Der Bund Naturschutz (BN) geht gerichtlich gegen eine bereits verlegte Abwasserleitung im Königssee vor. In der Klageschrift heißt es, das Landratsamt habe bei der Genehmigung Gefahren für Lebensräume von Tierarten mit Schutzstatus nicht ausreichend berücksichtigt. Das Vorhaben hätte umfassend geprüft werden müssen, doch dafür war keine Zeit, so der BN.
Abwasser von Tausenden Touristen mit Schiff über den See gefahren
Zum Hintergrund: Die alte Leitung von St. Bartholomä nach Schönau hatte ein Leck, deswegen musste eine neue Abwasserleitung im Königssee verlegt werden. In der Hochsaison fahren nach Angaben der Bayerischen Schlösserverwaltung bis zu 5.000 Menschen täglich per Schiff zu der Wallfahrtskirche St. Bartholomä auf der von Bergen umrahmten Halbinsel im Königssee.
Das von den Touristen erzeugte Abwasser musste zwischenzeitlich etwa fünf Kilometer weit ans Festland gebracht werden, denn auf der Halbinsel gibt es keine Kläranlage. Das Abwasser wurde im Bereich der Kirche aufgefangen und regelmäßig mit einem Tank über den See gefahren. Dann gab es eine provisorische Leitung.
Leitung wurde im Oktober ohne Ankündigung verlegt
Ende Oktober hatten dann Spezialpontons das kilometerlange Kunststoffrohr, das das Provisorium ersetzt, in weniger als 24 Stunden verlegt. Eine Terminankündigung des zwei Millionen teuren Unterfangens war von offizieller Stelle ausgeblieben. Der BN sowie weitere Naturschutzverbände kritisieren, dass sie bei dem Vorhaben unzureichend beteiligt worden seien. Die Klage sei am 1. Dezember eingereicht worden, wie Rita Poser, Vorsitzende der betroffenen Kreisgruppe des BUND, dem BR-Studio Chiemgau sagte.
Keine FFH-Verträglichkeitsprüfung – Beschwerde bei der EU
Die Umweltverbände hätten nur zwei Wochen Zeit gehabt, die Pläne zu bewerten. Außerdem sei die Baustelle schon während der Prüfung vollständig eingerichtet gewesen, so Ilse Englmaier, Mitglied der BN Kreisgruppe Berchtesgadener Land und 2. Vorsitzende des Landesverbandes für Amphibien- und Reptilienschutz in Bayern (LARS). Der Schutz verschiedener Tierarten mit Schutzstatus in dem höchst sensiblen Ökosystem sei möglicherweise gefährdet.
Da sich der Königssee in einem so genannten FFH-Gebiet befindet, also einem durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützten Areal, wäre nach Einschätzung des BN außerdem eine entsprechende FFH-Verträglichkeitsprüfung notwendig gewesen. Der LARS hatte deswegen bereits im November Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Weiterhin fordert der BN eine bessere Kontrolle der neuen Abwasserleitung, um neue Lecks frühzeitig zu erkennen. Nur so könne der See geschützt werden, der sich in einem Nationalpark befindet.
Runder Tisch für Januar geplant
Die Klage richtet sich gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes Berchtesgadener Land. Einen Termin für die Verhandlung gibt es noch nicht.
Für Januar ist ein runder Tisch mit verschiedenen Umweltverbänden, dem Landratsamt, der zuständigen Gemeinde Schönau sowie Vertretern des Wasserwirtschaftsamts Traunstein und des Umweltministeriums geplant. Laut Rita Poser wird der BN die Klage möglicherweise zurückziehen, wenn dieser Runde Tisch zufriedenstellend verläuft.
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