die Debatte um die Sicherheit in deutschen Fußballstadien Fahrt auf – vor allem die Frage, wie solche Knallkörper immer wieder durch die Sicherheitskontrollen gelangen können. In Berichten zu früheren Vorfällen ist zu lesen, dass Sprengkörper bei Führungen vor dem Spieltag ins Stadion geschleust werden, Rucksäcke würden über Absperrungen geworfen, Sprengkörper im Intimbereich geschmuggelt oder mit Tape an den Körper geklebt.

Debattiert wird auch, ob der Einsatz von Körperscannern helfen könnte, wie sie etwa an Flughäfen im Einsatz sind. Auch der verstärkte Einsatz von Sprengstoffspürhunden wird genannt. Kenner der Szene betonen jedoch, dass es immer Wege geben werde, Knallkörper in ein Stadion zu schmuggeln, wenn es jemand darauf anlege.

Der Verein schweigt auf Anfrage, der DFB ermittelt

Der FC Augsburg wollte sich auf BR-Anfrage zunächst nicht zu seinen Stadionkontrollen äußern. Das Polizeipräsidium Schwaben Nord teilte mit, dass das Sicherheitskonzept des Vereins in enger Abstimmung mit der Polizei erarbeitet und in diesem Jahr aktualisiert wurde. Man tausche sich ständig aus und treffe zu jedem Spiel eine Risiko-Bewertung. Mit den Kontrollen am Einlass habe die Polizei aber nichts zu tun.

Auf seiner Homepage teilt der FC Augsburg mit, dass neben einem "Stadionverbotsverfahren mit größtmöglichem Umfang" auch zivil- und strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet wurden. Die TSG Hoffenheim hat für die Verursacher der Explosion ein lebenslanges Hausverbot in der eigenen Arena angekündigt. "Für solche Menschen ist kein Platz in der Hoffenheimer Kurve. Nie mehr", sagte TSG-Geschäftsführer Alexander Rosen.

Trainer: "Habe gerne Kinder im Stadion"

FCA-Trainer Jess Thorup äußerte sich am Dienstag zum dem Böller-Vorfall: "So etwas gehört für mich nicht ins Stadion." Man müsse dafür sorgen, dass etwas Derartiges nicht mehr passiert. Der Trainer sieht Fußballstadien als Ort für die Familie. Deshalb müsse verhindert werden, dass sie als zu gefährlich gelten. "Ich habe gerne so viele Kinder wie möglich im Stadion", erklärte der Däne.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) teilte mit, dass der DFB-Kontrollausschuss wegen der Vorkommnisse ein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Beide Vereine wurden demnach angeschrieben und zur Stellungnahme aufgefordert. Abhängig vom Ausgang des Verfahren würden sich mögliche Sanktionen ergeben. Zu den Sanktionsmöglichkeiten gehören beispielsweise Punktabzug oder Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

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