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Briefwahl beginnt: Ab heute ist in Bayern "jeden Tag Wahl"

Briefwahl beginnt: Ab heute ist in Bayern "jeden Tag Wahl"

Ab heute startet für 9,4 Millionen Wahlberechtigte in Bayern die Frist für die Briefwahl. Seit Jahren wächst der Anteil der Briefwähler. Für die Parteien bedeutet das eine "durchgehend stressige Zeit". Denn gewählt wird jetzt jeden Tag.

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Von Fürstenfeldbruck schnell nach München, tags darauf eine Radtour in Landsberg, anschließend ab in den Nationalpark Berchtesgaden und dann eine Almbegehung in Garmisch. Das ist kein Auszug aus einem oberbayerischen Reiseführer, sondern aus einem Wahlkampf-Wochenende von Ludwig Hartmann, dem Spitzenkandidaten der Grünen in Bayern. "Es liegt eigentlich jetzt eine Tour vor mir, die bis zum Wahltag geht, ohne Pause." Die anderen bayerischen Spitzenkandidaten haben ein ähnliches Programm. Hartmanns Kollege von der FDP, Martin Hagen, zum Beispiel: "Der Wahlkampf ist durchgehend eine stressige Zeit." Zwischen Briefwahl und Wahlsonntag müsse er als Spitzenkandidat "kontinuierlich präsent sein".

Politiker müssen Wahlkampfstrategie anpassen

Die Politiker passen also ihre Wahlkampfstrategie an die Briefwahl an. Das zeigt sich laut dem Sozialwissenschaftler Lukas Birkenmaier vom GESIS-Leibniz-Forschungsinstitut in Mannheim vor allem "in der früheren Mobilisierung der Wähler". Das bedeutet: Die "heiße Wahlkampfphase" wird durch die Briefwahl zu einem "deutlich längeren Zeitraum". So empfindet es CSU-Generalsekretär Martin Huber. Auch sein Chef, Markus Söder, will sich nicht vorwerfen, etwas verpasst zu haben: "Mit der Briefwahl ist jeden Tag Wahl."

Wochenlanger Wahlkampf: Ressourcen gut einteilen

Das mache den Wahlkampf anstrengend. "Es ist ja so, dass eigentlich alle Parteien darunter leiden", sagt Martin Böhm, Spitzenkandidat der AfD. Politiker müssten ständig bedenken, so Jasmin Riedl, Politikprofessorin an der Bundeswehruniversität München, dass es "Wähler gibt, die jetzt schon abstimmen" und folglich ihre Ressourcen gut einteilen. "Was sicher ist", sagt Lukas Birkenmaier, "dass die Briefwahl den Wahlprozess verändert". Er schlägt vor, zukünftig anstelle von einem Wahltermin "lieber von einem Wahlzeitraum zu sprechen".

Briefwähler stimmen deutlich früher ab

Auch SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn hat bei Hausbesuchen in früheren Wahlkämpfen festgestellt, dass die meisten Briefwähler "eine Woche vorher eigentlich schon abgestimmt hatten". Er findet das positiv und demokratiefördernd.

Der AfD-Spitzenkandidat Böhm allerdings bedauert, dass sich Wähler mit einer frühen Briefwahl "den Weg verbauen, auf spätere Ereignisse noch sinnstiftend reagieren zu können."

Parteien können Umfragehoch für Briefwahl nutzen

Bei Urnenwählern sieht das anders aus: Laut der "German Longitudinal Election Study (GLES)" des Leibniz-Forschungsinstituts entscheiden sich 30 Prozent der Urnenwähler erst am Wahltag selbst oder ein paar Tage vorher. Ein großer Unterschied zu den Briefwählern: 85 Prozent von ihnen legen sich schon Wochen vor der Wahl fest. Das kann für Parteien auch Vorteile haben, sagt Jasmin Riedl. Im besten Fall können sie "ein Umfragehoch zeitlich nutzen", sodass Wähler in dieser Zeit per Briefwahl "entsprechend abstimmen".

Kernwähler sind wenig beeinflussbar

Allerdings ließen sich die meisten Briefwähler von Umfragen eher nicht beeinflussen. Mit emotionalisierten Debatten könne man Briefwähler nicht für sich gewinnen, sagt Riedl. Ihnen gehe es "eher um Inhalte". Sie werden auch als Kernklientel oder Kernwähler bezeichnet.

Eine solche Kernwählerschaft haben fast alle Parteien. Laut Lukas Birkenmaier vom GESIS-Leibniz-Forschungsinstitut aber vor allem die Parteien, "die für Leute mit höherem sozio-ökonomischen Status attraktiv sind", zu nennen seien hier CSU und Grüne.

Landtagswahl 2018: So viele Briefwähler wie nie

Für Briefwähler außerdem wichtig: Flexibilität. Also die Freiheit, sich den Wahlsonntag terminlich offenzuhalten oder bei Krankheit nicht die Wahl zu verpassen. In Bayern gibt es deshalb einen Trend zu immer mehr Briefwählern. 1958, als die Briefwahl eingeführt wurde, haben dieses Angebot zwei Prozent wahrgenommen. 2018, bei der letzten Landtagswahl, lag der Anteil so hoch wie nie zuvor: bei 38,9 Prozent.

Dass übrigens die Briefwahl auch zu einer höheren Wahlbeteiligung führt, dafür gebe es laut Lukas Birkenmaier "keine Beweise". Aber: "Es spricht vieles dafür".

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