"Der Alpsommer war relativ gut. Klar, irgendwas ist immer", sagt Christian Brutscher, Vorsitzender des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu (AVA), zum Start der Viehscheid-Saison. Vor allem die heftigen Wetterumschwünge hätten den Hirten und ihren Tieren in den Bergen dieses Jahr zu schaffen gemacht.
Welche Probleme es in diesem Alpsommer gab
Nach Regen im Mai habe trockenes und heißes Wetter mit viel Wind die Böden ausgetrocknet. "Wasser ist das A und O auf den Alpen, da kann so viel Gras wachsen, wie es will. Ohne frisches Wasser kannst du die Tiere heruntertreiben", erklärt Brutscher. Zeitweise sei das Wasser im Juni und Juli sogar so knapp geworden, dass es vereinzelt hoch auf die Alpen transportiert werden musste.
Ein Unwetter mit Hagel, Blitz und Donner Ende Juli habe zudem dafür gesorgt, dass mindestens sechs Rinder abgestürzt sind. "Die haben sich so erschrocken, die sind durch den doppelten Stacheldrahtzaun ausgebrochen und über eine Wand abgestürzt", sagt Brutscher. Außerdem habe es durch das Unwetter viele Fußbrüche bei den Tieren gegeben. In höheren Lagen sei während der Regenphasen Ende Juli und Ende August sogar zeitweise Schnee gefallen. "Aber es war nicht so schlimm, dass sie (die Hirten, Anm. d. Redaktion) mit den Herden ins Tal herunterkommen mussten", so der Vorsitzende des AVA. Inzwischen werde allerdings das Futter für die Rinder in den Bergen knapp: "Es ist aber auch so, dass wohl keine Alpe vor dem Viehscheid absteigen muss."
Keine Risse durch Wolf oder Bär
Keine Probleme haben laut Brutscher dieses Jahr Wolf und Bär gemacht. "Es gab keine Risse oder Ähnliches, da sind wir schon froh", sagt er. Zum Start des Alpsommers im Mai war die Aufregung im Allgäu groß. Damals wurde im Hintersteiner Tal bei Bad Hindelang ein Braunbär gesichtet. Bisher seien allerdings keine weiteren Sichtungen bekannt geworden.
Der Startschuss in die Viehscheid-Saison fällt heute in Kranzegg (9 Uhr, Gemeinde Rettenberg im Landkreis Oberallgäu). Die Organisatoren haben sich dieses Jahr dafür entschieden, den Alpabtrieb eine Woche früher als gewohnt durchzuführen. "Bei uns ist das Besondere, dass von den fünf Herden, die ins Tal kommen, drei Kuhherden sind", erklärt Anton Rothärmel, Vorsitzender des Kranzegger Heimatvereins, der den Viehscheid organisiert. Da Milchvieh mehr und vor allem nahrhafteres Futter brauche als junge Rinder, sei es mehrheitlicher Wunsch der Landwirte gewesen, den Viehscheid vorzuverlegen. In früheren Jahren sei das Futter teilweise knapp geworden.
Was beim Viehscheid in Kranzegg geplant ist
Ab 9.30 Uhr kommen die Herden – drei Kuhherden, eine Schafherde und eine Jungviehherde – im Halbstunden-Takt mit ihren Hirten zurück ins Tal. Die Kuhherden sind eine Besonderheit: Üblicherweise verbringen im Allgäu hauptsächlich junge Rinder aus unterschiedlichen Ställen den Sommer in der Obhut der Hirten. In Kranzegg ziehen jedoch drei Familien mit ihren Milchkühen von Mitte Mai bis Anfang September komplett auf den Berg.
Die Tiere tragen Schellen, zwei Herden haben auch eine Kranzkuh. Der kunstvolle gestaltet Kranz aus Bergblumen und Kräutern auf dem Kopf der Kuh zeigt an, dass während des Bergsommers bei dieser Herde alles gut gegangen und kein Tier umgekommen ist.
Die Organisatoren erwarten, dass zahlreiche Besucher den ersten Viehscheid des Jahres vom Straßenrand aus mitverfolgen. Zeitgleich findet in Kranzegg auch ein Krämermarkt statt und es gibt ein Festzelt. Bis Anfang Oktober werden fast täglich weitere Alpabtriebe im Allgäu stattfinden.
Insgesamt verbrachten dieses Jahr mehr als 30.000 überwiegend junge Rinder, sogenannte Schumpen, aber auch Kühe, Pferde, Schafe, Hühner oder Pferde den Sommer in den Bergen. Sie wurden von den Älplern und Hirten auf insgesamt 703 Alpen versorgt.
- Zum Artikel: Der Vertretungs-Hirte - Rettenberger hat auf 24 Alpen ausgeholfen
Im Video: Viehscheid in den Allgäuer Bergen
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